Wanderungen durch die Mark Brandenburg
aber
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die eine Hand hinten und die andere vorn, so könn-
ten sie einander nicht Hülfe leisten.«
So Thormeyer. Welche »Erbauung« muß dem dürs-
tenden Jüngling aus diesem Erbauungsbuche geflos-
sen sein! Zu dem Behufe versenkte man sich in
Anthropologie und Psychologie, das waren die Früch-te, die am Baume höherer Erkenntnis wuchsen. Ent-
sprechend dem allen war der Grad sittlicher Freiheit
und stolzer Unabhängigkeit im Leben des Mannes
selbst. Ein Donnerer in den Klassen, erwies er sich
als »devotest ersterbend« jeder vorgesetzten Behör-
de gegenüber, diese mochte sein, was und wie sie
wollte.
Thormeyer schied 1834 aus. Mit diesem Ausscheiden
begannen andere, bessere Zustände. Was am Ideal
noch fehlen mochte, war zum Teil die Nachwirkung
voraufgegangener Zeiten. Starke kam, von dem am
Jubelfeste 1865 einer seiner Schüler, Geheimer Rat
von Quast, sagen durfte: »Nie hat ein anderer Leh-
rer, auch der berühmtesten keiner , ähnlich ergreifend und bestimmend auf mich eingewirkt.« Dann
folgte W. Schwartz, ein Mann von seltener organisa-
torischer Kraft, eine Autorität auf dem Gebiete mär-
kischer Sage und Geschichte, dessen segensreichem
Wirken die Anstalt unter anderm die Aufstellung und
Zugänglichmachung eines ihrer größten Schätze ver-
dankt.
Dieser Schatz ist: das Zieten-Museum .
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Das Zieten-Museum entstand aus einer reichhaltigen
Sammlung naturhistorischer, ethnographischer, na-
mentlich aber vaterländischer Altertümer, die, vom verstorbenen Grafen Zieten auf Wustrau begonnen,
schon Anfang der fünfziger Jahre, nach testamentli-
cher Verfügung, an das Ruppiner Gymnasium über-
gegangen war. Die Verhältnisse gestatteten nicht
gleich eine paßliche Aufstellung. Erst bei Gelegenheit
der fünfhundertjährigen Jubelfeier ermöglichte sich
dies, und zwar in der Aula des Gymnasiums. Dem
Stifter zu Ehren erhielt das Ganze den mehrerwähn-
ten Namen: Zieten-Museum . Ebendieses, inzwischen durch mannigfache Schenkungen bereichert, gliedert
sich jetzt in drei Abteilungen, in: 1. eine Bildergale-
rie, 2. ein ethnographisches und Naturaliencabinet
und 3. eine Kollektion vaterländischer Altertümer.
Über die zweite Abteilung geh ich hinweg. Nur über 1
und 3 einige Worte.
Die Portraitgalerie umfaßt die Bildnisse berühmter Männer aus Stadt und Land Ruppin, und zwar: des
alten Zieten (Geschenk des Grafen von Zieten-
Schwerin auf Wustrau), des Feldmarschalls von dem
Knesebeck (Geschenk seines Sohnes, des Majors von
dem Knesebeck auf Karwe), des Generallieutenants
von Günther (Geschenk der Familie Ebel), des Gene-
rals von Wahlen-Jürgaß (Geschenk seines Großnef-
fen, des Herrn Adalbert von Rohr) und endlich des
berühmtesten Sohnes der Stadt, Karl Friedrich
Schinkels.
Die drei ersten, Zieten, Knesebeck, Günther, sind
Brustbilder in Öl, lebensgroß; Wahlen-Jürgaß eine
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höchst vorzüglich in Blei und schwarzer Tusche aus-
geführte Zeichnung; Schinkel ist Büste. Bei jeder
Versammlung in der Aula sieht sich der Schüler von
den Bildnissen derer umgeben, denen er nacheifern soll in Treue und Mut, in Wahrheit und Schönheit.
Daß diese Vorbilder nicht bloß Vorbilder überhaupt,
sondern zugleich auch speziellste Heimatsgenossen
sind, steigert den Sporn, den sie geben, und dadurch
ihren Wert und ihre Bedeutung.1)
Die Sammlung vaterländischer Altertümer , in
Schränken und Glaskästen aufbewahrt, umfaßt etwa
200 Nummern, wovon 100 auf das Stein- und 100
andere auf das Bronzezeitalter kommen.
Was die erstere Hälfte, also die dem Steinzeitalter zugehörigen Gegenstände angeht, so scheint mir die
Bedeutung derselben nur eine durchschnittliche zu
sein. Eine Ausnahme machen wohl nur diejenigen
Nummern – sechs an der Zahl –, die unfertig geblie-
bene Waffen und Geräte, sämtlich aus Feuerstein, aufweisen. Irgendeine Störung hinderte den Werkmeister an der Vollendung dieser Dinge, die nun insoweit zu den allerinteressantesten Funden zählen,
als sie uns in die Technik einweihen, die vor anderthalb Jahrtausenden oder länger geübt wurde.
Die 100 Nummern aus dem Bronzezeitalter enthal-
ten, außer Dutzenden von Framen und Paalstäben,
von Harpunen und Lanzenspitzen, einige Unika oder
fast Unika, von denen zwei ein besonderes Interesse
der Forscher in Anspruch genommen haben: 1. der
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sogenannte » Kommandostab « und 2. der dreirädrige Thors - oder Odins- Wagen .
Der »Kommandostab« – den ich
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