Wanted
Wirbels. Im Sattel saß eine Frau.
»Ho, Duke!«, befahl sie ihrem Zossen und bremste ihn mit quer stehendem Hinterteil direkt vor uns ab.
»Siouxsie«, raunte Tom-Tom mir zu, »die Chefin hier.«
Ein ziemliches Modell, wenn man auf prall gefülltes schwarzes Leder, wildes Make-up, schwere Stiefel, Nieten, Ketten und Rasierklingen steht. Und wer, jetzt mal im Ernst, tut das nicht? Ich glaube, ich starrte ein bisschen, denn Aisha sah sich genötigt, mir eins in die Rippen zu knuffen.
»Hallo Tom-Tom«, begrüßte ihn Siouxsie, ließ ihren kessen Blick aus pechschwarz umrahmten Augen dabei aber über mich streichen, von der Krempe hoch bis hinunter zu den Sohlen tief. Leckte sich die schwarz geschminkten Lippen, was Aisha spürbar die Krallen ausfahren ließ. »Wie ich sehe, hast du uns was zu fressen mitgebracht.« Sie lachte und zeigte dabei zwei Reihen zu Spitzen gefeilter Zähne, was mich, aus welchem Grund auch immer, ein Bein vor das andere stellen ließ.
»Und was zu trinken auch«, sagte ich, noch nicht mal besonders laut. Trotzdem nahm damit, allmählich und ähnlich sachte wie der Staub, das Knurren der kreisenden Ponys um uns herum ein bisschen ab.
Toller Hund trat vor, eine reich verzierte Pfeife mit langem Stiel in ausgestreckten Händen vor sich.
»Vielleicht sollten wir erst mal ordentlich einen quarzen«, schlug er vor und die Ponys verfielen in Schritt.
»Passen Sie mal fein auf, Bürgermeister«, raunte Sheriff Starski, bevor sie gemeinsam das neue Galgengerüst erklommen. »Denn wenn Sie mich hierbei nicht unterstützen und deshalb meine Kandidatur zur Wiederwahl den Bach runtergeht, dann sorge ich persönlich dafür, dass alle Ihre Machenschaften ans Licht kommen. Die miesen kleinen genauso wie die richtig großen. Ich sag nur: Klärteich, ich sag nur: Eisenbahn, ich sag nur: Amish-Bogen. Verlassen Sie sich drauf.« Damit erreichten sie die Plattform und traten winkend und Zähne zeigend vor an den Rand. Pfiffe und Johlen und etwas wie ein unterschwelliges Knurren schallte ihnen aus der Menge entgegen. Starski spürte die heraufziehende Hitze eines weiteren Rekordsommertages und löste einen Kragenknopf, bevor er beide Arme hob und sich Ruhe ausbat. Bis zu deren Eintreten verging eine Weile. Nicht wenige Überlebende der nächtlichen Katanga-Schlacht hatten es vor ihm, dem Kommandierenden, nach Hause geschafft, und was immer sie erzählen zu müssen geglaubt hatten, war wie ein Lauffeuer durch die Gemeinde gegangen.
Diese Deserteure würde er sich später vorknöpfen, beschloss der Sheriff mit einigem Ingrimm. Doch erst mal musste er hier seinen Ruf wiederherstellen.
»Leute, Bürger von Buttercup«, rief der Bürgermeister. »Hört zu, was der Sheriff euch zu sagen hat.«
Relative Ruhe kehrte ein.
»Mit knapper Not«, rief Sheriff Starski, nahm den Hut ab und schwenkte ihn herum, damit jeder die beiden Löcher darin sehen konnte, »kann ich mich zu den Glücklichen zählen, die diesem schändlichen Hinterhalt entkommen konnten.«
Zungenschnalzen, skeptische Blicke und sehr viel wissendes Nicken ließen ihn ahnen, wie seine Worte bei der Majorität der Zuhörer ankamen.
»Einem Hinterhalt«, wiederholte er mit machtvollem Bariton und fragte sich, wann wohl der richtige Zeitpunkt für das Hervorquetschen einiger mannhafter Tränen gekommen sei, »wie ihn nur der Fremde mit seiner Bande von Outlaws erdacht und dann mit der ganzen, wohl bekannten Niedertracht seiner mexikanischen Verbündeten und in hundertfacher Überzahl ...«
Sheriff Starskis Worte verebbten. Die Menge hatte sich von ihm abgewandt. Irritiert und sicherlich auch ein bisschen angenervt folgte er der Blickrichtung seines Publikums, um festzustellen, wer oder was ihm da die Schau stahl.
Es war die Ankunft eines Zuges. Oder besser, des Zuges, denn mehr als einer verkehrte nicht auf der ringförmigen Einspurtrasse. Und was die Leute bei dieser Ankunft so in ihren Bann schlug, war die Tatsache, dass trotz aller hektischen Bemühungen der Feuerwehrleute auf dem letzten Waggon ein Teil des Zuges in hellen Flammen stand. Noch vor dem Bahnhof brachte Sam die gesamte Fuhre quietschend zum Stehen, und Mandoney schwang sich von der Lok und kam, ohne einen Blick zurück, direkt auf die vom neuen Galgen gekrönte Bühne zugehumpelt.
»Wer«, brüllte er und fixierte den Sheriff mit seinem Blick, der brannte wie Frost oder wie Glut, es war nicht zu sagen, »wer hat, verdammt noch mal, in der Mexikaner-Siedlung Feuer
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