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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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der Dachs-
    berg , kaum eine Viertelstunde vom Dorf entfernt und mit Recht ein Lieblingsplatz aller märkischen Touristen. Auch Berliner huldigen ihm. Und das ist doch
    schließlich immer das Entscheidende!
    Aber den Dachsberg in Ehren, in Wahrheit sind es
    doch seine beiden Seen, wie namentlich auch die
    Schlucht, die diese verbindet, was seine Schönheit
    ausmacht. Die beiden Seen heißen der kleine und
    große Tornow-See, und die Schlucht heißt die » Sil-
    berkehle «. Jene blicken zu dem Berge hinauf, der seinerseits terrassenförmig ansteigt. Am Fuße der
    Treppe breitet sich der große Tornow aus, auf dem mittleren Absatz aber liegt der kleine Tornow, dunkel und still und in verschwiegener Tiefe.
    Von der Kuppe des Hügels herab überblickt man nur
    den kleineren See; Baumpartien fassen ihn ein und
    beschränken die weitere Fernsicht. Das Terrassen-
    förmige des Berges kommt deshalb wenig zur Er-
    scheinung. Möglich, daß das Landschaftsbild an Reiz
    gewönne, wenn ein unbehindertes Auge, die Stufen
    der Treppen herniedersteigend, erst bei der kleineren
    und dann endlich tief unten bei der größeren Was-
    serfläche verweilen könnte. Aber auch wie es ist, ist
    es schön.
    Der kleine Tornow ist einer jener »Teufelsseen«, denen man in der Mark, an den Abhängen der Hügel,

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    so oft begegnet. Ihr Name bezeichnet ihren Charak-
    ter. Das Wasser ist schwarz, dunkle Baumgruppen
    schließen es ein, breite Teichrosenblätter bilden ei-
    nen Uferkranz, und die Oberfläche bleibt spiegelglatt,
    auch wenn der Wind durch den Wald zieht. Es ist, als
    hätten diese dunklen Wasser einen besonderen Zug
    in die Tiefe und als stünden sie fester und unbeweglicher da als andere.1)
    So ist auch der kleine Tornow einer von jenen Seen,
    an denen Sage und Märchen am liebsten verweilen
    und von Prinzessinnen erzählen, die in der Johannis-
    nacht aus dem dunklen Wasser steigen und mit Sil-
    berrosen im Haar freundlich-traurig am Ufer sitzen.
    Nicht so der große Tornow-See, der funfzig Fuß tiefer seine breite und hellere Wasserfläche am Fuß des
    Berges ausdehnt. Ihm schreiten wir jetzt zu. Unser
    Weg dahin ist die Silberkehle.
    Die Silberkehle führt ihren poetischen Namen daher, weil an beiden Abhängen, wo das von Moos und Humus entkleidete Erdreich sichtbar wird, eine Wand
    von Glimmersand zutage tritt. Dieser Glimmersand blitzt und glitzert wie Silber und liegt so fest auf, daß es möglich ist, Namen und Figuren wie in Sandstein
    hineinzuschneiden. Die Silberkehle hat völlig den
    Charakter einer Gebirgsschlucht und zeigt auf ihrem
    Lauf ein tief ausgehöhltes Bett mit all den Zerstörun-
    gen niederstürzender Bäche. Feldsteine, fest in den
    Sand gerammt, Laubholzbäume rechts und links ü-
    ber den Weg geworfen, Spuren von Wind und Was-
    ser überall. Aber heute, wo wir des Weges kommen,

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    ruht ringsumher der Streit der Elemente. Wie eine
    Mühle am Sonntag, so liegt die Silberkehle da, das
    Triebrad steht still, das Wehr ist gesperrt. Erst im
    Frühjahr, wenn der Schnee schmilzt, oder im Som-
    mer, wenn die Regengüsse kommen, dann wird es
    wieder lebendig hier. Dann jagt das Wasser zu Tale,
    dann ist es wieder, als schäumten und klapperten
    hundert Räder hier, und wieder werden neue Bäume
    unterhöhlt und gefällt und die eingerammten Steine
    wie Kiesel weiter nach unten gerissen.
    Wir sahen das Bild bei Herbstesstille; nur am Fuße
    des Berges plätscherten ein paar Quellen. So traten
    wir aus der Enge der Schlucht ins Freie und blickten
    auf die Fläche des großen Sees. Er ist dem kleinen
    Tornow unähnlich, liebt das Licht wie dieser den
    Schatten und gewährt ein Bild heiterer Ruhe. Grün
    ansteigende Ufer fassen ihn ein, rote Fichtenstämme
    spiegeln sich, und wenn erst, wie beabsichtigt, der
    Wasserdruck des höher gelegenen kleinen Sees be-
    nutzt sein wird, um mitten auf dem großen einen
    natürlichen Springbrunnen steigen zu lassen, so wird
    dieser Eindruck des Heiteren noch gewachsen sein.
    Am Ufer des großen Tornow-Sees erhebt sich eine
    Villa, ein Schweizerhaus. Der Erbauer, in Huldigung
    gegen den Ort, an dem er den zierlichen Bau entste-
    hen ließ, hat ihm den Namen »Haus Tornow« gege-
    ben. Das hat einen guten Klang. Stille weilt rundum.
    Es ist ein Platz für Rast und Ruhe, und wer empfände
    nicht die Sehnsucht danach! Bilder schmücken die
    Zimmer der Villa, und Wein und Blumen ranken sich
    an Wand und Laubengang empor. Aber der schönste

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    Blick, den »Haus Tornow«

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