War against people
auch
fortsetzen wird, solange ihr niemand Einhalt gebietet.
Ausländische Mächte, die das tun könnten, gibt es nicht mehr, aber ihr Einfluß war ohnehin
nie besonders groß. Der einzige Druck, der etwas bewirken kann, muß nach wie vor von
innen, aus den Vereinigten Staaten selbst kommen. Zwei Drittel der Bevölkerung sind, auch
ohne daß eine öffentliche Diskussion stattgefunden hätte, gegen das Embargo. Stellen wir
uns vor, die Probleme würden einer ernsthaften und ehrlichen Erörterung unterzogen
daraus ergäben sich enorme Möglichkeiten, den notwendigen Druck auf unsere Regierung
auszuüben.
IV. Jubeljahr 2000
Die Forderung nach einem allgemeinen Schuldenerlaß für alle Schuldnerländer im Jahr 2000
verdient Unterstützung, bedarf aber einiger Modifikationen. Die Schulden lösen sich ja nicht
in Luft auf. Irgend jemand muß sie bezahlen, und die Geschichte bestätigt für gewöhnlich,
was ein kritischer Blick auf die Machtstruktur bereits ahnen läßt: Im System mit dem
trügerischen Namen »freie Marktwirtschaft« werden Risiken, wie Kosten allgemein, der
Gemeinschaft aufgebürdet.
Ein komplementärer Ansatz könnte die altmodische kapitalistische Idee wiederbeleben,
derzufolge derjenige, der Geld leiht, für die Rückzahlung verantwortlich ist, während der
Verleihende das Risiko trägt. Das Geld wurde nicht von Campesinos, Fabrikarbeitern oder
Slumbewohnern geliehen. Die Bevölkerungsmehrheit hatte wenig von den Anleihen, sondern
vielmehr oftmals unter den Folgen zu leiden. Aber der herrschenden Ideologie gemäß muß
sie die Last der Rückzahlung tragen, während die Risiken durch Stützungskäufe des
Weltwährungsfonds (die an Kreditgeber und Investoren, nicht an die Länder gehen) und andere
Maßnahmen auf die Steuerzahler im Westen übertragen werden. Kürzlich vergebene
Stützungskredite des IWF halten sich an diese Norm, weil »private Kreditoren die IWF-
Gelder in die eigene Tasche steckten, während die Schuldnerländer die Schulden der
Privatwirtschaft im Endeffekt nationalisiert haben«.1Durch solche Maßnahmen werden die Banken, die faule Kredite gewähren, ebenso geschützt wie die Eliten in Wirtschaft und Militär,
die sich selbst bereicherten, während sie den Reichtum außer Landes schafften und die
Ressourcen ihres Heimatlandes in Privatbesitz nahmen. Die Schuldenkrise ist eine »Krise«
für die Armen, die, zum Zweck leichterer Rückzahlung, harten strukturellen
Anpassungsprogrammen unterworfen werden, deren Kosten den unteren
Gesellschaftsschichten aufgebürdet werden, und sie ist eine, wenngleich geringere, Krise
für die Steuerzahler der westlichen Länder, die für hochverzinsliche und daher riskante
Anleihen aufkommen müssen, wenn die Rückzahlung ausbleibt. Aber für die Reichen und
Privilegierten sind diese Arrangements wie geschaffen.
Die Schulden der lateinamerikanischen Länder, die seit 1982 schwindelerregende Höhen
erreicht haben, hätten drastisch reduziert - in manchen Fällen sogar ganz abgebaut - werden
können, wenn dazu das Fluchtkapital verwendet worden wäre, obwohl der Umfang dieser
geheimen und oftmals illegalen Transaktionen nur schwer bezifferbar ist. Karin Lissakers,
der gegenwärtigen Geschäftsführerin des IWF zufolge, »räumen Bankiers ein, daß es keine
[Schuldenkrise] gäbe, wenn das Fluchtkapital - das Geld, das die Bürger von Schuldnerländern
im Ausland investieren oder anlegen für Schuldenrückzahlungen zur Verfügung stünde«,
wobei »dieselben Bankiers nachdrücklich zur Anlage der Gelder im Ausland raten«. Die
Weltbank schätzte, daß in Venezuela 1987 das Fluchtkapital die Auslandsschulden um etwa
40 Prozent übertraf, während Business Week davon ausging, daß 1980-82 in acht führenden
Schuldnerländern die Höhe des Fluchtkapitals 70 Prozent der Auslandsschulden erreichte.2
Solche Relationen deuten auf einen unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch hin, wie
es auch 1994 in Mexiko der Fall war. Das vom IWF 1998 für Indonesien geschnürte
»Rettungspaket« war fast so umfangreich wie der geschätzte Reichtum der Familie Suharto.
Ein indonesischer Wirtschaftswissenschaftler schätzte, daß 95 Prozent der Auslandsschulden
von etwa 80 Milliarden $ zu Lasten von 50 Einzelpersonen gehen, während die übrigen 200
Millionen die Kosten tragen. In den Augen des Asienexperten Richard Robison ist Indonesien
»ein stalinistischer Staat auf den Fundamenten von Dodge City«. 3
Die Schulden der
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