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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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zu geben, eine arrogante Geste, deren beleidigende Art er noch dadurch unterstrichen habe, dass er ihr mitgeteilt hatte: »In Italien habe ich für so was einen Lader.« Mit anderen Worten, solche provinzlerischen Jagden war er nicht gewohnt. Kurz, er habe sie provoziert und trage daher ganz allein die Schuld. Das alles vorgetragen mit seinem starken italienischen Akzent vor der gesamten Stieffamilie, während bislang schon zwei Wörter eine besondere Leistung dargestellt hatten. Uns blieb der Mund vor Staunen offen stehen, aber Daisy wollte nichts von all dem gelten lassen.
    »Völliger Unsinn, es war absolut meine Schuld, das habe ich ihm schon eine Million Mal gesagt. Ich bin hier auf dem Land aufgewachsen und kenne mich mit Gewehren aus. Und ich weiß auf jeden Fall, dass es absolut verboten ist, an einer Waffe herumzufummeln, sie in die Erde zu stecken und …«
    »Du wusstest nicht, wie gefährlich es ist«, unterbrach er.
    »Okay, das wusste ich vielleicht nicht, aber Daddy hat immer schon gesagt, dass man eine Waffe mit dem allergrößten Respekt zu behandeln hat.«
    »Aber du selbst schießt ja nicht, so wie Biba.«
    »Das hat nichts damit zu tun. Wenn ich nur noch ein bisschen mehr Dreck da hineinbekommen hätte, wärst du jetzt tot.«
    »Und wenn deine Tante Eier hätte, wäre sie dein Onkel«, bemerkte Dad.

    »Was?«, fragte Daisy verwirrt, aber Luca grinste. Er hatte den Witz verstanden.
    »Wenn, wenn, wenn — Tatsache ist, dass ich immer noch hier bin, eh?« Er riss die Augen weit auf und streckte ihr die Brust entgegen. »Also chiudi il becco , wie man in Firenze sagt.«
    »Genau, halt die Klappe, Daisy«, stimmte Seffy ein, und Biba lachte.
    Der Rest des Mittagessens verlief in entspannter Atmosphäre, und als wir beim Kaffee angelangt waren, verzog sich der jüngere Teil der Gesellschaft samt Luca und Cassie ins Spielzimmer, um dort Tischtennis zu spielen oder fernzusehen.
    »Wirklich bemerkenswert«, rief Mum als Erste aus, nachdem sie verschwunden waren. »Er wirkt plötzlich viel zugänglicher. Fast könnte man meinen, der Schlag an den Kopf hätte ihm gut getan.«
    »Es liegt an Daisy«, sagte Hugh einfach. »Ich glaube, sie hat es irgendwie geschafft, zu ihm durchzudringen. Sie ist in den letzten Tagen nicht von seinem Bett gewichen und selbst wenn er eingeschlafen ist, hat sie weiter mit ihm geredet oder auch ein bisschen geweint. Es ist fast so, als wäre etwas in ihm aufgetaut.«
    Das stimmte. Selbst als Hugh und Laura abends nach Hause gefahren waren, hatte Daisy darauf bestanden, im Krankenhaus zu bleiben, wo sie eine Krankenschwester dazu überredete, sie in zwei zusammengeschobenen Stühlen übernachten zu lassen. Sie meinte, sie könne überall schlafen, hatte aber letztlich kein Auge zugemacht, sondern nur seine Hand gehalten, darauf gewartet, dass er aufwachte, und ihm Wasser geholt, wenn er welches brauchte. Und dabei hatten sie laut Hugh ununterbrochen miteinander geredet.

    »Ich habe mich zurückgezogen«, gestand er uns jetzt ein, »oder mich peinlich berührt hinter meiner Zeitung versteckt. Mir war das alles zu viel, zu schwer.«
    »Über was haben sie denn geredet?«, bohrte Mum nach.
    »Ach, ihr wisst schon. Daisy hat ihn alles gefragt, wie es für ihn war, so aufzuwachsen. Teil dieser Familie zu sein, und auch wieder nicht, falls ihr versteht, was ich meine.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Dass er ungeheuer eifersüchtig war. Sein ganzes Leben lang. Diese große, glückliche Idylle, zu der er nicht richtig gehörte, aber gehört hätte, wenn seine Eltern zusammengeblieben wären und mehr Kinder gehabt hätten. Er hat gesagt, er hätte Laura abgelehnt, weil sie so mütterlich war im Gegensatz zu Carla, dass er sie seine Ablehnung spüren ließ, indem er missgelaunt und schwierig war. Oh Gott, ihr ahnt ja gar nicht, was sie alles aus ihm herausbekommen hat.«
    Aber ich konnte es mir vorstellen. Ein offenes, warmherziges Mädchen, eine von zweien, die Laura wirklich gut hingekriegt hatte, wie Luca sehr richtig festgestellt hatte. Charlie genauso. Kinder entwickelten sich nicht von allein, sie wurden durch ihre Erziehung geformt. Und das war etwas, was Luca bei Carla und einer Reihe von Kindermädchen nie genossen hatte. Und er beneidete seine Halbgeschwister darum.
    »Als sie dann gesagt hat, sie wollte einen richtigen Bruder und nicht irgendeinen Typen, der von Zeit zu Zeit mal aus Italien auftauchte, habe ich mich ganz in mein Kreuzworträtsel vertieft, das kann ich euch

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