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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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energisch nach, daß es ihn unter Umständen nicht kümmerte, mit seinen sonstigen Rechtsanschauungen in den sichtlichsten Widerspruch zu geraten. Auch darin ganz wie Friedrich Wilhelm I., der kein furchtbareres Verbrechen kannte als Desertion und dennoch seine Werber beständig anhielt, in fremden Ländern dazu zu verführen. Alles nur um seiner dominierenden Leidenschaft, der Leidenschaft für große Soldaten, ein Genüge zu tun. Markgraf Hans, in sehr ähnlicher Weise, verpflichtete sich, wenn auch unter gewissen Reservationen, gegen ein Jahrgehalt von 5000 Talern in Philipps II. und des katholischen Spaniens Dienste zu treten. Seine dominierende Leidenschaft: der Hang nach dem Gelde , war eben stärker als sein Protestantismus.
    Am häßlichsten erwies sich diese seine Leidenschaft in seinem Verhältnisse zum Johanniterorden, weil sie sich in diesem speziellen Falle bis zu Rachsucht und Grausamkeit steigerte. Es ist unerläßlich, bei diesen Vorgängen, deren Opfer der Herrenmeister Franz Neumann und sein Anhang war, einen Augenblick zu verweilen.
    Franz Neumann war Ende des fünfzehnten Jahrhunderts zu Sagan in Schlesien geboren. Er kam nach Krossen, wurde Rektor daselbst und wußte, bei Gelegenheit eines festlichen Redeakts, den Markgrafen durch glänzende Beredsamkeit derartig hinzureißen, daß er ihn nicht nur zu seinem Küstriner Rat und Kanzler ernannte, sondern auch seine Wahl und Ernennung zum Herrenmeister des hochadeligen Johanniterordens durchsetzte. Eine hohe Stellung, die nie vorher von einem Bürgerlichen bekleidet worden war. Und so läßt sich denn mit einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit annehmen, daß all dies nur auf bestimmte Versprechungen hin erfolgte, die zu halten der kaum ernannte Herrenmeister sofort ein Widerstreben zeigte. Die Herausgabe von Ordensländereien, vielleicht auch viel anderes noch, unterblieb und führte schließlich, bei fortgesetzter Weigerung, zu einer allerheftigsten Erzürnung des Markgrafen. Er begann, dem Herrenmeister – in dem er vielleicht eine bloße Kreatur, gewiß einen durch Amts- und Lehnseid an sich geketteten Diener sah – nach Freiheit und Leben zu trachten, und ließ ihn bei sich bald darbietender Gelegenheit durch einige seiner Mannschaften aufheben und auf das Sonnenburger Schloß bringen. Hier gedachte er ihn seine Rache fühlen zu lassen. Als es aber dem kaum gefänglich Eingebrachten glückte, seine Flucht zu bewerkstelligen, richtete sich des Markgrafen Zorn gegen alle diejenigen, die sich zwischen ihn und den angeblich Schuldigen gestellt hatten. Zunächst gegen den Sonnenburger Schloßhauptmann von Winning. Dieser wurde angeklagt, die Flucht begünstigt zu haben, und als von Winning leugnete, ward er auf die Folter gelegt, an deren Folgen er starb. Aber des erzürnten Markgrafen Rachegelüst ging weiter, und als ihm bald darauf die Meldung kam, daß Christoph von Döberitz, ein Schwiegersohn Franz Neumanns, harte Worte gegen ihn gebraucht habe, ließ er demselben den Prozeß machen und ihn hinrichten. Dies das Tatsächliche. Zeitgenössische Geschichtschreiber haben auch hier die Handlungsweise des Markgrafen erklären beziehungsweise entschuldigen wollen, einige, weil der Wortbruch seines ehemaligen Kanzlers und Günstlings, andere, weil die landesverräterischen Umtriebe desselben (Auslieferung von Ordensbesitz an den Kaiser) ihn aufs äußerste gereizt hätten, aber was immer auch die Schuld Franz Neumanns selbst, eines mutmaßlich zweideutigen Mannes, gewesen sein möge, die Tortur des von Winning und die Hinrichtung des von Döberitz werden schwerlich jemals gerechtfertigt werden können. Der Groll, sich in seinen Plänen gehemmt, in seinen Interessen geschädigt zu sehen, trübte sein Urteil und riß ihn zu jähzornigen Entscheidungen fort.
    All dieser seiner Fehler unerachtet war der Markgraf ein bedeutender Fürst und ein Mann voll mutiger Überzeugung, wovon er, vor eine letzte Entscheidung gestellt, ein vollgültiges und ihm zu ewigem Ruhme gereichendes Zeugnis ablegte. Das war 1548 in Augsburg, als auf dem Reichstage daselbst die für Katholiken und Protestanten bestimmte Vereinigungsformel: das »Augsburger Interim«, zur Vorlage kam. Keinem gefiel die Vorlage. Aber der Kaiser bestand auf ihrer Annahme, und die besiegten protestantischen Fürsten schwiegen und – unterschrieben. Nicht so Markgraf Hans. Er las das Schriftstück; dann erhob er sich und erklärte vor Kaiser und Reich, »daß er dies verführerische

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