Warte auf das letzte Jahr
hinwegraffen. Und so wird es einem nach dem anderen ergehen, bis Fr e neksy schließlich stirbt, was eines Tages geschehen wird – und hoffentlich noch vor Molinari.
Es ist genau wie im Mittelalter, der Zusammenprall g e panzerter, schwerbewaffneter Ritter. Molinari ist Artus mit der Speerwunde in der Seite; rate mal, wer Freneksy ist. Und mir erscheint am wichtigsten, daß – da der Lilistern keine Zeit des Rittertums gekannt hat – Freneksy nicht die gerin g ste Ahnung davon hat. Für ihn ist es einfach ein Ringen um wirtschaftliche Herrschaft; wer wessen Fabriken kontrolliert und wer wessen Arbeitskräfte ausbeuten kann. «
»Was ist mit den Riegs? « fragte Eric. »Werden Sie den Maulwurf verstehen können? Gab es in ihrer Vergangenheit ein Zeitalter der Ritter? «
»Wenn man bedenkt, daß sie vier Arme und Chitinpanz e rung besitzen «, brummte sein 2056er Gegenpart, »wäre es bestimmt eine Pracht gewesen, ihnen dabei zuzuschauen. Ich weiß es nicht, weil weder du noch ich, noch sonst jemand, den ich je getroffen habe, sich die Mühe gemacht hat, soviel über die Zivilisation der Riegs zu lernen, wie es eigentlich nötig gewesen wäre. Du hast dir den Namen des riegschen Geheimdienstmajors gemerkt? «
»Di irgend etwas. «
»Di. Do. Zi. Als Eselsbrücke empfehle ich dir: Diese do o fe Ziege. «
»Herrgott noch mal! « entfuhr es Eric.
»Ich geh dir auf die Nerven, wie? Nun, du gehst mir ebenfalls auf die Nerven; du bist ein schlaffer, traniger Bu r sche, und deine Haltung ist einfach widerlich. Kein Wunder, daß du mit einer Frau wie Kathy geschlagen bist; du hast bekommen, was du verdienst. Warum nimmst du eigentlich nicht im nächsten Jahr all deinen Mumm zusammen? Wa r um gibst du dir nicht einen Ruck und suchst dir eine andere Frau, so daß in dem Moment, wenn du ich wirst, im Jahre 2056, die Lage nicht so verflucht verfahren ist? Du schuldest es mir; ich habe dir dein Leben gerettet und dich vor der P o lizei des Lilisterns in Sicherheit gebracht. « Sein 2056er Selbst starrte ihn düster an.
»Was für eine Frau schwebt dir denn vor? « fragte Eric vorsi chtig.
»Mary Reineke. «
»Du hast den Verstand verloren. «
»Hör zu; vor ungefähr einem Monat haben Molinari und Mary einen Streit gehabt. Das könntest du ausnutzen. Ich habe es nicht getan, doch das läßt sich ändern; du kannst der Zukunft einen leichten Dreh geben, so daß alles so bleibt, wie es ist, bis auf unsere Ehe. Trenne dich von Kathy und heirate Mary Reineke oder irgend jemanden – gleich wen. « Die Stimme seines anderen Selbst drückte mit einemmal Verzweiflung aus. »Mein Gott, ich sehe es deutlich vor mir, wie ich sie in die Anstalt einweisen muß. Und für den Rest ihres Lebens … Ich will es nicht; ich will da raus. «
»Ob nun mit oder ohne uns …«
»Ich weiß. Sie wird auf jeden Fall dort enden. Aber muß ich derjenige sein, der dafür verantwortlich ist? Zusammen sollten wir in der Lage sein, es zu schaffen. Es wird schwer werden; Kathy wird sich wie verrückt gegen die Scheidung wehren. Aber reiche die Scheidungsklage in Tijuana ein; das mexikanische Gesetz ist freier als das in den Staaten. Beso r ge dir einen guten Anwalt. Ich habe schon jemanden ausg e sucht; er lebt in Ensenada. Jesus Guardarala . Erinnerst du dich an ihn? Ich habe es damals nicht geschafft, aber, ve r dammt, du kannst es. « Hoffnungsvoll sah er Eric an.
»Ich werde es versuchen «, versprach Eric schließlich.
»Ich muß dich jetzt absetzen. Das Mittel wird in wenigen Minuten seine Wirkung entfalten, und ich möchte nicht, daß du achttausend Meter tief fällst. « Das Schiff begann zu si n ken. »Ich werde dich in Salt Lake City hinauslassen; das ist eine große Stadt, wo man dich nicht entdecken wird. Und wenn du dich wieder im Jahre 2055 befindest, kannst du dir ein Taxi nehmen und nach Arizona fliegen. «
»Ich habe kein 2055er Geld «, erinnerte Eric. »Oder doch? « Er war verwirrt; zuviel war inzwischen geschehen. Er griff nach seiner Brieftasche. »Ich geriet in Panik, als ich versuchte, bei Hazeltine das Gegengift …«
»Belästige mich nicht mit den Einzelheiten. Ich bin vol l kommen im Bilde. «
Schweigend erreichten sie die Erdoberfläche, jeder von düsterer Verachtung für den anderen erfüllt. Es war, sagte sich Eric, eine einleuchtende Demonstration für die No t wendigkeit, sich selbst zu respektieren. Und dadurch erhielt er zum erstenmal Einblick in seine fatalistische, quas i selbstmörderische Neigung.
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