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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Ackerland. Oder wie es in dem Chamissoschen Liede heißt: »Der Pflug geht drüber hin.« Nach langem Suchen entdecken wir endlich eine Furche, die uns in gerader Linie, wenn auch von schräg liegenden Halmen völlig verdeckt, dem Denkmal entgegenführt. Wir stehen nun vor einem Sand- und Lehmhügel von der Form eines Backofens, auf dem sich das Monument erhebt. Der Aufgang ist steil, und man kann deutlich erkennen, daß die früher sich allmählich abflachenden Wände von dem Bauer, dem jetzt das Feld gehört, ab- und niedergepflügt wurden, um dadurch ein paar Quadratruten Ackerland zu gewinnen. Bauernegoismus ist sicherlich das einzige Motiv gewesen, aber der Egoismus ist hier zum Segen ausgeschlagen, und der Hügel mit seinen jetzt steil abfallenden Wänden, hier und dort von Liguster und Distelbüschen überwachsen, nimmt sich vortrefflich aus als Postament für das auf seiner Höhe errichtete Denkmal. Dieses ist einfachster Art. Es besteht aus drei Granitstufen, auf deren oberster sich ein Oblong, ebenfalls aus Granit, erhebt. Das Ganze ein etwa mannshoher, höchst schlichter Steinbau, der früher an einer seiner Fronten eine Inschrift trug. Man liest noch jetzt: »Hier stand Friedrich... M.D.C.C.L.VIII.« Alles andere ist verlöscht.
    Das Monument ist schlicht genug. Aber der Blick über das Schlachtfeld hin, das jetzt schattenhaft-grau vor der dahinter gelagerten Abendröte liegt, ist entzückend. Der Abend schickt einen Luftzug; ein leises Rauschen und Knistern ist in den Halmen; die Lerchen sind eben still geworden, und nur von rechts und links her rufen die Unken über das Feld hin. Die hausen noch im Zaber- und Galgengrund, wenn auch freilich nicht mehr wie sonst. Denn die beiden Gründe haben längst aufgehört eigentliche Wasserrinnen zu sein; die Kultur hat sie trockengelegt, und nur wo hier und da noch ein Restchen Sumpfwasser in der Vertiefung steht, halten sich ihre alten Bewohner.
    Noch einmal, es ist ein schlichtes Monument, das an dieser Stelle das Gedächtnis an den Tag von Zorndorf zu wahren trachtet. Aber es ist gut, daß es schlicht ist. Prächtige Monumente gehören in die Stadt, in das Bereich der Kunst. Zu Wald und Feld stimmen Denkmäler, die sich einreihen in den Hausrat der Natur. Übergang und Verschmelzung, nicht Gegensatz. Würfel und Obelisk werden auf Schlachtfeldern noch lange das beste bleiben.
    Mein Reisegefährte, zu dem ich in diesem Sinne gesprochen haben mochte, legte seine Hand auf meine Schulter und sagte lächelnd: »Sie haben recht. Dieser Stein weiß davon zu erzählen. Es schleicht sich nämlich etwas von höherer Kunstexistenz in sein Leben ein. Aber es waren keine glücklichen Tage.«
    Auf meine Bitte fuhr der Sprecher fort: »Gern erzähl ich davon. Es soll Ihnen nichts verschwiegen bleiben. Aber ändern wir zuvor unsere Front und nehmen wir auf den Stufen der Rückseite Platz, damit wir nach Bauer Mertens' Gehöft hinübersehen können. Denn das Gehöft und seine Insassen spielen mit.«
    Ich tat wie geboten.
    »Sie haben im Tamseler Parke sicherlich das Monument gesehen, das auf seiner Spitze die Rauchsche Viktoria trägt. Dies Monument hat Graf Hermann Schwerin errichten lassen, ein sehr liebenswürdiger und kunstsinniger Herr. Sie werden gleich sehen, warum ich mit ihm beginne.
    Es war um 1846, als ein benachbarter Freund bei dem Tamseler Grafen erschien und ihm von einem Küstriner Klempner erzählte, der in überpatriotischem Eifer auf die Idee gekommen war, den Alten Fritz in Weißblech zu treiben. Er hatte jahrelang seine Feierabendstunden darangesetzt. Nun stand der große König endlich fix und fertig da, sieben Fuß hoch und blank wie ein Zinnlöffel. Aber niemand wollt ihn haben. Der Graf, der nicht nur ein kunstsinniger, sondern vor allem auch ein sehr gütiger Herr war, überlegte sich's einen Augenblick, akzeptierte dann das angebotene Kunstwerk, zahlte den Preis und traf seine Dispositionen.
    Ein paar Tage später traf alles in Tamsel ein. Tamsel aber war nicht Bestimmungsort. Der Graf hatte bereits anderweitig darüber verfügt, freilich mit einer an Vorahnung grenzenden Besorgnis.
    Es war Anfang November, und zu mitternächtiger Stunde hielt ein Leiterwagen vor dem Schloß. Jetzt mußte sich's entscheiden. Die Statue wurde rasch aufgeladen, und ehe zehn Minuten um waren, setzte sich der Zug unter Begleitung von einem Mauerpolier und drei Gesellen in Bewegung. Andere Dienstleute folgten. Es ging still durch Schlucht und Wald, noch stiller durch

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