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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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ansatzlos in ihre nicht unbeachtliche Brust überging, stellte einen Teller mit saftigen Feigen und hauchdünnem Schinken vor mich hin, zusammen mit einem Korb voll knusprigen Brotes. Nichts davon hatte ich bestellt. Ich erklärte es ihr. Sie schenkte mir ein zahnloses Lächeln. » C’est normal. «
    Als die Kirchturmuhr neun schlug, flammten plötzlich Lichterketten in den Platanen auf, um zu verkünden, die Stadt sei nun en fête , und Girlanden flatterten im Wind. In diesem Augenblick spürte ich, wie etwas von mir abfiel und ich mich innerlich entspannte. Mein Kopf fühlte sich an, als hätten sich tausend Bienen darin eingenistet, und meine Zunge war wie gegerbt, dennoch wusste ich unter diesen glitzernden Lichtern, mit Seffy neben mir, während die provenzalische Sonne mit rosigem Glanz unterging, plötzlich, warum ich das hier machen wollte. Warum es das Richtige für mich war.
    Ich hatte nicht genug Geld für ein Hotel, deswegen gingen wir nach einem kleinen Spaziergang unten am
Fluss – er konnte inzwischen laufen, sein Patschhändchen in meiner Hand – zurück, um im Wagen zu schlafen. Ich streckte mich in einem Schlafsack auf der Ladefläche aus, während er im Aufsatz seines Kinderwagens neben mir lag. Ich schlief unruhig, da ich hier auf unserem Parkplatz gleich am Rande des Markplatzes jeden Augenblick damit rechnete, dass ein Gendarm ans Fenster klopfte und rief: » Alors! Fiche-moi le camp! « Glücklicherweise ließ man uns in Ruhe.
    Als wir aufwachten, schien die Sonne durch die Fenster des Transporters, und draußen herrschte ein milchig rosiges Dämmerlicht. Ich setzte mich auf und schob eines der Hemden beiseite, die ich als provisorischen Vorhang aufgehängt hatte. Die Verkäufer hatten bereits begonnen, ihre Tapeziertische unter den Platanen aufzubauen. Manche breiteten auch nur eine Decke auf dem Boden aus, auf der sie dann ihren Trödel stapelten, während andere den Kofferraum ihres alten Citroën benutzten, um ihre Waren auszustellen. Über all dem baumelte ein riesiges Banner zwischen den Bäumen mit der Aufschrift: » 23ème Fréjus Brocante« .
    Eine Stunde später war der Himmel stahlblau, und Seffy und ich gingen zu unserem Café zum Frühstücken. Dieselbe zahnlose Madame lächelte entzückt – nicht meinetwegen, wie mir klar wurde, während sie mit Seffys nackten Zehen spielte –, und die Bar füllte sich nach und nach. Alte Männer schlenderten herein, um sich ihren Pastis oder Café Cognac zu holen und ihre Leber auf Touren zu bringen, bevor ein neuer, harter Arbeitstag begann, manchmal auf dem Feld, aber noch häufiger beim Kartenspiel draußen auf dem Platz oder bei einer anstrengenden Partie Boule .
    Die Stände waren nun vollbeladen mit bedrohlich
schwankenden Stapeln von Büchern, Lampen, fleckigen Spiegeln, Kronleuchtern, Kerzenständern und Kommoden. Es schien, als wären ganze Familiengeschichten da auf einem Tisch zusammengetragen, während die allgegenwärtigen Louis-Quinze-Sessel mit zerschlissenen Seidenbezügen fast ein wenig peinlich berührt wirkten, hier im Freien und nicht in einem Salon herumzustehen. Als die Kirchturmuhr acht schlug, hob ich Seffy vorsichtig in seinen Kinderwagen. Nach einem großen Milchfläschchen, das Madame in der Mikrowelle aufgewärmt hatte, klappten seine Augen glücklicherweise so schnell zu wie die einer Schlafpuppe, und ich sauste zwischen den Ständen umher. Ich kaufte rasch, aber, wie ich hoffte, gewieft, und verließ mich auf mein Bauchgefühl.
    Recht zufrieden mit mir selbst, gönnte ich mir um elf Uhr eine Pause, eine Tasse Kaffee, die ich mir wirklich verdient hatte. Außerdem wollte ich Seffy füttern und mich danach noch weiter umsehen, um sicherzugehen, dass mir nichts entgangen war. Auf dem Weg zu unserem Café blieb ich bei einem Laden stehen, um eine englische Zeitung zu kaufen. Und da sah ich es:

AUSSENMINISTER BEI TERRORANSCHLAG GETÖTET
    Ich nahm die Zeitung vom Ständer, danach erinnere ich mich nur noch an ein heftiges Pochen, das Blut wich mir aus den Adern. Ich starrte das Foto an – ein zerstörter Linienbus. Ich las die ersten Zeilen. Dabei wurde mir nicht sofort klar, dass er tot war. Ich fühlte nur Angst und den verzweifelten Wunsch, die Angst möge aufhören. Wieder las ich seinen Namen: »Dominic Forbes, 36«. Ich fing an, heftig zu zittern. Meine Knie gaben nach, und plötzlich fand ich mich auf dem Boden sitzend wieder. Neben mir
fing ein Baby in einem Kinderwagen an zu weinen. Mein Baby. Aber ich

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