Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Lage, diese »Erdfälle«, wie Sternschnuppenfäl-
le im August, regelmäßig beobachten zu können, so
würde das mit Vulkanen übersäete Zentralamerika
ein vergleichungsweise bequemer Aufenthalt sein.
Denn was sind schließlich » Erdbeben « gegen solche
» Erdfälle «, wo die Erde gleichsam sich selbst zu verschlingen beginnt. Sind übrigens die Annahmen über
die Bildung mehrerer unsrer größten und schönsten
Seen nur halbwegs richtig, so haben die Vorbewoh-
ner der Mark von diesen »interessanten Naturer-
scheinungen« mehr denn zur Genüge gehabt. Der
Kressinsche See nicht weit von Saarmund, der Goh-
litz-See im Amt Lehnin, der Gudelack-See bei Lindow
und der große Paarsteiner See bei Kloster Chorin
sollen durch solche Erdfälle entstanden sein, der
zahlreichen, überall vorkommenden Teufelsseen
ganz zu geschweigen. Wo zwischen zwei abschüssi-
gen Hügelwänden sich plötzlich ein trichterförmiger
See einklemmt, der weder Zu- noch Abfluß, wohl
aber eine bedeutende Tiefe hat, da liegt immer
Grund vor, einen früher oder später erfolgten »Erd-
fall« zu vermuten. Erzählt aber gar die Sage von
untergegangenen Dörfern und Städten, so ist es gut,
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dem Volksmunde zu glauben und die Zweifel zu Haus
zu lassen. Ob die Glocken dann abends in der Tiefe
klingen oder nicht – der ist nicht beneidenswert, der
sie schlechterdings nicht zu hören vermag.
1. Die drei Strophen, die den Zug schildern, sind
folgende:
Der Führer ritt einen Scheckenfuchs,
Er ritt ihn kurz auf Trense,
Dann folgten die Schützen; dann ackerlich Volk
Mit Sichel und mit Sense.
Die Schützen trugen manch Rüstungsstück
Mit Scharten und mit Beule,
Zuletzt nachrückte das corps d'armée
Mit Knittel und mit Keule.
Im ganzen waren es fünfzig Mann
In Rotten zu sechs und sieben,
Nur der Mann der Fakten, des fait accompli,
War ruhig zu Hause geblieben.
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Der große und der kleine
Tornow-See
Im Mummelsee, im dunklen See,
Da blühn der Lilien viele.
Schnezler
Die »Märkische Schweiz« um Buckow herum ist zum
großen Teil ein Besitztum der Grafen Flemming und
Itzenplitz.
Der Itzenplitzsche Anteil an diesem Stück schöner
Natur liegt im Norden und Nordosten des großen
Schermützel-Sees und umfaßt das Areal der Güter
Bollersdorf und Pritzhagen.
Von dem Bollersdorfer Plateau sprachen wir bereits im vorigen Kapitel; ebenso von dem schönen Blick,
den der abschüssige Rand desselben auf den unten
liegenden Schermützel-See gestattet.
Dorf Bollersdorf, dessen kleine gotische Kirche dem kahlen Plateau einen malerischen Reiz verleiht, ist
ohne Bedeutung. Seine Besitzer wechselten oft. In
der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts war
es Eigentum des Generallieutenant von Görtzke, der,
nach Ankauf des jetzt Marwitzschen Friedersdorf,
auch noch Kienitz und Bollersdorf an sich brachte.
Nach seinem Tode aber scheint es sofort in andre
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Hände übergegangen zu sein. Die schon genannte
Kirche geht bis ins vierzehnte Jahrhundert zurück.
Bei einem vor Jahresfrist stattfindenden Umbau wur-
den in der geöffneten Gruft Särge der alten, im Lan-
de Beeskow-Storkow begüterten Familie Lö-
schebrand gefunden.
1763 kam Bollersdorf durch Schenkung in Besitz des
Generalmajors von Lestwitz und teilte seitdem, hin-
sichtlich seiner Besitzverhältnisse, das Schicksal des
Lestwitz-Itzenplitzischen Güterkomplexes: Friedland,
Kunersdorf, Bollersdorf, Pritzhagen, dem es von da
ab zugehörte.
Pritzhagen liegt mehr östlich, und das coupierte Ter-
rain gestattet keinen Blick auf den Schermützel-See.
Das Dorf selbst ist unbedeutend wie Bollersdorf. Vie-
le Jahrhunderte lang besaßen es die »Rutze« oder
die »von Reutze«, wie sie später genannt wurden.
Schon 1375 finden sie sich, dem Landbuche nach, an
dieser Stelle. Der letzte, wie es scheint, war »Junker
Hans«, ein Weidmann von altem Schrot und Korn,
der seine Passion mit dem Leben bezahlte. Sein Na-
me lebt fort in der Junker-Hansens-»Kehle«, was in
der Gebirgssprache der »Märkischen Schweiz« soviel
wie Schlucht bedeutet. In Pritzhagen weiß und er-
zählt noch jedes Kind von dem »tollen Junker«, der
bei Verfolgung eines Hirsches in die »Kehle« fiel und
den Hals brach. Eine Meile weiter aber weiß niemand
mehr von ihm. Ein allerlokalster Ruhm.
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Pritzhagen bedeutet wenig, seine Berge und Schluch-
ten jedoch bedeuten viel, selbst seine »Kehlen«.
Als einer seiner reizendsten Punkte gilt
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