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Warm Bodies

Warm Bodies

Titel: Warm Bodies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Marion
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zwar laufen, reden und vielleicht mich verlieben kann, dass klettern aber noch weit über meinen Möglichkeiten liegt. Ich verliere den Halt und falle flach auf den Rücken. Julie presst sich die Hand vor den Mund, aber ein paar Lacher entwischen ihr dennoch.
    »Hey Cabernet!«, ruft Nora wieder. »Was ist los, redest du da mit jemandem?«
    Ich stehe auf und klopfe mir den Dreck ab. Ich sehe zu Julie hoch. Sie hat die Augenbrauen zusammengezogen und beißt sich auf die Lippe. »R«, sagt sie kläglich. »Du kannst nicht …«
    Die Balkontür schwingt auf und Nora erscheint. Ihre Locken sind nach all den Jahren noch so dick und wild wie in meinen Visionen. Ich habe sie nie stehend gesehen, und sie ist erstaunlich groß, mindestens fünfzehn Zentimeter größer als Julie, und ihre langen braunen Beine unter dem Tarnhemd sind nackt. Ich hatte angenommen, dass sie und Julie Klassenkameradinnen seien, aber jetzt merke ich, dass Nora ein paar Jahre älter ist, vielleicht so Mitte zwanzig.
    »Was machst du …«, fängt sie an, dann sieht sie mich und zieht die Augenbrauen hoch. »Ach du liebes bisschen. Ist er das?«
    Julie seufzt. »Nora, das ist R. R … Nora.«
    Nora starrt mich an, als wäre ich Bigfoot, der Yeti, vielleicht ein Einhorn. »Äh, nett, dich kennenzulernen, R.«
    »Ebenso«, erwidere ich. Nora hält sich die Hand vor den Mund, um ein entzücktes Quietschen zu unterdrücken. Sie sieht Julie an und dann wieder mich.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragt Julie Nora im Versuch, das Kichern zu ignorieren. »Er ist gerade hier aufgekreuzt. Ich versuche ihm klarzumachen, dass sie ihn umbringen werden.«
    »Also, zuallererst muss er erst mal hochkommen«, sagt Nora, sie starrt mich immer noch an.
    »Ins Haus? Bist du blöd?«
    »Komm schon, dein Dad wird mindestens noch zwei Tage weg sein. Im Haus ist es sicherer für ihn als auf der Straße.«
    Julie überlegt einen Moment. »Okay. Warte, R, ich komme runter.«
    Ich gehe zur Vorderseite des Hauses, baue mich in meinem Smokinghemd und meiner Krawatte vor der Tür auf und warte nervös. Sie macht auf und grinst schüchtern. Abschlussball am Ende der Welt.
    »Hi Julie«, sage ich, als hätte unser Gespräch eben gar nicht stattgefunden.
    Sie zögert, macht dann einen Schritt auf mich zu und umarmt mich. »Ich habe dich echt vermisst«, sagt sie in mein Hemd.
    »Ich … hab’s gehört.«
    Sie tritt zurück, um mich anzusehen. In ihren Augen glitzert etwas Wildes. »Hey R«, sagt sie. »Wenn ich dich geküsst hätte, wäre ich dann … also … verwandelt?«
    Meine Gedanken springen wie eine Platte, wenn die Erde bebt. Soweit ich weiß, kann nur ein Biss, der gewalttätige Austausch von Blut und Körperflüssigkeit, die Lebenden vor ihrem eigentlichen Tod zu den Toten bringen, das Unvermeidliche beschleunigend. Andererseits bin ich mir ziemlich sicher, dass Julies Frage niemals zuvor gestellt worden ist.
    »Glaube … nicht«, sage ich, »aber …«
    Am Ende der Straße blitzt ein Scheinwerfer auf. Die bellenden Kommandos zweier Wachen durchbrechen die Stille der Nacht.
    »Scheiße, die Streife«, flüstert Julie und zieht mich insHaus. »Wir sollten das Licht ausmachen, es ist Sperrstunde. Mach schon.«
    Sie läuft die Treppe hoch, und ich folge ihr, Erleichterung und Enttäuschung mischen sich in meiner Brust.
    Julies Zuhause wirkt seltsam unbewohnt. Die Wände in der Küche, dem Arbeitszimmer, den kleinen Korridoren und steilen Treppenaufgängen sind weiß und schmucklos. Die wenigen Möbel sind aus Plastik, und Ketten aus fluoreszierendem Licht scheinen grell auf einen fleckenfesten beigefarbenen Teppich. Hier sieht es aus wie im geräumten Büro einer insolventen Firma – leere, hallende Räume, in denen noch der Geruch der Verzweiflung hängt.
    Julie löscht im Gehen das Licht, verdunkelt das Haus, bis wir ihr Schlafzimmer erreicht haben. Sie schaltet die Glühbirne an der Decke aus und knipst eine Tiffany-Lampe neben ihrem Bett an. Ich trete ein, gehe langsam im Kreis und sauge Julies Welt gierig auf.
    Wenn ihre Seele ein Raum wäre, würde er so aussehen.
    Jede Wand hat eine andere Farbe. Eine rot, eine weiß, eine gelb, eine schwarz, und eine blaue Decke, von der Spielzeugflugzeuge hängen. Jede Wand scheint ein bestimmtes Thema zu haben. Die rote ist mit Kinokarten und Konzertpostern zugepflastert, alle sind sie im Lauf der Zeit vergilbt und gealtert. Die weiße Wand hängt voller Bilder, das fängt auf Bodenhöhe mit amateurhaften Acrylzeichnungen an und

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