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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gewährt, bleibt doch der
    auf den See. Ein Kahn liegt bereit und trägt uns da-
    rüberhin, leicht und glatt. Denn hier walten keine
    tückischen Mächte. Aus der Tiefe des »kleinen Tor-
    now« herauf könnt uns eine Hand, eine Stimme viel-
    leicht nach unten ziehn, aber das Wasser des großen
    Tornow, das eben in tausend Tropfen von unserm
    Ruder fällt, funkelt in allen Farben des Lichts. Ein
    Schwarm Tauben blitzt durch die Luft, und ein Reh
    tritt aus dem Wald ans Ufer und blickt uns an. Es
    weiß, es darf es.
    »Friede« ist die Parole am großen Tornow-See.

    1. Der schönste See der Art im nördlichen
    Deutschland war vielleicht der Jordan-See auf
    der Insel Wollin. Still, dunkel, einsam, von
    Kiefern eingeschlossen, lag er da. Braune,
    halbverfaulte Baumstämme überragten hier
    und da seine Fläche, so daß es war, als rich-
    teten sich Krokodile auf und sögen mit zu-
    rückgebogenem Kopf die Nachtluft ein. Die
    Blätter und Stiele der Nymphäen machten
    den See unpassierbar. Guter Wille und wenig
    Geschmack haben dies kostbare, Stück Natur
    zerstört. Die Baumstümpfe sind fort und die
    Nymphäen auch. Statt ihrer ist ein Kahn da,
    der nun über die glatte, prosaisch gewordene
    Fläche hingleitet, als wär es ein See wie jeder
    andre.

    1003

    Möglin

    Das Kleine blieb,
    Das Große ist vergessen.
    Die Zeit verfließt, wohl hundert Jahr
    Verflossen unterdessen.

    Etwa eine halbe Meile vom Westrande des Oder-
    bruchs entfernt liegt Möglin, ein nur zwölf Häuser
    zählendes, weder durch Größe noch Bodenbeschaf-
    fenheit ausgezeichnetes Dorf, dem nichtsdestoweni-
    ger der Ruhm zufiel, in alter und neuer Zeit unter
    den historischen Dörfern des Landes genannt zu
    werden.
    Drei Jahrhunderte lang lebten hier die im Ober-
    Barnim reichbegüterten Barfuse1), die sich, wie wir
    das noch in dem Kapitel »Prädikow« hervorheben
    werden, in zwei Linien teilten, in die Barfuse von
    Prädikow und in die Barfuse von Möglin. Der be-
    rühmteste Barfus (Hans Albrecht von B.; Feldmar-
    schall unter König Friedrich I.) war ein Mögliner Barfus; er verließ aber früh sein väterliches Gut, kehrte
    nie wieder dahin zurück und ist deshalb der Erinne-
    rung des Dorfes verlorengegangen.
    Aber von einem unberühmten Barfus geht noch die
    Sage daselbst. Das macht, der lokale Vorfall ist im-

    1004
    mer siegreich über das historische Ereignis; das All-
    gemeine verblaßt, das Besondere gewinnt an Kraft.
    Dieser einzige Barfus, von dem Möglin und seine
    Bewohner noch wissen, ist Dietlof von Barfus. Sie
    wissen von ihm, daß er reich war, daß er vierzig Dör-
    fer besaß und daß er in einer Winternacht, als er zu
    Schlitten von Wriezen kam, seinen plötzlichen Tod
    fand. Es war Schneetreiben, nicht Weg, nicht Steg
    erkennbar. Durch die nächtliche Öde hin, immer
    gradaus, dem Instinkt der Pferde das Beste überlas-
    send, so ging die Fahrt. Schon waren sie dicht am
    Dorf, da, auf einem überschneiten und nur mit dün-
    nem Eis bedeckten Sumpfloch, brach der Schlitten
    ein, und alles ging in die Tiefe.
    Die kleine Feldsteinkirche (ohne Turm) ist aus der
    ersten christlichen Zeit und stand hier um vieles frü-
    her, als die Barfuse nach Möglin kamen. In der Kir-
    che selbst aber, aus verhältnismäßig später Zeit,
    hängt ein Wappenschild des alten Geschlechts,
    schmucklos, grün und rot übermalt und mit der Um-
    schrift: »Alexander von Barfus, geboren 1580, den
    11. Decembris, gestorben den 19. Decembris 1647.«
    Wahrscheinlich ein Onkel, vielleicht auch der Großva-
    ter Hans Albrechts.
    Die Pfuels, die Möglin in ältester Zeit besaßen, hat-
    ten es hundert Jahre, die Barfuse dreihundert inne.
    Dazwischen lag ein Interregnum, das zwanzig oder
    dreißig Jahre gedauert haben mag und von dem wir,
    mit Hülfe des Schloßregisters von 1450, nur erfah-
    ren, » daß in Möglin ein Schäfer war «. Das klingt wie 1005
    eine Verheißung für die Zukunft, und der Schäfer
    von 1450 erscheint uns fast wie der Schatten, den
    Albrecht Thaer, »der Mögliner Schäfer par excel-
    lence«, durch vier Jahrhunderte rückwärts wirft.
    Ihm , der dem Namen »Möglin« zu einem weit über
    die Grenzen unseres Landes hinausgehenden Ruhme
    verholfen hat, wenden wir uns nunmehr ausführli-
    cher zu.

    1. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts scheint
    die Mehrzahl aller Rittergüter des Kreises in
    Händen der Barfuse gewesen zu sein, da es
    heißt daß auf einem 1720 abgehaltenen
    Kreistage nur zwei Stimmen nicht barfusisch
    gewesen

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