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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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nicht so furchtsam, Bruder!« entgegnete Rebekka, »du machst mich lachen. Wie oft soll ich dir sagen, daß heute die beste Nacht für unser Unternehmen ist, die wir finden können. Gestern zog der große Ramses durch unsere Stadt nach Theben, heute ist Nachfeier des Festes, d. h. jeder ehrliche Bürger und jeder tapfere Krieger hat heute sein wohlverdientes Kopfweh zu verschlafen, das ihm der feurige Wein von Kakem zugezogen. Wenn wir heute den Schatz nicht finden, finden wir ihn nie mehr.«
    »Wer weiß, ob dieser Schatz,« flüsterte Isaak, »nicht schon längst nach Theben gebracht wurde. Mich sollte es wundern, wenn er noch im alten Schatzhause liegt. Unser Vater war jung, als er das Gewölbe bauen half; lange Zeit ist indes verflossen.«
    »Einerlei, wir versuchen unser Glück,« riet die Dirne, »ich gebe die Schlacht noch lange nicht verloren.«
    Nun schoben sich beide in gebückter Stellung unter dem hellen Fenster des Schenkhauses vorbei. Sei es, daß einer der trinkenden Krieger den Schatten der beiden am gegenüberstehenden Hause gewahrte, oder daß vielleicht Isaak nicht vorsichtig genug unter dem Fenster hinschlich, kurz, kaum hatten sich die Geschwister etwa zehn Schritte von der gefährlichen Stelle entfernt, als sie hinter sich lautes Rufen vernahmen.
    »Dort hinaus flohen sie.«
    »Nein, hierher!«
    »Ich sehe sie am Ende der Straße! Ah! ein Weib dabei.«
    »Laßt sie uns anhalten. Gewiß sind es Juden.« So tönte es hinter den Fliehenden nach, die ihre Schritte zu verdoppeln suchten. Vergebens suchten sie zu entkommen, ihr Davoneilen mehrte nur den Argwohn der Verfolger; Rebekka blieb deshalb stehen und erwartete, gewaltsam sich fassend, die Näherkommenden.
    »Was wünscht ihr von uns?« sagte sie keck.
    »Hört die trotzige Dirne,« schrie ein stämmiger Wagenlenker, »sie tut, als seien wir die Schuldigen. Doch hübsch scheinst du zu sein, du Kecke.«
    Damit zog er ihr das Kopftuch zurück.
    »Wohin!« riefen andere, »wohinaus! Was habt Ihr bei Nacht in den Straßen zu tun? Ah! eine Laterne, ein Seil, gewiß gehen sie auf Diebereien aus.«
    »Ich bin Tänzerin,« sagte Rebekka furchtlos, während Isaak sich über die angstscheue Stirne fuhr, »wenn ich euch mit Tanz oder Harfenspiel aufwarten kann? Des Verdienstes halber seht ihr mich noch so spät durch die Straßen wandeln.«
    »Tänzerin, Tänzerin!« jubelte der Haufen.
    »Doch dein Geselle daneben an,« frug der Stämmige, »der da steht, als wolle er sich zur Mumie einwickeln lassen, was tut der bei dir?«
    »Mein Bruder,« warf die Dirne hin, »er beschützt mich gegen rohe Angriffe.«
    Alle lachten.
    Rebekka ward nun im Triumph in die Schenke geführt, während Isaak ohne weitere Umstände in ein kleines Waschhaus, das im Hofe lag, gesperrt wurde. Vor die Türe des Hauses stellte man eine Wache, da dieselbe nur mittels eines Holzriegels von außen verschlossen werden konnte. Rebekka trat in die Wirtsstube ein. Ihr Geist weilte sorgenvoll bei dem eingeschlossenen Bruder, sie strengte ihre ganze Erfindungskraft an, um einen Weg ausfindig zu machen, der sie und ihren Bruder aus dieser mißlichen Lage zu befreien imstande wäre; doch durfte sie davon natürlich nichts merken lassen; sie lachte und schrie so ausgelassen fröhlich, daß selbst schärfere Beobachter, wie diese weinerhitzten Krieger nicht erraten haben würden, was in ihrem ruhelosen, beklommenen Busen vorging. Man gruppierte sich um die Tänzerin, welche, nachdem sie die Kleider abgelegt, in die Mitte des Saales trat. Allgemeiner Beifall wurde ihrem Tanze gezollt; als er zu Ende war, hörte sie, wie eine Harfenspielerin, die sie zuvor nicht bemerkt, laut sagte: »Tanzen könne die Jüdin wohl, aber so geschickt die Harfe schlagen wie sie, das müsse sie wohl unterlassen.«
    Rebekka drehte sich um und gewahrte eine frech aussehende, nackte Dirne, die sich auf den Knien eines jungen Bogenschützen üppig wiegte. Der junge Bogenschütze küßte seine Schöne und bestätigte: »Ja! so trefflich die Harfe schlagen wie Rodopis könne niemand in Ägypten.«
    Da blitzte es durch Rebekkas erfinderisches Haupt! Ihr Plan war gemacht – gleichgültig warf sie hin: »Das käme doch noch sehr darauf an, sie erlaube sich zu behaupten, daß auch sie die Harfe nicht übel schlüge.«
    So bildeten sich zwei Parteien; die einen erklärten Rodopis für unübertrefflich, die anderen nahmen Rebekka in Schutz. Rebekka schürte diesen Wortwechsel durch geschickt hineingeschleuderte Witzworte, die

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