Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Titel: Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
Vom Netzwerk:
in . . .«
    »Das darf er eben nicht.«
    Er hatte diese Worte so bestimmt herausgeschleudert, daß sie ihn ganz verwundert ansah.
    »Ja – du kannst ihm das doch schließlich nicht verbieten?« meinte sie.
    Der Anwalt geriet in nervöse Erregung. »Wenn du ihm gut zuredest, unterläßt ers.«
    »Diesmal hab ich keinen Einfluß auf ihn.«
    »Gib dir Müh! Er ist so bestimmbar. Mach ihn auf alle Unannehmlichkeiten eines Hausbesitzers aufmerksam; sag ihm, es sei doch viel beruhigender, wenn das Geld im eisernen Kasten liegt. Er ist wahrhaftig nicht zum Hausbesitzer geschaffen.«
    »Hab ich ihm schon vorgestellt. Tu ich aber nicht wieder! denn er gerät da jedesmal in einen gereizten Ton. Schließlich, was kann uns an den dreihundert Mark jährlich gelegen sein? Wenn er wieder kommt, gibst du ihm einfach das Geld zurück.«
    Der Anwalt schritt, nervös hüstelnd, mit den Fingern am Schlafrock nestelnd, im Zimmer hin und her.
    »Bedenk doch, Kind,« stotterte er, »was das bedeutet. Dreihundert Mark sind schon was! Es wär mir ein schrecklicher Schlag, wenn er das Kapital zurückverlangt. Ich sag dir, . . . das vertrag ich nicht . . .«
    Sie blickte den Aufgeregten etwas bestürzt an und fragte: »Wie? das erträgst du nicht?«
    Er fühlte, daß er sich vergessen hatte und suchte einzulenken.
    »Nun ja!« rief er ganz aufgebracht. »Es kommt mir vor, als . . . als . . . traue er mir nicht . . . Es wirft ein schlechtes Licht auf meine Praxis. Du willst doch jedes Jahr deine kleine Reise machen, gelt? Unsre Tochter kostet viel . . . Kurz es wär ein Schlag für uns, . . . ein sehr unangenehmer Schlag.«
    »Wir müssen halt ein wenig einfacher leben?« meinte sie kleinlaut.
    »Bringst du das fertig?« rief er ärgerlich. »Willst du etwas entbehren? Mir kanns recht sein; ich bin bedürfnislos; aber du?«
    Sie sah schuldbewußt zu Boden. »Aber,« meinte sie betreten, »wenn du dir nur ein bischen mehr Mühe gäbst, in der Praxis . . .«
    »Ach, Emilie,« unterbrach er sie zornig, »du weißt, daß die Klienten sich nicht herbei kommandieren lassen. Ich bin ohnehin kein guter Verteidiger; ich bin Anwalt geworden, weil mein seliger Papa Advokat war. Eigentlich hab ich immer mehr Lust zur Naturwissenschaft oder zur Altertumswissenschaft in mir gefühlt; die Juristerei ist mir . . . beinah verhaßt. Ja! verhaßt! Ich bin kein Redner! Nu, jetzt ists mal so, – jetzt muß ich mich damit abfinden. Aber sorg du nur dafür, daß Otto sein Kapital in meiner Verwaltung läßt. Da ist schon viel gewonnen . . .«
    »Ja,« sagte sie leise, »wie soll ich das anfangen?«
    »Wie du das anfangen sollst?« stieß er gereizt heraus. »Red doch nicht so dumm daher! du hast Einfluß auf ihn; du brauchst nur recht liebenswürdig mit ihm zu reden. Man kann ihn ja um den Finger wickeln! Unter Umständen kannst du auch ein paar Tränen vergießen.«
    Sie sah ihn an. »Tränen vergießen?« wiederholte sie unwillig. »Nein, zu solchen Mitteln greif ich denn doch nicht, – nie! Wie käm ich dazu?! Wenn er sein Geld durchaus will, soll ers holen!«
    »Aber man kann doch bitten!«
    »Betteln?!« rief sie.
    »Freundschaftlich bitten ist nicht betteln.«
    »Wenn ich ihm was vorweinen soll?«
    »Überleg dirs Kind. Du tusts ja mir zu lieb, deiner Tochter zu lieb. Ihr Weiber habt doch so mannigfache Hilfsquellen, das Herz eurer Anbeter zu rühren, – ohne dabei natürlich gewisse Grenzen zu verletzen. Ein klein wenig Schlauheit, weibliche Gefallsucht, vermischt mit der Wirkung auf das Mitleid, die Rührseligkeit . . . Mein Gott! du hast mir gegenüber diese Mittel ja auch schon angewendet, und ich konnt dir ja auch keine Bitte abschlagen.«
    Sie mußte lachen. »Das ist was ganz anderes!« rief sie errötend. »Gegen den eigenen Mann hat die Frau das Recht alle Verführungs-, Überredungs- und Rührungskünste spielen zu lassen. Aber wie könnt ich Achtung vor dir haben, wenn du . . .« sie stockte.
    »Du hast mich falsch verstanden!« entschuldigte er sich. »Selbstverständlich würd ichs dir sehr übel nehmen, wenn du zu weit gingst, – auch nur einen kleinen Schritt . . .«
    Sie mußte wieder lächeln über die großväterliche Art, in der er diese Mahnung erteilte. Sie schmiegte sich an ihn und liebkoste ihn von einem innigen Mitleid hingerissen. Sobald er diesen jovial-philisterhaften Ton anschlug, glaubte sie im Gatten zugleich den Vater zu lieben.
    »Nun,« sagte sie herzlich, »ich will schon mein

Weitere Kostenlose Bücher