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Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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zugerufen hätten: »Passen Sie auf.« Er nahm es aber leicht und mocht es leichtnehmen, denn in der Tat, das Glück schien gewillt, für seinen Liebling noch einmal all und jedes zu tun. Nichts Störendes intervenierte, der Wagen fuhr wieder vor, Wirt und Einquartierung nahmen auf dem Vordersitz ihren alten Platz, und nach dem Café zurückgrüßend, fuhren beide die Straße hinunter auf das Metzer Tor zu, um noch vor Dunkelwerden Garsch zu erreichen. Alles ging gut; erst im letzten Moment gebar sich das Unheil. Hart am Tor, da, wo nach rechts hin die Straße in eine schmale, halb von der Stadtmauer gebildete Gasse abbiegt, stand ein Wirtshaus, aus dem der Lärm heiterer Gäste herüberklang. Einige standen an den offenen Fenstern und größten mit den Deckelkrügen. »Noch einen Abschiedstrunk«, rief Anderssen und legte die Hand auf die Leine. Der Maire war gutmütig genug, nachzugeben, man hielt, und im nächsten Moment waren beide mit unter den Gästen. Was hier nun geschah, ist unaufgeklärt geblieben; zehn Minuten später aber sah sich Anderssen als preußischer Spion und Mr. Bauer als sein Complice verhaftet. Die Bierhausbevölkerung war eben eine andere als die im Café Luxembourg. Im allgemeinen wird man sagen können: Alles wohletabliert Imperialistische trug uns im stillen Sympathien entgegen. Alles Gambettistisch-Republikanische stand gegen uns.
    Unter dem Jubel Hunderter, die mit jedem Schritt anwuchsen, wurden die beiden Gefangenen nach dem Arresthause gebracht.
    Am 24. trat ein Kriegsgericht zusammen, das über den Fall aburteilen sollte. Trotzdem diesseitig ein die »exzentrische Natur« des Angeklagten ebenso wahrheitsgemäß wie geflissentlich hervorhebendes Schreiben an den Kommandanten von Thionville, Oberst Turnier, gerichtet worden war, sah sich das Kriegsgericht dennoch nicht veranlaßt, eine mildere Beurteilung des Falles eintreten zu lassen. Es konnt es nicht, weder nach Lage des Gesetzes noch der Situation. Am 29. früh, am Tage nach der Kapitulation von Metz, wurde das auf »Tod durch Erschießung« lautende Urteil vollstreckt. Das gleiche Los traf seinen Wirt, Mr. Bauer. Alles, was noch zu erzählen bleibt, ergibt sich am besten aus einzelnen Schriftstücken, die vorliegen: zwei Briefe Anderssens an seinen Vater und ein amtliches Schreiben des Obersten Turnier an den Kommandanten des 4. Ulanenregiments. Ich gebe diese Schriftstücke:
     
    »Lieber Papa! Ich schreibe Dir und wünsche, daß Du zuerst diesen Brief liest, um Mama vorbereiten zu können. Das Kriegsgericht hat gesprochen. Ich bin zum Tode verurteilt. Ich kann mir Deinen Kummer denken; ich fühle es recht, mein lieber Papa. Du bist stets so gut zu mir gewesen! Ich hab es Dir nie genügend gedankt. Es ging mir zu gut. Jetzt, wo ich in meiner Zelle sitze und diesen Brief auf den Knien schreibe, fühl ich erst, was ich an Euch verliere. Jetzt, wo es zu spät ist, erkenn ich, was Ihr mir gewesen seid. Es rührt mich, wenn ich daran denke, mit welcher Freude Du mir den geringsten Wunsch erfüllt hast und wie Mama für mich gesorgt. Wer hätte das gedacht, lieber Papa, als wir uns zuletzt auf dem Bahnhof in Berlin sahen, daß wir uns nie wiedersehen würden. Das ist eine schreckliche Strafe für mich!... Ich bin hier allein, ohne einen Menschen, der ein Herz für mich hat; welche Sehnsucht hab ich, Euch zu sehen. Ich hab an den Prokurator der Republik geschrieben, daß mir das Medaillon und zwei Briefe von Euch, die ich bei mir hatte, im Gefängnis gelassen würden. Man hat sie mir geschickt.... Die Stadt ist zerniert.... Es ist mir rätselhaft, wie ich auf diese Tollkühnheit gekommen bin.
    Der Kommissar der Republik, ein Offizier der Garde mobile, besucht mich alle Tage und hat mir versprochen, Briefe, die ich verschlossen abschicken will (das heißt, ohne daß sie jemand vorher liest), für mich zu besorgen. Auch wird er die Sachen, die ich mitgebracht habe, Euch zukommen lassen. Es sind dies: Uhr, Kette mit Petschaft, Medaillon und Kompaß, eine Brieftasche, Notizbuch, Zigarrentasche und mein Taschenmesser, der vielgenannte ›Rippespeer‹. Wenn es nicht früher geht, werdet Ihr sie nach dem Kriege bekommen. Da das Geld, was ich mitgebracht habe, nicht reichen wird, so werd ich eine Bescheinigung zurücklassen für das, was man für mich ausgelegt hat. Sei so gut und gib meinen kleinen Revolver an Dr. Stich. Er soll ihn als Andenken behalten, den ›Rippespeer‹ auch. Meine andern Sachen werden Euch wohl vom Regimente

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