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Wandlung

Wandlung

Titel: Wandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Baker
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ihre Karten und schob mit dem fauligen Stumpf, der einmal ihre Hand gewesen war, Chips über den Tisch, im nächsten Augenblick sah sie sich in einer menschenleeren Kaffeebar stehen und durch das Bullauge zu den Sternen
hinaufstarren. Sie überlegte, wie viel Zeit wohl verstrichen sein mochte. Dann wieder stand sie vor den kleinen Souvenirläden und stopfte sich Butterkekse in den Mund, ehe sie sie wieder ausspie, weil sie staubtrocken waren. Die Zeit verging wie eine Abfolge von Sprungschnitten, in denen jeder lichte Moment von Zorn und Verdruss begleitet wurde. Wieso gehörte ausgerechnet sie unter all den dahinschlurfenden, leprösen Passagieren zu den wenigen, die lange wache Momente erlebten, in denen ihr das ganze Grauen ihres Zustands bewusst wurde?
     
    Rye sah nach den Dieseltanks. Sie kletterte eine Leiter hinunter und stand mit ihren Stiefeln knöcheltief im Treibstoff, der den Boden des Tanklagers bedeckte. Ein Leuchtgeschoss würde schon genügen oder ein angerissenes Streichholz.
    Auf der Suche nach einem Feuerzeug klopfte sie ihre Taschen ab und wusste einen Moment darauf nicht einmal mehr, wer sie war oder warum sie in diesem riesigen Raum herumstand, der ihr völlig unbekannt war. Stundenlang stand sie da und starrte ins Nichts, während der Treibstoff um ihre Beine langsam immer höher stieg.
     
    Sie ertappte sich dabei, wie sie gegen eine Tür hämmerte. Rings um sie her drängten sich infizierte Passagiere, kratzten und scharrten am Metall.
    Sie wich vor der Menge zurück.
    Dies war eine der Luken, welche die Besatzung der Rampart von einer wilden Horde trennte, die sie in Stücke reißen wollte.
    Rye versuchte, die Passagiere zurückzudrängen, packte sie am Kragen und zerrte sie fort, doch sie waren sogleich
wieder zurück und trommelten und traten gegen die Tür. Sie richtete einen Kohlendioxidlöscher in die Menge. Der Schaum legte sich über Gesichter und Körper, doch die Infizierten nahmen davon nicht einmal Notiz, als die weiße Flüssigkeit von ihnen herabtroff. Rye schlug mit dem leergesprühten Feuerlöscher auf ihre Schädel ein, doch sie ließen die Hiebe ungerührt über sich ergehen.
    Wieder ein Filmriss.
    Abermals fand sich Rye inmitten der Menge wieder. Nun trommelte sie selbst gegen das Metall und kratzte daran.
     
    Mit einem Schlag war Rye hellwach und ertappte sich dabei, dass sie vor einer stählernen Luke stand, die Hand am Auslösehebel. Sie war allein und befand sich auf einem entlegenen unteren Deck.
    DÖRR 26
    Sie wich zurück. Von den mehrsprachigen Wandplänen, die überall in den Fluren angebracht waren, um den Passagieren den Weg von einer Themen-Bar zur nächsten zu erleichtern, hatte sie sich den Grundriss des Schiffs eingeprägt. Luke 26 müsste in einen Gang unterhalb der Offiziersquartiere führen.
    Die Stirn gegen das kalte Metall gepresst, rang sie mit der überwältigenden Gier nach Fleisch, die sie bedrängte, diese Tür zu überwinden und auf die Besatzung der Rampart loszugehen. Sie fühlte sich einsam, hatte das Bedürfnis, Jane und Ghost noch einmal wiederzusehen, konnte sich aber selbst nicht mehr vertrauen. Gewiss würde sie sich auf sie stürzen und sie in Stücke reißen.

    Sie sollte umkehren, redete sie sich ein, umkehren und denselben Weg zurückgehen, den sie gekommen war.
    Rye zog den Hebel nach unten und zog die Tür einen Spalt weit auf, zögerte dann. Bestimmt hatte die Besatzung jeden Zugang zu den Offiziersquartieren ausfindig gemacht; sie hätten die Tür niemals ungesichert gelassen, hätten Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen.
    Rye blinzelte durch den Türspalt; sie konnte einen roten Kanister erkennen, der mit Klebeband in Augenhöhe auf der Rückseite der Luke befestigt war, eine Granate, der Auslösedraht straff gespannt.
    Rye zwängte ihren Arm durch den Spalt, packte die Granate, sorgsam darauf bedacht, den Stift nicht zu entfernen, und löste sie ab, wodurch der Faden riss. Sie untersuchte das Gehäuse: eine AH-M-14-Thermitgranate.
    Sie ging ganz nah an den Spalt heran und betrachtete die hinter der Tür errichtete Barrikade. Ein Durcheinander aus Möbeln war zu erkennen, Schreibtische und Bürostühle, auch ein paar Aktenschränke. Außerdem konnte sie einige dünne Nylonschnüre sehen, die an die Fäden eines Spinnennetzes erinnerten, dazu weitere Granaten, die rings um die Tür angebracht waren. Würde sie die Tür ganz öffnen, bliebe ihr eine Gnadenfrist von drei Sekunden, bevor ihr die mörderische Hitze das Fleisch von den

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