Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
uns) kam man sich vor wie in einem großen, lichtdurchfluteten Garten. Die Geräusche des Hauses – Büromaschinen, Mobiltelefone, geschäftiges Summen von Gesprächen – mischten sich mit dem Rauschen des Wasserfalls und dem Zwitschern der Vögel zu einem durchgehenden Hintergrundgeräusch, das pulsierendes Leben, Vielfältigkeit und Bewegung wiedergab. Kaum hatten wir den Innenhof hinter uns gelassen, als unser nach den Seiten hin offener Fahrstuhl in einem kurzen Tunnel verschwand.
    Wenig später öffnete sich die Tür, und wir fanden uns vor einem etwas ungewöhnlichen Empfangsbereich wieder.
    Auf den ersten Blick fehlte nichts, was man in solchen Büros meistens fand: Da stand der auffallende Schreibtisch, auf den der Blick als Erstes fiel, da standen die Stühle, auf denen man Platz nahm, wenn man gebeten wurde, noch zu warten, da stand die Kaffeemaschine, da der Tisch mit den Zeitschriften. Nur dass in diesem Büro alles aus rostfreiem Stahl war. Auch Boden und Wände. Auch die Decke. Selbst die Lampen und die Kaffeekanne waren aus rostfreiem Stahl. Nur die Zeitschriften stachen heraus, mit ihren formlosen, schreiend bunten Titelblättern und schlaffen Seiten.
    Das Firmenzeichen von Monoc Securities, als Basrelief in eine der Stahlwände eingelassen, erinnerte mich eher an ein Wappen als an das Markenzeichen eines Großkonzerns: ein Kreis, in der Mitte von einem vertikalen Strich geteilt, der an beiden Seiten über den Kreis hinausragte. Was sollte es darstellen? Ein Auge, das mittels einer scharfen Klinge aus der Augenhöhle gelöst wurde? Etwas Ähnliches trug ich im Gesicht, eine Narbe von der Braue bis zum Wangenkochen. Das Messer hatte mein Auge nur haarscharf verfehlt. Oder sollten hier in sehr vereinfachter, abstrakter Symbolik das Männliche und das Weibliche dargestellt werden, runde und gerade Formen, als Sinnbild von Gesundheit und Gleichgewicht? Oder waren das zwei griechische Buchstaben übereinander, Omega und Iota? Das kleinste Detail? Das definitive Detail? Oder anders gesagt: jede kleine Einzelheit?
    Oder vielleicht war es eine Kombination all dieser Dinge: das blinde, allsehende Auge.
    Genau: Das fühlte sich richtig an.
    Hinter dem großen Schreibtisch saßen zwei Frauen an Computerbildschirmen, die Wölkchen aus sehr feinem Nebel glichen und auf denen die Cyberaktivitäten des Unternehmens in Form ineinanderfließender Bilder und Buchstaben wiedergegeben wurden. Über dem Ganzen lag ein winziger Hauch von Illusion – wahrscheinlich das Neueste vom Neuesten in der Computertechnologie.
    Bei den beiden Sekretärinnen handelte es sich eindeutig um eineiige Zwillinge, beide mit rabenschwarzem Haar, das kurzgeschnitten eng am Kopf anlag und im Farbton haargenau zu den absolut identischen schwarzen Kostümen der beiden Frauen passte. Vier identische, dunkle Augen sprühten vor Intensität und Intelligenz, zwei blasse Gesichter wandten sich uns zu, mit bemerkenswerten, wenn auch nicht eigentlich schön zu nennenden Gesichtszügen. Die beiden würden aus jeder Menge herausragen, und zwar nicht auf unangenehme Art und Weise, aber niemand würde sie für Fotomodelle halten.
    Die Zwillinge standen auf, als sich die Fahrstuhltür öffnete, und richteten sehr dunkle, sehr intensive Blicke auf uns. Ich sah nicht zum ersten Mal in einen Gewehrlauf, nur hier kam es mir vor, als hätte ich gleich vier davon vor mir. Vollkommen reglos, wie eigentlich kein Mensch es fertigbringt, standen sie da und starrten. Beide trugen Headsets, aber nur eine flüsterte etwas in ihr Mikro.
    Ich wollte schon aus dem Lift steigen, aber Gard hielt mich zurück. „Nicht! Die müssen sich erst bestätigen lassen, ob wir hier sein dürfen. Sie töten Sie sonst. Mich vielleicht auch.“
    „Dann steht man hier auf derbe Empfangsdamen?“
    „Es wäre klüger, keine Witze zu reißen“, flüsterte Gard. „Ihnen entgeht nichts – und sie vergessen nie etwas.“
    Die am Headset kommunizierende Empfangsdame ballte gerade langsam die rechte Faust, öffnete sie wieder und klaubte mit den Fingernägeln Stahlröhrchen aus der Schreibtischplatte.
    Mir lag schon ein prima Witz über Nägel und Maniküre auf den Lippen, aber ich entschied mich dann doch dagegen.
    Ich schon, aber mein Mund? „Schälen Sie auch Apfelsinen?“, erkundigte er sich höflich, ohne beim Rest von mir nachgefragt zu haben. „Was ist mit Schleifarbeiten? Scheren? Tischmesser? Gartenwerkzeuge? Um den Rasenmäher meiner Vermieterin könnte sich ein nettes Mädel

Weitere Kostenlose Bücher