Walzer der Liebe
Sie beide sollen die ersten sein, die abgegeben werden."
„Aber nur, weil ich nebenan wohne", erwiderte sie, nicht im Geringsten durch Mr. Carlyles freundliches Entgegenkommen besänftigt. „Wer ist der entzückende kleine Junge?"
Mr. Carlyle blickte in die Richtung, in die sie schaute. „Das ist das Kind eines meiner Gärtner. Es wurde ihm verboten, die Männer zu belästigen, doch er kann sich ihnen nicht fern halten. Er liebt Werkzeug."
Rosalind entschuldigte sich mit der Bemerkung, sie müsse einfach mit dem Kind reden.
Verwirrt sah ich sie durch den Garten gehen.
„Was haben Sie? Was stimmt nicht?" fragte Mr. Carlyle in einem derart gelangweilten Ton, als würde er sich nach dem Wetter erkundigen.
Ich mied seinen Blick. „Ich weiß nicht, was Sie meinen", antwortete ich und war stolz darauf, dass meine Stimme so gelassen wie seine geklungen hatte. „Wieso glauben Sie, etwas sei nicht in Ordnung?"
„Heute Nachmittag haben Sie sehr wenig gesagt. Irgendwie bezweifle ich, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben, weil Sie unerlaubterweise auf meine Mauer geklettert sind. Habe ich etwas getan, das Sie verärgert hat?"
Nach dieser Frage sah ich mich genötigt, Mr. Carlyle anzuschauen. Er beugte sich über den Tisch und war mir näher, als ich geahnt hatte. Den Wunsch unterdrückend, mich weit im Sessel zurückzulehnen, antwortete ich: „Wie hätten Sie so etwas tun können? Seit wir den Tanz bei der letzten Soiree ausgesessen haben, sind wir uns nicht mehr begegnet."
„Ah, und das verstimmt Sie? Ich entschuldige mich für meine Nachlässigkeit. Ich war beschäftigt. Wissen Sie, das Fest!"
„Das stimmt nicht! Wieso geben Sie diesen Vorwand an?"
„Vielleicht möchte ich, dass es der Grund ist", konterte Mr. Carlyle.
Darauf wusste ich nichts zu antworten. Ich erhob mich und achtete darauf, dabei den Stuhl nicht umzustoßen. Gemächlich stand auch Mr. Carlyle auf. „Ich muss fort", erklärte ich und gab vor, meinen Hut zurechtzurücken, damit Mr. Carlyle mein Gesicht nicht sah. „Es wird spät, und ich bin seit heute Morgen von zu Haus fort. Meine Tante wird sich Sorgen machen."
„Versprechen Sie mir, wieder einen Walzer mit mir zu tanzen, Miss Ames? Diesmal auf meinem Ball?" fragte Mr. Carlyle, während er mich die Terrassentreppe hinunterführte.
„Natürlich, Sir, wenn Ihnen etwas daran liegt", antwortete ich, den Blick fest auf Rosalinds zierliche Gestalt gerichtet. Ich wünschte mir, Lady Beech möge mehr in unserer Nähe sein.
„Mir liegt daran", erwiderte Mr. Carlyle. Als ich stolperte, legte er mir stützend die Hand unter den Ellbogen. „Passen Sie auf, Miss Ames", warnte er mich in amüsiert klingendem Ton. „Falls Sie sich den Fuß verstauchen, müsste ich noch einmal einen mitternächtlichen Besuch in Ihrem Schlafzimmer arrangieren. Sie haben doch bestimmt gehört, dass ich stolz darauf bin, niemals eine Dreistigkeit zu wiederholen, nicht wahr?" Inzwischen hatten wir Rosalind erreicht. „Mylady, Miss Ames möchte gern aufbrechen. Erlauben Sie mir, Sie bis zum Tor zu begleiten, das zu öffnen Sie vorhin versucht haben. Ich habe den Schlüssel."
Rosalind wünschte dem kleinen Jungen einen angenehmen Tag. Seine eifrige Verbeugung war anrührend, doch ich fühlte mich nicht zum Lächeln aufgelegt.
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis wir uns sicher auf der anderen Seite des Mauertors befanden und ich imstande war, Hugh Carlyle den Rücken zuzuwenden. Natürlich begann Lady Beech sofort, mich auszufragen.
„Weshalb interessiert es Sie so, worüber wir beide geredet haben?" erkundigte ich mich schließlich.
„Ich bin entschlossen, meine Liebe, dafür zu sorgen, dass Sie und Mr. Carlyle ein Paar werden", gestand sie mir. „Nein, nein! Kein Wort! Ich weiß, dass Sie ihn mögen. Ich sehe das in Ihren Augen, entnehme es dem Klang Ihrer Stimme, bemerke das an der Röte, die Ihnen stets dann in die Wangen steigt, wenn Mr. Carlyle in Ihrer Nähe ist. Und er ist auf dem besten Weg, sich in Sie zu verlieben. Ja, das stimmt! Ich habe ihn nie so von jemandem bezaubert gesehen."
„Ich bin sicher, Sie irren sich, Lady Beech", erwiderte ich matt. „Das kann nicht zutreffen."
„Dummchen! Natürlich ist er in Sie verliebt. Deshalb habe ich mich zurückgezogen, um mit dem kleinen Jungen zu spielen. Ich wollte Ihnen beiden die Möglichkeit geben, allein zu sein."
Ich schalt Lady Beech ob ihrer Torheit, umarmte sie jedoch herzlich, als ich mich einige Minuten später von ihr
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