Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Lage, diese »Erdfälle«, wie Sternschnuppenfäl-
    le im August, regelmäßig beobachten zu können, so
    würde das mit Vulkanen übersäete Zentralamerika
    ein vergleichungsweise bequemer Aufenthalt sein.
    Denn was sind schließlich » Erdbeben « gegen solche
    » Erdfälle «, wo die Erde gleichsam sich selbst zu verschlingen beginnt. Sind übrigens die Annahmen über
    die Bildung mehrerer unsrer größten und schönsten
    Seen nur halbwegs richtig, so haben die Vorbewoh-
    ner der Mark von diesen »interessanten Naturer-
    scheinungen« mehr denn zur Genüge gehabt. Der
    Kressinsche See nicht weit von Saarmund, der Goh-
    litz-See im Amt Lehnin, der Gudelack-See bei Lindow
    und der große Paarsteiner See bei Kloster Chorin
    sollen durch solche Erdfälle entstanden sein, der
    zahlreichen, überall vorkommenden Teufelsseen
    ganz zu geschweigen. Wo zwischen zwei abschüssi-
    gen Hügelwänden sich plötzlich ein trichterförmiger
    See einklemmt, der weder Zu- noch Abfluß, wohl
    aber eine bedeutende Tiefe hat, da liegt immer
    Grund vor, einen früher oder später erfolgten »Erd-
    fall« zu vermuten. Erzählt aber gar die Sage von
    untergegangenen Dörfern und Städten, so ist es gut,

    996
    dem Volksmunde zu glauben und die Zweifel zu Haus
    zu lassen. Ob die Glocken dann abends in der Tiefe
    klingen oder nicht – der ist nicht beneidenswert, der
    sie schlechterdings nicht zu hören vermag.

    1. Die drei Strophen, die den Zug schildern, sind
    folgende:
    Der Führer ritt einen Scheckenfuchs,
    Er ritt ihn kurz auf Trense,
    Dann folgten die Schützen; dann ackerlich Volk
    Mit Sichel und mit Sense.
    Die Schützen trugen manch Rüstungsstück
    Mit Scharten und mit Beule,
    Zuletzt nachrückte das corps d'armée
    Mit Knittel und mit Keule.
    Im ganzen waren es fünfzig Mann
    In Rotten zu sechs und sieben,
    Nur der Mann der Fakten, des fait accompli,
    War ruhig zu Hause geblieben.

    997
    Der große und der kleine
    Tornow-See

    Im Mummelsee, im dunklen See,
    Da blühn der Lilien viele.
    Schnezler

    Die »Märkische Schweiz« um Buckow herum ist zum
    großen Teil ein Besitztum der Grafen Flemming und
    Itzenplitz.
    Der Itzenplitzsche Anteil an diesem Stück schöner
    Natur liegt im Norden und Nordosten des großen
    Schermützel-Sees und umfaßt das Areal der Güter
    Bollersdorf und Pritzhagen.
    Von dem Bollersdorfer Plateau sprachen wir bereits im vorigen Kapitel; ebenso von dem schönen Blick,
    den der abschüssige Rand desselben auf den unten
    liegenden Schermützel-See gestattet.
    Dorf Bollersdorf, dessen kleine gotische Kirche dem kahlen Plateau einen malerischen Reiz verleiht, ist
    ohne Bedeutung. Seine Besitzer wechselten oft. In
    der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts war
    es Eigentum des Generallieutenant von Görtzke, der,
    nach Ankauf des jetzt Marwitzschen Friedersdorf,
    auch noch Kienitz und Bollersdorf an sich brachte.
    Nach seinem Tode aber scheint es sofort in andre

    998
    Hände übergegangen zu sein. Die schon genannte
    Kirche geht bis ins vierzehnte Jahrhundert zurück.
    Bei einem vor Jahresfrist stattfindenden Umbau wur-
    den in der geöffneten Gruft Särge der alten, im Lan-
    de Beeskow-Storkow begüterten Familie Lö-
    schebrand gefunden.
    1763 kam Bollersdorf durch Schenkung in Besitz des
    Generalmajors von Lestwitz und teilte seitdem, hin-
    sichtlich seiner Besitzverhältnisse, das Schicksal des
    Lestwitz-Itzenplitzischen Güterkomplexes: Friedland,
    Kunersdorf, Bollersdorf, Pritzhagen, dem es von da
    ab zugehörte.
    Pritzhagen liegt mehr östlich, und das coupierte Ter-
    rain gestattet keinen Blick auf den Schermützel-See.
    Das Dorf selbst ist unbedeutend wie Bollersdorf. Vie-
    le Jahrhunderte lang besaßen es die »Rutze« oder
    die »von Reutze«, wie sie später genannt wurden.
    Schon 1375 finden sie sich, dem Landbuche nach, an
    dieser Stelle. Der letzte, wie es scheint, war »Junker
    Hans«, ein Weidmann von altem Schrot und Korn,
    der seine Passion mit dem Leben bezahlte. Sein Na-
    me lebt fort in der Junker-Hansens-»Kehle«, was in
    der Gebirgssprache der »Märkischen Schweiz« soviel
    wie Schlucht bedeutet. In Pritzhagen weiß und er-
    zählt noch jedes Kind von dem »tollen Junker«, der
    bei Verfolgung eines Hirsches in die »Kehle« fiel und
    den Hals brach. Eine Meile weiter aber weiß niemand
    mehr von ihm. Ein allerlokalster Ruhm.

    999
    Pritzhagen bedeutet wenig, seine Berge und Schluch-
    ten jedoch bedeuten viel, selbst seine »Kehlen«.
    Als einer seiner reizendsten Punkte gilt

Weitere Kostenlose Bücher