Warrior Cats - Die Macht der drei - Der Fluss der Finsternis - III Band 2
Interesse blitzte von seinem Pelz auf. Häherpfote bemerkte eine dunkle Wolke, die im Kopf seines Bruders schwebte und alle anderen Gedanken wie Würgesand aufsaugte. Er versuchte hineinzudringen, spürte aber nichts als Unsicherheit.
Als sie den Wald verließen und den Wiesenhang hinabwanderten, peitschte der Wind Häherpfotes Ohren und Schnurrhaare. Erregt durch das stürmische Wetter und den Gedanken daran, den Stock noch einmal zu berühren, schlug er mit dem Schwanz hin und her. Er roch nun den See und sah ihn vor sich – eine riesige Fläche gekräuselten Wassers, in dem sich ein zersplitterter Mond spiegelte.
Die Gerüche von FlussClan, WindClan und SchattenClan strömten zusammen und vermischten sich mit dem Wind. Würde es wirklich einen Kampf geben?
»Glaubst du, der WindClan hat vor, in unser Territorium einzudringen?«, miaute er.
Löwenpfote drückte sich gegen ihn und lenkte ihn um ein Kaninchenloch herum. »Kann ich mir nicht vorstellen.« Häherpfote meinte, Hoffnung in der Stimme seines Bruders zu hören. »Sie sollten sich viel lieber über den FlussClan Sorgen machen.«
»Und wieso jagen sie dann Eichhörnchen?«
»Warum sollten sie keine Eichhörnchen jagen? Auf der anderen Seite des Wasserlaufs gehört der Wald ihnen.« Löwenpfote klang eher wie ein Krieger und nicht wie ein Schüler; als wisse er Dinge, von denen Häherpfote keine Ahnung hatte.
Als ihre Pfoten am Seeufer knirschten, zögerte Löwenpfote. »Warum sind wir hier?«
»Ich habe hier etwas liegen gelassen«, erklärte Häherpfote. »Ich möchte es bei den Bäumen verstecken, damit der See es sich nicht holt.«
»Was denn?«
»Einen Stock.«
»Einen Stock ?«
»Ja!« Häherpfote sog die Luft ein, in der Hoffnung, den Geruch zu entdecken. »Mit Kerben drin.« Sein Schwanz prickelte vor Furcht, als er nur windgepeitschtes Wasser witterte. »Ich habe ihn hier zurückgelassen.«
»Wie sieht er denn aus?«
»Keine Rinde«, miaute Häherpfote. »Nur glattes Holz. Mit eingekratzten Kerben.«
»Gut«, miaute Löwenpfote. »Du schaust dort nach, wo du ihn zurückgelassen hast. Ich suche oben an der Böschung, falls der Wind ihn hinaufgeweht hat.«
Häherpfote eilte zu der Stelle, wo er den Stock zuletzt gefühlt hatte. Sein Herz klopfte. Er war sich sicher, dass der Stock weg war, und das nicht nur, weil er ihn nicht riechen konnte. Eine dunkle Leere in seiner Brust verriet es ihm.
Und er hatte recht.
Auf den Kieselsteinen lag nichts.
Häherpfote kämpfte gegen die Angst an, die sich in seinen Bauch bohrte. Er raste kreuz und quer am Ufer entlang, schnupperte an den Steinen und versuchte herauszufinden, wohin der Stock verschwunden war. Warum hatte er zugelassen, dass der Sturm ihn wegtrug? Er hätte den Stock in Sicherheit bringen müssen, ehe er wie ein fuchsherziger Feigling nach Hause rannte.
»Hast du ihn gefunden?«, drang Löwenpfotes Miauen gedämpft durch den Wind.
»Nein!« Häherpfote spürte, wie Panik in ihm aufstieg. Er durfte nicht weg sein!
»Ist er das?«, rief Löwenpfote plötzlich.
Häherpfote raste zu seinem Bruder. Er stolperte über ein Stück Treibholz und schlug sich die Pfote an, achtete jedoch nicht auf den Schmerz und humpelte verzweifelt auf Löwenpfote zu.
Schon bevor er ihn erreichte, sah er, dass es nicht der richtige Stock war.
»Wo sind die Kerben?«, blaffte er. »Ich hab dir doch gesagt, er hat Kerben !«
»Schon gut, schon gut!« Löwenpfote klang ärgerlich. »Ich versuche ja nur zu helfen.«
»Ich muss ihn finden.« Häherpfote machte kehrt und stolperte über Steine und Geröll davon. Es tut mir leid. Es tut mir leid. Er hatte das Gefühl, jemanden enttäuscht zu haben, auch wenn er keine Ahnung hatte, wieso oder wen. Seine Pfote pochte, aber das kümmerte ihn nicht. Hatte der See sich den Stock zurückgeholt?
Er ging hinunter zum Ufer, bis er das Wasser an seinen Tatzen spürte, und watete in der seichten Uferzone herum. Er musste den Stock finden. Kaltes Wasser schlug gegen seinen Bauch und zerrte an seinen Pfoten, als er tiefer hineinwatete. Er erinnerte sich daran, wie er von der Klippe gefallen und untergegangen war und in den Wellen gezappelt hatte. Krähenfeder hatte ihn damals gerettet, aber die Angst vor dem See war ihm geblieben. Sie kreischte ihm nun zu und befahl ihm, umzukehren.
Häherpfote!
Eine Stimme hallte durch seinen Kopf. Etwas zupfte an seinem Pelz und zog ihn weiter hinaus. Die Wellen schwappten über seinen Rücken, und er hob das Kinn, damit seine
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