War da noch was - Roman
klammheimlich wieder gerade. Wenn ihm selbst seine Bemühungen nicht unangenehm waren, warum dann mir?
»Was eben so geht«, gab ich wahrheitsgemäß zur Antwort und wünschte gleich, ich hätte es nicht getan, sondern wäre seiner Frage ausgewichen. »Das sieht ja köstlich aus«, sagte ich rasch und steckte mir eine Olive in den Mund. »Hast du das gemacht?«
»Um Himmels willen, nein.« Er lachte. »Was das Kochen anbetrifft, habe ich zwei linke Hände. Ich habe eine Haushälterin – sie hat es für mich vorbereitet. Es gibt auch noch kalte Entenbrust.«
Fragen stürmten auf mich ein. Ist die Haushälterin auch hier, wenn Céline da ist? Kocht ihr beide nicht? Seid ihr so erfolgreich, dass ihr das gar nicht braucht, oder schickt ihr die Haushälterin weg, wenn Céline da ist, und dann krempelt sie ihre Dior-Ärmel hoch und macht perfekte Profiteroles ? Es schien noch zu indiskret, das zu fragen, und sowieso waren wir noch bei meinem Leben, das von Sekunde zu Sekunde weiter in sich zusammensackte, mit jedem perfekten Glas, das ich in die Hand nahm, wo immer ich mich hinwandte, um weitere Blicke in perfekte Räume zu erhaschen.
»Ist es so ähnlich wie das, was man in Zeitschriften sieht?«
»Ein bisschen«, zögerte ich. »Aber Zeitschriftenberichte sind eher selten. Country Living hat vor einer Weile mal einen Artikel über uns gebracht.«
»Die kenne ich nicht. Céline lässt sich so eine Zeitschrift namens Interiors aus England kommen.«
Ja, das passte. »Ach ja, natürlich in Interiors waren wir auch schon«, konnte ich nicht widerstehen anzumerken.
»Echt?« Er wirkte interessiert. »Das ist doch ziemlich hochgestochen, oder?«
»Ziemlich«, gab ich zu. »Und es frisst auch ganz schön viel Zeit, deswegen sagen wir nicht immer ja.« Jetzt war ich schon so weit, dass ich Interiors ablehnte?
»Aber manchmal macht ihr es.«
»Na ja, Publicity ist immer gut fürs Geschäft. Auch wenn wir das mittlerweile gar nicht mehr nötig haben; unser Ruf eilt uns schon voraus.«
Ich war ziemlich zufrieden mit dem, was mir da aus dem Mund geflogen kam. Und schließlich hatte ich ja nicht behauptet, dass es ein besonders guter Ruf war, oder? Er würde ja nicht erfahren, dass Maggie und ich nicht nur einen, sondern zwei kleine Streitigkeiten vor Gericht hatten: einen mit einer Frau, der nicht klar gewesen war, dass die Putten auf ihren Toile-de-Jouy-Vorhängen nackt herumtollen würden, was in ihren Augen pornografisch war, und einen weiteren mit einer Kundin, die sich beklagte, dass ihre Küchenschränke, die wir, während sie sich in Marbella sonnte, für sie im Shabby-Look gestrichen hatten, ihr nun allzu shabby aussahen. Ja geradezu schäbig.
»Welche Ausgabe?«
»Bitte?«
»Welches Heft von Interiors habt ihr gemacht?«
»Ach, das ist lange her. Letzten Winter«, sagte ich rasch, da ich ahnte, dass eine aktuelle Ausgabe auf irgendeinem dieser eleganten Sofatische herumliegen könnte.
»Januar? Februar?« Er war jetzt aufgestanden und ging nach drinnen zu einem richtigen Stapel unter einem Tisch, der aussah wie ein ganzer Jahrgang. Ich bekam einen trockenen Mund, als er sich davorkniete.
»Äh, ja. Aber ich glaube, es war noch ein Jahr vorher«, murmelte ich. »Es ist schon ewig her.«
»Ach so, na dann.«
Er ging ein Stückchen weiter zu einem anderen Stapel, weil die sorgfältige und ordentliche Céline natürlich, genau wie ich, all die kostbaren Hefte aus den Vorjahren aufbewahrte. Stumm vor Schrecken sah ich zu, wie er mit den Fingern die Rücken der Hefte entlangfuhr auf der Suche nach dem entsprechenden Monat. Es kam mir vor, als hätte ich meine Zunge verschluckt, sie schmeckte übel. Als er ein paar Hefte herauszog, fand ich meine Stimme wieder.
»Es war … American Interiors. «
Er wandte sich zu mir um, die Hefte in der Hand.
»Ja, die lieben nämlich diese französische Sichtweise, weißt du«, plapperte ich drauflos, »gerade weil sie so … amerikanisch sind. Und in London ist das alles wie gesagt schon ziemlich abgedroschen. Aber in den Staaten – mein Gott, die sind ganz verrückt nach uns.« Ich verdrehte die Augen und schauderte, so als würden die verrückten Amis in Scharen über Maggie und mich herfallen, sobald wir am JFK aus dem Flugzeug stiegen. Schwarz-weiß-Filme von den Beatles in ähnlich bedrängter Lage kamen mir in den Sinn.
»Seid ihr viel dort?«
Meine Stimme klang unnatürlich. »Sooft wir die Zeit erübrigen können. Aber es gibt natürlich jede Menge
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