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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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Insbesondere wird behauptet, dass die Berufstätigkeit der Frau mit Haushalt und Kindern volkswirtschaftlich nicht ›rentabel‹ sei. Männer seien zuverlässiger und würden nicht so oft ›ausfallen‹, ja, es gibt auch das ›Argument‹, Frauen hätten weniger Verständnis für technisch-organisatorische und wirtschaftliche Probleme als die Männer. All diese und ähnliche Erscheinungen widersprechen dem Wesen unseres Staates. Sie hemmen die Entwicklung der Frau und damit unserer ganzen Gesellschaft.«
    Hier ging es um eindeutig ideologische Barrieren, die zu überwinden waren. Oftmals wurden sie nicht offen ausgesprochen, sondern hinter fehlenden volkswirtschaftlichen Möglichkeiten versteckt.
    Geradezu ein Steckenpferd Ulbrichts war die schwerpunktmäßige Orientierung auf die Frauenförderung in den Betrieben und Einrichtungen. Das war insofern auch logisch, weil der Beschäftigungsgrad der Frauen in der DDR sehr hoch lag. Für Singles und Alleinerziehende war es ohnehin selbstverständlich. Für manche verheiratete oder in einer Beziehung lebende Frauen war es notwendig, arbeiten zu gehen, weil das Haushaltsbudget der Familie dies erforderlich machte. Andere haben damit das Familieneinkommen erhöht, um sich mehr leisten zu können. Aber für die übergroße Mehrheit der Frauen gehörte berufliche Tätigkeit einfach zu ihrer Selbstverwirklichung. Es machte sie ökonomisch unabhängig vom Mann. Ein unerfüllter Wunsch der Frauenbewegung in der kapitalistischen Gesellschaft. Daher spielte die Interessenvertretung der Frauen in den Unternehmen eine herausragende Rolle. Nicht von ungefähr betonte Ulbricht die Verantwortung der 1952 gegründeten Frauenausschüsse in den Betrieben, Genossenschaften und Einrichtungen. Ihr Entstehen entsprang einer Empfehlung des Politbüros. »Die Zugehörigkeit zu diesem Ausschuss ist unabhängig von der Mitgliedschaft in politischen und sonstigen Organisationen.« 5
    Es ist verbrieft, dass Ulbricht auf einer Frauenkonferenz zum 4. Jahrestag der Frauenausschüsse 1956 in den Buna-Werken selbst an der Diskussion teilnahm.
    Frauenpolitik, Frauenförderung waren für Ulbricht nie Mittel zum Zweck. Immer ging es um die Selbstverwirklichung der Frau, ihre Persönlichkeitsbildung, um Gleichberechtigung. Und das erforderte, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Es war uns stets bewusst, dass werktätige Frauen mit Familien täglich im Haushalt ihre »zweite Schicht« zu absolvieren hatten. Von praktischer Bedeutung war für sie daher, mit welch realen Maßnahmen der Kampf gegen ideologische Barrieren einherging.
    Aus dem großen Paket der schrittweise verwirklichten Maßnahmen, die es den Frauen ermöglichten oder erleichterten, Beruf und Familie in Einklang zu bringen, ragte das umfangreiche Programm der Kindertagesstätten heraus. 1989 standen für 80 Prozent der Kinder im krippenfähigen Alter und für 95 Prozent derer im Kindergartenalter Plätze zur Verfügung. Die Kinder wurden von medizinisch und pädagogisch ausgebildeten Kräften betreut. Es ging um mehr als die »Aufbewahrung« während der Arbeitszeit der Eltern. Hier wurden die Bemühungen von Mutter und Vater um die Vorbereitung ihrer Kinder auf das Leben liebevoll und fachkundig unterstützt. In der größer gewordenen Bundesrepublik ist aktuell viel die Rede davon, dass Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit die Frauen Beruf (»die Karriere«) und Familie gleichzeitig verkraften. Da ist sicher viel gute Absicht im Spiel. Das Betreuungsgeld allerdings ist eine Lachnummer. Bei der Erweiterung des Kita-Netzes hört man oft, im Osten gäbe es traditionell mehr Kindertagesstätten. Wenn die sozialistische Tradition der DDR bei der Kinderbetreuung gemeint ist, kann ich gut damit leben.
    Es muss hier auch angemerkt werden, dass die umfangreichen sozialpolitischen Maßnahmen, mit denen Erich Honecker den Kurs der Erleichterung der Lebensbedingungen der Frauen fortsetzte, von diesen sehr geschätzt wurden, auch wenn fehlende Mittel in den 80er Jahren zu einer gewissen Stagnation führten.
    Alljährlich war der Internationale Frauentag ein wichtiger Anlass für mich, in direkten Kontakt zu Walter Ulbricht zu treten. Im Gegensatz zu heute oft vertretenen Auffassungen waren wir nicht an einmaligen Feierstunden mit Kaffee servierenden Männern interessiert. Der 8. März blieb für uns ein Kampftag, wie ihn 1910 in Kopenhagen Clara Zetkin initiiert hatte. Weltweit war für die Frauen viel zu tun, damit sie durch Arbeit nicht

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