Walter Ulbricht (German Edition)
Humboldt-Universität um eine Professur für Gerichtsverfassungsrecht bemüht und diese 1972 auch erhalten.
Anfang Januar 1990 bin ich wieder Justizminister worden, aber weil ich dem »Einigungsvertrag« nicht zustimmte, trat ich – diesmal tatsächlich auf eigenen Wunsch – am 15. August 1990 zurück. Anschließend habe ich bis zu meinem 70. Lebensjahr in einer Anwaltskanzlei aus mir vertrauten Mitarbeitern des DDR- Justizministeriums gearbeitet. Aus der LDPD bin ich wegen übelster Bedingungen bei der bevorstehenden Einverleibung in die FDP im Juli 1990 ausgetreten.
1 Lotte und Walter. Die Ulbrichts in Selbstzeugnissen, Briefen und Dokumenten, Berlin 2003. Bei amazon.de kommentierte ein Francius Palladio: »Die political correctness ignorierend, hat Frank Schumann ein wichtiges Buch über ein wichtiges deutsches Politiker-Ehepaar veröffentlicht. Ein gutes Buch, eine wahrhaftige Perle und ein weiterer gelungener Versuch, der westlichen Geschichtsfälschung und Hetze Fakten und differenzierte Analysen entgegenzustellen. Lotte und Walter Ulbricht und deren Lebenswerk sollte unserer Nachwelt in guter Erinnerung bleiben.«
2 a. a. O., S. 10
3 a. a. O., S. 11ff., vgl. auch: Der Spiegel 20/1971 bzw. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43176368.html
4 vgl. »Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung«, Berlin 1966, Bd. 6, S. 240ff.
5 Lotte und Walter …, a. a. O., S. 8f.
6 http://de.wikipedia.org/wiki/Aufstand_des_17._Juni
7 Manfred Gerlach: Mitverantwortlich. Als Liberaler im SED -Staat, Berlin 1991, S. 132ff.
Emanzipation
Inge Lange
In der Frauenpolitik, so Ulbricht, dürfen nicht die Buchhalter reden
Inge Lange, Jahrgang 1927, geboren und aufgewachsen in Leipzig, gelernte Schneiderin, 1945 Eintritt in die KPD, bis 1961 aktiv in verschiedenen FDJ-Funktionen, 1963 Kandidat, 1965 (bis 1989) Mitglied des ZK der SED, von 1963 bis 1989 Volkskammerabgeordnete, 1973 Kandidat des Politbüros (bis 1989) und als ZK-Sekretär verantwortlich für Frauenfragen. 1990 Ausschluss aus der SED-PDS.
I m Jahr 1961 endete meine politische Arbeit in der Freien Deutschen Jugend, die ich sehr geliebt habe und die mir das Glück bereitete, bis heute viele gute Freunde zu haben. Mit einem Ruck – in den frühen Jahren der DDR geschah das oft – landete ich auf einer verantwortungsvollen Funktion im Haus des ZK der SED: Vorsitzende der Frauenkommission beim Politbüro des ZK der SED. Das war alles andere als ein ruhiger Posten. Die Durchsetzung der Frauenrechte und die Gleichstellung von Frau und Mann hatten einen hohen Stellenwert und waren keinesfalls Randthemen in der Politik der SED und der Regierung der DDR. Meine Mitgliedschaft in der Frauenkommission und meine Verantwortung für die Belange der Mädchen und jungen Frauen in der FDJ hatten mir davon eine Vorstellung vermittelt.
Auch hatte ich als Frau, die sich, geprägt durch das Elternhaus, schon in jungen Jahren politisch betätigte, einige Erfahrungen gesammelt, was es hieß, nach Jahrhunderten des Patriarchats auch unter sozialistischen Bedingungen ein Umdenken in Bezug auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft zu bewirken. Es galt nicht nur alte Denk- und Verhaltensweisen der Männer aufzubrechen. Auch das Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken war nicht einfach.
Ich erinnerte mich gut an die Umstände meines Ausscheidens aus der Funktion des 1. Sekretärs der Gebietsleitung der FDJ in der SDAG Wismut im Jahre 1950. Da meldete mir der »Buschfunk« die Meinung leitender Vertreter der Verwaltung des Unternehmens – auch und gerade der sowjetischen –, wie es denn sein könne, dass die Gebietsorganisation der FDJ, die fast ausschließlich aus männlichen Mitgliedern bestand, ausgerechnet von einer Frau geleitet würde.
Ich war also schon mit manchen Warnsignalen ausgestattet, als mich Walter Ulbricht Anfang der 60er Jahre zu einem ausführlichen Gespräch einlud. »Du wirst viel kämpfen müssen«, waren seine ersten Worte, und er empfahl lächelnd, mir eine Jacke mit verstärkten Ellenbogen anzuschaffen. »Frauenarbeit ist ein schwieriges Gebiet, ich kenne mich da ein bisschen aus.«
Dann erzählte er mir aus seiner Kindheit und Jugend. »Immer, wenn meine Mutter begann, den großen Berg Wäsche zu bügeln, hat sie nach mir gerufen: ›Walter, hol das Buch und lies mir vor!‹ Gemeint war das Werk August Bebels ›Die Frau und der Sozialismus‹.«
Walter wollte mir damit offenbar zu verstehen geben, dass er dieses – man kann schon sagen – Lehrbuch
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