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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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schmalen braunen Augen verrieten nichts. Ich zögerte, lächelte dann.
    »Warum nicht, gerne.«
    »Gut, dann komme ich so gegen acht vorbei.«
    »Einverstanden, um acht Uhr.«
    »Gute Nacht, Hattie.«
    Er trat einen Schritt auf mich zu, ich dachte, um mich auf die Wange zu küssen, aber stattdessen streckte er die Hand aus, rückte ernst den Kragen meines dünnen Leinenhemdes zurecht und drehte ihn richtig nach außen.
    Warum erschütterte mich diese kleine Geste so?
    Kurz darauf war er verschwunden – in der Menge, den vielen Touristen, der windstillen, dunklen Nacht.
    Ich stieg die Treppen in den zweiten Stock empor und schloss die Tür zu meinem Zimmer auf, wo ich zuallererst zum Fenster ging und es aufriss. Ich wollte mehr von dieser Nachtluft und dem geschäftigen Lärm in meinem stillen, stickigen Zimmer haben. Als Zweites wandte ich mich um, ging zum Badezimmer hinüber und warf einen Blick in den Spiegel. In dem grellen Licht der Deckenlampe wirkten meine Wangen gerötet, meine Augen glänzten. Das konnte am Wein liegen.

17
    D as Wetter für den Markt blieb gut, und so konnte ich am folgenden Morgen auf der Terrasse des Hotels frühstücken. Die lag leicht erhöht an dem wuseligen Platz, ein hervorragender Aussichtspunkt, wie ich schon von früher her wusste, und ich hatte den perfekten Tisch. Während ich mein Croissant in eine Schale mit Café au lait tunkte, sah ich zu, wie sich unter dem hellblauen Himmel die Tapeziertische, die ein gigantisches Hufeisen auf dem Kopfsteinpflaster bildeten, mehr und mehr füllten, wie die Schätze aus den Kofferräumen alter Citroëns und Lieferwagen geladen wurden. An dem Stand, der mir am nächsten war, schwankte ein alter Mann im Blaumann unter der Last eines riesigen, reich geschnitzten Spiegels, der drohte, ihn unter sich zu begraben. Das Glas war blind und fleckig, aber der Spiegel war offensichtlich original und eine nähere Inspektion wert, wie ich beschloss, als der Mann ihn zitternd absetzte. Als Nächstes tauchten ein paar schreckliche alte Teppiche aus seiner motorisierten Schatzhöhle auf, die anscheinend in erster Linie für seinen Mischlingshund gedacht waren, der sich sogleich darauf zum Schlafen zusammenrollte. Aber dann kam eine gar nicht so schlechte Wanduhr mit einem dekorativen Chinoiserie-Ziffernblatt zum Vorschein. Ich nahm mir vor, zuerst zu ihm zu gehen. Doch ich merkte schon, dass ich nicht ganz bei der Sache war.

    Um fünf vor neun standen alle in den Startlöchern. Ich leerte meinen Kaffee und ging hinüber. Die nächsten paar Stunden verbrachte ich auf altvertraute Art und Weise: Ich eilte von Stand zu Stand, stritt, handelte, zeigte Überraschung und Entsetzen angesichts der Preise, wandte mich ab, während hinter meinem Rücken ungläubig die Arme in die Höhe gerissen wurden, drehte mich wieder um, handelte weiter und ergatterte schließlich ein paar wirklich schöne Dinge. Zu meinen Funden gehörten: ein Gondelbett aus dem 17. Jahrhundert, ein schmiedeeiserner Klappstuhl und entzückende Leinen-Bettwäsche mit Monogramm. Aber trotz aller Freude, sie zu moderaten Preisen erstanden zu haben, merkte ich doch, dass meine Gedanken vornehmlich um den bevorstehenden Abend kreisten. Abendessen mit einem alten Freund: ein lange überfälliges Wiedersehen. Was konnte es Netteres geben? Aber warum zerbrach ich mir dann jetzt schon den Kopf, was ich anziehen sollte? Wie vornehm das Restaurant wohl sein würde – ich hatte nur Jeans oder meinen Jeansrock dabei. Ob ich wohl genügend Zeit hatte, rasch nach Aix zu fahren, um mir einen Rock zu kaufen? Wie er sich wohl kleiden würde? Und überhaupt fühlte ich mich wie ein junges Mädchen vor dem ersten Date.
    Reiß dich zusammen, ermahnte ich mich selbst, als ich später aus dem Bad stieg und mir die Haare mit einem Handtuch abtrocknete. Da meine Haare kurz waren, brauchte ich ihn eigentlich nicht mehr, aber dennoch wünschte ich nun, ich hätte einen Föhn mitgenommen. Ich hatte bereits mein Zimmer durchsucht, aber vergeblich – es war ja eigentlich gar kein richtiges Hotel, eher eine Bar mit ein paar Zimmern – und ich überlegte, ob ich wohl schnell hinunterlaufen und Madame darum bitten konnte. Sei nicht albern, das ist doch nicht nötig, rief
ich mich selbst zur Ordnung. Dennoch kämmte ich meinen Pony mit besonderer Sorgfalt, der glücklicherweise, ganz wie er sollte, kerzengerade bis zu meinen Augen herunterhing.
    Ob Hal wohl fand, dass ich mich sehr verändert hatte, überlegte ich, während

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