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Warme Welten und Andere

Warme Welten und Andere

Titel: Warme Welten und Andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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jemals einen Gott mit leeren Händen gesehen? Ohne wenigstens einen magischen Gürtel oder ein achtbeiniges Pferd kannst du kein Gott sein. Aber in den alten Zeiten genügten einem Gott ein paar Steintafeln oder geflügelte Sandalen oder ein von Jungfrauen gezogener Wagen, genügten ihm fürs Leben. Das ist vorbei! Heute leben Götter von Neuheiten. Zu Delphis Zeit stülpt die Jagd nach neuer Götterausrüstung das Innerste von Erde und Meeren nach außen und krallt mit Wahnsinnsfingern nach den Sternen. Und was Götter haben, das begehren die Sterblichen.
    Also stürzt sich Delphi in eine Einkaufsorgie auf dem Euromarkt; begleitet von ihrem alten Infant, tut sie so das Ihre, den gesellschaftlichen Zusammenbruch hintanzuhalten.
    Gesellschaftlichen was? Du hast wohl nicht richtig zugehört, als Mr. Cantle von einer Welt sprach, in der Werbung verboten ist und fünfzehn Milliarden Verbraucher an ihren Holokam-Shows kleben? Ein einziger launischer, selbst-regierter Gott kann dich ruinieren.
    Nimm zum Beispiel das Nasenfiltermassaker. Jahre, die Industrie plagte sich Jahre, einen fast unsichtbaren enzymatischen Filter zu entwickeln. Dann kommen eines Tages ein paar Pop-Götter daher und tragen Nasenfilter wie große purpurrote Schmetterlingsflügel. Noch vor Ablauf der Woche schreit der Weltmarkt nach Purpurflügeln. Dann stieg die Mode um auf Vogelköpfe und Totenschädel, aber als sich die Industrie gerade darauf eingerichtet hatte, hatten die Verrückten Köpfe und Schädel fallengelassen und waren zu Injektionskugeln übergegangen. Blut!
    Multipliziere das mit einer Million Verbraucherindustrien, und du wirst einsehen, daß es ökonomisch ist, ein paar kontrollierbare Götter zu haben. Und so suchst du dir – oder vielmehr, sucht sich GTX – eine Kreatur wie P. Burke und gibst ihr Delphi. Und Delphi hilft, die Ordnung der Dinge zu bewahren, sie tut, was du ihr sagst. Warum? Ah, stimmt, den letzten Teil seiner Rede hat Mr. Cantle nie gehalten.
    Aber hier kommt der Test für Delphis süßes Stupsnäschen, der Test in der Sturmflut der Nachrichten und Unterhaltungsprogramme. Und man bemerkt sie. Der Feedback zeigt, daß eine ganze Reihe von Zuschauern ihre Lautsprecher aufdrehen, wenn dieses Baby vom Land sich in ihren neuen kolloidalen Körper-Juwelen verhaspelt. Sie erscheint auf mehreren wichtigen Schauplätzen, und als der Infant ihr einen Sonnenwagen schenkt, sind die Bilder von Delphi beim Ausprobieren des Sonnenwagens wahre Knüller. Deutliche positive Reaktion im Reich des Kredits. Mr. Cantle summt glücklich vor sich hin, während er einen Auftritt von Delphi im Benelux-Filialnetz absagt und sie als Gast in eine Nackt-Koch-Show, genannt Wok Venus, einschleust.
    Und jetzt zur piekfeinen Hochzeit im Stil des alten Europa! In der Hazienda gibt es Maurische Bäder, zwei Meter hohe Silberkandelaber und echte schwarze Pferde, und der Spanische Vatikan segnet die Ehe. Der Höhepunkt ist ein großer Gaucho-Ball, den der alte Prinz und seine kleine Infantin von einem Laubenbalkon aus verfolgen. Sie ist eine aufsehenerregende Puppe in silbernen Spitzen, die begeistert Spielzeugtauben auf ihre neuen Freunde herabschmeißt, die unten vorbei wirbeln.
    Der Infant strahlt, und seine alte Nase zuckt beim Geruch ihrer betörenden Süße. Sein Arzt hat sich sehr bemüht. Gewiß wird sie jetzt, nachdem er den Unsinn mit den Sonnenwagen und dem ganzen Kram so geduldig mitgemacht hat…
    Das Kind schaut auf zu ihm, sagt etwas Unverständliches über ›breath‹. Er begreift, daß sie über die drei Sänger klagt, um die sie gebeten hatte.
    »Wie die sich verändert haben!« staunt sie. »Haben sie sich nicht verändert? Sie wirken so trübselig. Und ich bin jetzt so glücklich!«
    Und Delphi bricht ohnmächtig an einem Pfeiler zusammen.
    Ihre amerikanische Anstandsdame stürzt herbei, ruft nach Hilfe. Delphis Augen sind offen, aber Delphi ist weit weg. Die Dame stochert in Delphis Haar herum, schlägt ihr Gesicht. Der alte Prinz macht Grimassen. Er hat keine Ahnung, was sie ist, abgesehen davon, daß sie eine ausgezeichnete Lösung für seine Steuerprobleme darstellt; aber er war in seiner Jugend Falkner gewesen. Und da kommen ihm nun die kleinen Vögel mit den gestutzten Federn in den Sinn, die hinaufgeworfen wurden, um die Falken zu reizen. Er vergräbt die blaugeäderte Klaue, der er gewisse Genüsse versprochen hatte, in der Tasche und schreitet von dannen, um sein neues Vogelhaus zu entwerfen.
    Und auch Delphi zieht von

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