Warme Welten und Andere
diesen Winter auch hin! Oder wie sie einen japanischen Tanz mit der Kobe-Gruppe lernt, in einem Kleid, das aussieht wie ein von ihrem Knie aufzüngelndes Fackelfeuer und das in Texas eigentlich ein Verkaufsschlager werden müßte. Morton, ist das echtes Feuer? Glückliches, glückliches kleines Mädchen.
Und Davy. Er ist ihr Schoßhund und ihr Baby, und sie liebt es, ihm sein rotgoldenes Haar zurechtzumachen. (P. Burke in Verzückung, während sie Delphis Finger durch die Locken gleiten läßt.) Natürlich ist Davy einer von Matts Jungen – nicht gerade impotent, aber sehr, sehr schlapp. (Niemand weiß genau, was Matt mit seinem winzigen Budget macht, aber die Jungen sind nützlich, und ein oder zwei sind auch berühmt geworden.) Für Delphi ist er genau richtig; in der Tat erlaubt ihr der Psychomediziner, ihn mit sich ins Bett zu nehmen: zwei Kätzchen in einem Korb. Davy stört es nicht, daß Delphi ›schläft‹ wie die Toten. Das ist die Zeit, wo P. Burke in (unter) Carbondale nicht im Körper-Waldo sitzt, sondern ihren eigenen deprimierenden Bedürfnissen nachkommt.
Etwas Merkwürdiges hat es damit auf sich. Während des größten Teils ihrer Schlafenszeit ist Delphi bloß eine sanft atmende, üppige kleine Pflanze, die darauf wartet, daß P. Burke wieder die Kontrolle übernimmt. Aber ab und zu kommt es vor, daß Delphi, ganz für sich, ein bißchen lächelt oder sich im ›Schlafe‹ regt. Einmal hauchte sie einen Laut: »Ja.«
Unter Carbondale weiß P. Burke von nichts. Auch sie schläft, träumt von Delphi, wovon sonst? Wenn aber der buschige Dr.
Tesla diese eine Silbe gehört hätte, wäre sein Busch schneeweiß geworden. Denn Delphi ist ABGESCHALTET.
Aber er hört sie nicht. Davy hat auch nichts gemerkt, und der Chef von Delphis Stab, Hopkins, saß nicht am Monitor.
Und jetzt denken sie auch alle an andere Dinge; denn von dem Kaltfeuerkleid werden eine halbe Million Exemplare verkauft, und nicht nur in Texas. Die GTX-Computer wissen es schon. Und als sie auch noch eine kleinere Nachfrage nach Aras in Alaska melden, wird gewissen Menschen das Problem bewußt: Delphi ist etwas ganz Besonderes.
Ein Problem ist das deshalb, weil mit Delphi zunächst nur auf eine begrenzte Verbraucherklasse gezielt worden war. Jetzt stellt sich heraus, daß sie Massen-Pop-Potential hat – diese Aras in Fairbanks, Mann! Das ist so, als verlangten sie auf Hawaii nach Skiliften. Dr. Tesla und der väterliche Mr. Cantle fangen an, im Hauptquartier gemeinsame Runden zu drehen und kumpelhaft zusammen zu lunchen, wenn sie von einem wieseligen Jungen von der siebten Ebene wegkommen können, der ihnen beiden Angst macht.
Schließlich wird beschlossen, Delphi in die Holokam-Enklave in Chile zu bringen und einen Spot mit ihr in einer der Shows des Hauptprogramms unterzubringen (Warum eine Infantin Schauspielerin wird? Frag nicht so blöd!) Der Holokam-Komplex erstreckt sich über und durch einige Berge, wo sich einst ein Observatorium die klare Luft zunutze machte. Die Totale-Umwelt-Studios, deren die Holokam-Technik bedarf, sind sehr teuer und elektronisch superstabil. In ihnen können sich Schauspieler frei bewegen, ohne je aus dem Aufnahmefeld der Kameras herauszufallen, und die ganze Szene oder irgendein ausgewählter Teil ersteht dann im Heim des Zuschauers in vollkommenem 3-Di, so echt, daß du den Spielern in die Nasenlöcher gucken kannst, und viel dichter als die ›Filme‹, die von mobilen Aufnahmeteams hergestellt werden. Du kannst eine Brustwarze drei Meter hoch aufblasen, wenn kein molekularer Fussel stört.
Die Enklave sieht aus wie – nun, nimm alles, was du über Hollywood-Burbank weißt, und schmeiß es zum Abfall. Was Delphi zuerst sieht, ist eine gigantische Pilzfarm, Kuppeln jeglicher Größe bis hin zu wahren Monstern für die ganz großen Shows. Ordnung herrscht hier. Der Gedanke, Kunst gedeihe in buntem, organischem Wirrwarr, ist schon lange durch die Gewißheit ersetzt worden, daß Kunst vor allem Computer braucht. Weil dieses Showgeschäft hier etwas hat, was das Fernsehen und Hollywood nie gehabt haben – eingebaute automatische Zuschauerrückkopplung. Stichproben, Punktewertungen, Rezensionen, Umfragen? Kannst du vergessen. Jenes Trägerfeld ermöglicht es, sich von jedem Empfänger auf der ganzen Welt RealzeitReaktionssensoren-Ablesungen geradewegs ins Regiepult einspielen zu lassen. Das begann als Möglichkeit, dem Publikum mehr Einfluß auf den Inhalt zu geben. Jawohl.
Versuch es, Mann! Du
Weitere Kostenlose Bücher