Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall
Neckereien.
»Und wer ist die junge Dame, Alwyn?«
»Die Freundin eines Freundes. Hat nichts mit mir zu tun«, antwortete Alwyn nicht sehr galant.
»Bringen Sie ihm Manieren bei«, riet eine der beiden Frauen Meredith, die verlegen lächelte und nicht wußte, was sie antworten sollte.
»Ich weiß nicht, ob Sie Zucker nehmen?« Alwyn reichte ihr den Becher.
»Nein, vielen Dank. Der Kaffee tut gut, der Wind ist heute kühl.«
»Das Wetter schlägt um. Von der Sonne müssen wir uns für eine Weile verabschieden. Sie werden sehen, daß sich ein Sturm zusammenbraut.« Alwyn nippte an dem dunklen Gebräu in seinem Plastikbecher. Meredith wärmte sich die Finger an dem kleinen weißen Gefäß und sagte nachdenklich:
»Ich bin sehr erschrocken, als ich das von Jerry Hersey erfuhr. Wahrscheinlich weil ich ihn gekannt habe. Wenn jemand stirbt, den man gekannt hat, ist der Tod immer schwer zu akzeptieren, obwohl ich Hersey nicht besonders gemocht habe. Die Wahrheit ist, ich habe ihn überhaupt nicht gemocht. Er war unglaublich grob zu mir, und ich fand ihn höchst unangenehm. Doch deshalb wünscht man niemandem den Tod.« Alwyn sagte nichts.
»Für Sie war er so etwas wie ein Freund, nicht wahr?« fügte sie hinzu.
»Deshalb will ich ihn nicht mehr kritisieren. Außerdem soll man Toten ohnehin nichts Übles nachsagen.«
»Eher ein Nachbar. Ich hatte nichts gegen Jerry. Wir sind gut miteinander ausgekommen. Auf das, was er gesagt hat, durfte man nichts geben. Betty war er ein guter Bruder. Hat sich nach dem Tod ihres Mannes um sie gekümmert.«
»Das hat man mir erzählt. Arme Frau. Er wird ihr sehr fehlen.« Meredith wählte ihre nächsten Worte sehr sorgfältig, da sie in seiner letzten Bemerkung eine Möglichkeit witterte, ihn auf etwas anzusprechen, über das sie gern reden wollte.
»Wir alle brauchen jemanden, der sich um uns kümmert, wenn es uns schlecht geht. Warum haben Sie etwas dagegen, daß Michael Denton mit Jessica befreundet ist? Er scheint ein wirklich netter Kerl zu sein. Sie kennen sich von früher.«
»Sie braucht niemanden, der sich um sie kümmert«, sagte Alwyn kurz.
»Sie hat uns.«
»Natürlich hat sie Sie. Das weiß sie. Aber nun …« O verdammt, dachte Meredith, hier helfen nur offene Worte.
»Vielleicht will Jessica den Rest ihres Lebens nicht auf der Farm verbringen. Schließlich ist sie erst Anfang Zwanzig.« Alwyn rollte den leeren Plastikbecher zwischen den Händen.
»Wenn Dad aufhört zu arbeiten …« Er unterbrach sich und setzte dann energisch hinzu:
»Wenn Dad aufhört, will ich Greyladies verkaufen. Dann haben wir Geld. Jess kann ihren Anteil nehmen und damit machen, was sie will. Das habe ich ihr gesagt. Sie braucht nur noch eine kleine Weile zu warten.«
»Alan haben Sie gesagt, Ihr Vater würde nie dulden, daß Sie Greyladies verkaufen«, wandte sie ein.
»Er ist fast siebzig«, sagte Alwyn gelassen.
»Manche Leute werden neunzig.«
»Ich weiß«, antwortete er verdrießlich. Gleich darauf setzte er hinzu:
»Ich habe nicht die Absicht zu warten, bis Dad stirbt. Er ist halsstarrig, der Alte, aber ein Narr ist er nicht. In ein paar Jahren wird ihm klarwerden, daß er nicht weitermachen kann und ich an der Reihe bin. Ich denke, er weiß im Innersten – wenn er es auch nie laut aussprechen würde –, daß ich beabsichtige zu verkaufen. Es ist schwer für ihn.« Alwyns Stimme hatte bei den letzten Worten einen Unterton aufrichtigen Bedauerns.
»Aber ich kann nicht anders.« Jetzt klang sie eigensinnig.
»Ja«, sagte Meredith,
»es wird schwer für Ihren Vater. Sich vorzustellen, daß Sie nach so vielen Generationen auf Greyladies der letzte Winthrop sein werden. Es ist traurig.«
»Mum wird sich wahrscheinlich heftiger dagegen wehren als Dad«, fuhr er unerwartet fort.
»Sie redet unaufhörlich davon, daß ich heiraten und meine Kinder auf der Farm großziehen soll.« Alwyn lachte kurz und spöttisch auf.
»Welche Frau, die noch bei Verstand ist, würde auf Greyladies leben wollen? Die Farm ist heruntergekommen, das Haus – es sieht aus, als wäre es in Ordnung, aber alles, vom Dach abwärts, ist reparaturbedürftig. Und nie hat man Geld übrig oder kann in Urlaub fahren. Keine moderne Frau würde ein solches Leben führen wollen, und ich nehme es ihnen nicht übel. Aber Ma sieht das anders.«
»Viele moderne Frauen wollen anders leben«, gab Meredith zu.
»Aber es gibt noch einige, die weder erspartes Geld noch eine Küche mit allem modernen Schnickschnack
Weitere Kostenlose Bücher