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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Zorndorf hin, an Mertens' Gehöft vorüber, bis der Wagen hier zu Füßen des Hügels hielt. Und nun rasch und ängstlich und mit fast gespenstischer Stille wurde der blecherne Fritz auf den Granitwürfel gestellt. Sie können noch sehen, wo der Mörtel gesessen hat. Dann in stiller Nacht, wie der Zug gekommen war, verschwand er auch wieder.
    Am andern Morgen trat Mertens' ältester Sohn in die Haustür, um nach dem Wetter zu sehen. Er sah auch zufällig nach dem Monument hinüber und bemerkte, daß eine menschliche Figur auf dem Steinwürfel stand. Er dacht aber nichts Arges dabei und ging in den Stall, um die Pferde zu futtern. Als er nach einer Stunde wieder in die Haustür trat, wurd es ihm verwundersam, und er brummte vor sich hin: ›He steiht ümmer noch!‹ Und er weckte nun den Alten. Der kam und alles Hausgesinde mit ihm. Aber es blieb, wie es war. ›De snaksche Kerl steiht ümmer noch‹, wiederholte der Sohn. Und in der Tat, im Nebel des Novembermorgens, regungslos und rätselvoll, stand eine menschliche Figur auf dem Zorndorfer Schlachtenstein. Welche Hypothesen in jener Stunde geboren sein mögen, ist schwer zu sagen. Endlich, wie sich von selbst versteht, löste sich der Spuk.
    Die Mertensschen waren nun zufrieden, aber Graf Schwerin war es nicht. Sein künstlerisches Gewissen schlug ihm, und wenn anfangs das gute Herz über die ästhetischen Instinkte gesiegt hatte, so rächten sich diese jetzt und drangen ihrerseits auf Abhülfe. Der Graf, wenn er des Weges kam, ging an dem ›Alten Fritzen‹ vorüber wie an einer Schuld, welche Sühne verlangte.
    Und endlich fand er sie. Nachdem das Bildnis einen Winter lang allen Stürmen getrotzt und jegliches Blanke seiner Erscheinung längst eingebüßt hatte, erschienen die Vermummten wieder, und siehe da, nächtlicherweile, wie die Statue gekommen war, so verschwand sie wieder. Eine kurze, freudlose Existenz. Wie Leidtragende folgten der Mauerpolier und die Seinen und geleiteten die Figur nach Tamsel zurück. In einem der dortigen Kohlenkeller ist sie verschollen.«
     
    Völlige Dämmerung lagerte jetzt auf den Feldern, und war es nun die Kühle des Abends oder die Stelle, auf der wir standen, ein leises Frösteln überlief mich. Dann sprangen wir über die Ligusterwand hinweg in die hohen Halme hinein, und Arm und Brust vorschiebend, schwammen wir durch das Kornfeld hindurch. Wir hörten nichts als ein Rauschen und Knistern, selbst im Zabergrunde war es still geworden, und unser Gespräch belebte sich erst wieder, als der Wagen über die Landstraße hinrollte und in das Prusten unserer Pferde hinein Bauer Mertens uns seinen »guten Abend« bot. Es klang treuherzig genug, ahnungslos, daß er und sein Ältester eben die Helden oder doch die Mitspielenden in einer Geschichte gewesen waren.
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Unter Markgraf Hans
(1535–1571)
    Markgraf Hans war der zweite Sohn Joachims I. (Nestor) und der der Lehre Luthers eifrig zugetanen Elisabeth von Dänemark. Als Joachim starb, erfolgte jene Landesteilung, die dem älteren Bruder, Joachim II. (Hektor), die Kurmark, dem jüngeren, Johann, die Neumark und die lausitzischen Besitzungen zusicherte.
    Johann wurde den 3. August 1513 »zwischen drei und vier Uhr nachmittags« geboren. So genau diese Zeitbestimmung ist, so schwankend ist die Ortsangabe. Leuthinger sagt Angermünde, Angelus sagt Tangermünde, Hänfler sagt Peitz, Rentsch sagt Küstrin, und Kaspar Sagittarius stimmt dem letzteren bei. Es darf aber als jetzt feststehend angesehen werden, daß Markgraf Hans auf Schloß Tangermünde geboren wurde.
    Er war seiner Mutter Liebling, die sich denn auch eifrig beflissen zeigte, seiner Erziehung, allen gegenteiligen Bestrebungen zum Trotz, eine protestantische Richtung zu geben. Leuthinger erzählt, »daß sich der Prinz weggeschlichen habe, wenn er mit seinem Vater in die Messe gehen sollte«, und fügt hinzu, »daß er der Überfülle von Symbolen und Zeremonien in der katholischen Kirche von Jugend auf abgeneigt gewesen sei«. In Sprachen und Wissenschaften, besonders in der Mathematik, empfing er einen vorzüglichen Unterricht und erwies sich früh als ein Erbe der väterlichen Wohlredenheit. Um ihn für seinen fürstlichen Beruf vorzubereiten, nahm ihn der Vater bei sich darbietenden Gelegenheiten mit außer Landes. 1521 war er mit in Worms, 1528 in Grimmen (bei Beilegung eines Streites mit dem Pommernherzoge), 1530 in Augsburg. Wenigstens nach Ansicht einiger. Eine gleiche Sorgfalt wurde seiner

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