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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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daß,
    während die beiden fremdländischen Heroen mitein-
    ander kämpfen, auch wohl sich töten, der einheimi-
    sche Märker den Liebespreis davonträgt.
    Die fremden Hirsche bleiben etwa vier Wochen. Dann
    kehren sie wieder heim.
    Seit einem Menschenalter hat sich dieser Zuzug von
    außen her etwas verringert. Wahrscheinlich infolge

    1562
    des Jahres 1848. Die Jagdfreiheit machte damals den
    Marsch von Polen und Preußen bis in die Mark noch
    erheblich gefährlicher als in ruhigeren Zeiten, und
    die Gefahren jenes Jahres scheinen wenigstens bei
    den Wanderhirschen unvergessen zu sein.

    Wir treten zum Schluß, aus dem Forste heraus, wie-
    der an den See , den »Werbellin«, der all dieser Umgebung: Wald, Burg, Dorf, seinen Namen gegeben.
    Einladend wie der See waren auch seine Fische. Es
    war ein Muränensee und sehr wahrscheinlich der
    größte und schönste unter denen, die sich mit ihm in
    die gleiche Namensehre teilen.4) Auch schon in kur-
    fürstlichen Tagen wußte man davon, und 1565
    schrieb Kurfürst Joachim an den Magistrat zu Neu-
    stadt-Eberswalde und ordnete an: »maßen man ge-
    gen Fastelabend etzlich-vieler Fische benötigt wäre,
    so viele Muränen und Karpfen, als nur zu bekommen
    wären, in dem ›Werbellin‹ fangen und mit zwei Pfer-
    den und Wagen zur kurfürstlichen Küche bringen zu
    lassen«.
    Mit diesen Muränen ging es noch fast 300 Jahre lang,
    bis es plötzlich ein Ende damit hatte. Der Kormoran kam . Der Kormoran oder schwarze Seerabe, sonst
    nur in Japan und China heimisch, hatte auf seinen
    Wanderzügen auch mal den baltischen Küstenstrich
    berührt und es »am Werbellin« anscheinend am
    wohnlichsten gefunden. Denn hier war es, wo er sich
    plötzlich zu vielen, vielen Tausenden niederließ. Der

    1563
    schöne Forst am See hin bot prächtige Bäume zum
    Nesterbau und der See selbst die schönste Gelegen-
    heit zum Fischen. Nun, scheint es, waren die Kormo-
    rans insonderheit auch Feinschmecker, und statt sich
    mit all und jedem zu begnügen, was ihnen in den
    Wurf kam, richtete sich ihr Begehr vor allem auf die
    Muräne . Sie fischten nach ganz eigentümlichen Prinzipien und betrieben den Raub nicht als einzelne
    Freibeuter, etwa wie Fischreiher und ähnliche auf
    niedrigster Stufe der Kriegskunst stehende Tiere,
    sondern das Geheimnis taktischen Zusammenwir-
    kens hatte sich ihnen in seiner ganzen Bedeutung
    erschlossen. Sie manövrierten in Reih und Glied, und
    mit Hülfe ihrer Taucherkünste den See auch in sei-
    nen verschiedenen Tiefen, sozusagen in all seinen
    Etagen beherrschend, glückte es ihnen, überall da,
    wo sie Stand nahmen, ein lebendiges Netz durch den
    See zu ziehen: jede Masche ein geöffneter Kormo-
    ranschnabel.5) Die Fischer mühten sich umsonst, sie
    zu vertreiben. Es gab damals Kormorans am Werbel-
    lin wie Fliegen in einer Bauernstube, und ein paar
    Hundert mehr oder weniger machte keinen Unter-
    schied. Auch der Forst litt, denn in manchem Baume
    hatten die Kormorans zehn Nester, und es schien
    nicht möglich, ihrer Herr zu werden. Da ward endlich
    ein Vernichtungskrieg beschlossen. Alle Förster aus
    den benachbarten Revieren wurden herangezogen,
    das Garde-Jägerbataillon in Potsdam schickte seine
    besten Schützen, und so rückte man ins Feld. Zuletzt
    waren Pulver und Blei stärker als die Kormorans, und
    sie blieben entweder auf dem Platz oder setzten ih-
    ren Zug in friedlichere Gegenden fort. Sind auch

    1564
    nicht wiedergekommen. Aber die Muränen auch
    nicht.
    Die Muränen sind hin wie die Schlösser, die den
    »Werbellin« umstanden, nur der See selber ist in
    seiner alten Schönheit verblieben. Bei Altenhof, un-
    mittelbar an dem gelben Kiesufer, liegen ein paar
    Tannenstämme aufgeschichtet und bilden eine hohe
    Bank zum Überblick. Und dort nehmen wir Platz.
    Kleine Wellen schäumen ans Ufer, vor uns die breite
    Wasserfläche liegt noch im Licht, während sich nach
    Norden hin bläuliche Schatten über Wald und See
    breiten. Dorthin liegen auch die Trümmer des alten,
    halb Sage gewordenen Grimnitz-Schlosses. Und
    wenn jetzt ein goldenes Schiff den See herunterkä-
    me und auf dem Deck des Schiffes, unter flattern-
    dem Zeitdach, säße Markgraf Otto mit Heilwig von
    Holstein, scherzend und lachend über dem Schach-
    spiel, wir ließen es vorübergleiten, vielleicht weniger verwundert über das goldene Schiff mit Segel und
    Zeltdach als über das ärmliche Schifferboot, das e-
    ben jetzt mit Netz und Reuse des Weges kommt.
    Es ist ein

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