Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall
Türen ab.« Steve sah ihn entsetzt an.
»Schon gut«, sagte Markby beschwichtigend,
»ich glaube nicht, daß du in Gefahr bist. Aber wir wissen schließlich nicht, was der Mörder im Sinn hat. Er könnte denken, daß du etwas weißt, etwas gesehen hast … Vielleicht hat er das auch von Hersey gedacht, und Hersey wurde ermordet. Also sei vernünftig.« Er stand auf.
»Du kannst jetzt nach Hause fahren, wenn du willst. Wir wissen ja, wo du zu finden bist. Und sprich mit niemandem darüber. Ich muß jetzt zu Herseys Schwester. Man hat es ihr schon gesagt. Kennst du sie eigentlich?« Wetherall schüttelte den Kopf.
»Kann mir gar nicht vorstellen, daß Hersey eine Schwester hatte – oder eine Mutter, armer Teufel.«
Mrs. Chivers war eine magere Frau Ende Fünfzig mit einer Haut, die sehr fein und papierähnlich war und mit den Jahren wie altes Waschleder zerknittert war. Das kurzgeschnittene ergrauende Haar trug sie in der Mitte gescheitelt und an den Schläfen von je einer Haarklammer gehalten. Obwohl ihre Augen vom Weinen gerötet waren, sah man noch immer, daß sie früher ein hübsches Mädchen gewesen war.
Die abgearbeiteten Hände ringend, flüsterte sie kaum hörbar:
»Jerry war ein guter Mann.« Das hatten weder Markby noch Steve oder Meredith, noch irgend jemand sonst gefunden, der mit dem Polier zu tun gehabt hatte. Als einziger hatte Alwyn ein gutes Wort für ihn gehabt. Dennoch sagte Markby fest:
»Davon bin ich überzeugt, Mrs. Chivers.« Sie schien Mut und Kraft zu sammeln, und ihre Stimme wurde ein wenig lauter.
»Deshalb hab ich gewußt, daß ihm etwas passiert sein mußte, als ich sah, daß er nicht nach Hause gekommen war. Er wäre nie weggeblieben, so daß ich mir Sorgen um ihn machen mußte. Wenn er die Absicht gehabt hätte, nachts auszubleiben, hätte er es mir gesagt.«
»Ja. Hatte Jerry Probleme, Mrs. Chivers?« Sie sah ihn ratlos an.
»Probleme?«
»Ja, persönliche Schwierigkeiten irgendwelcher Art.«
»O nein. Auf der Arbeit hatten sie ein paar Schwierigkeiten.«
»Was für Schwierigkeiten waren das? Hat er mit Ihnen darüber gesprochen?« Sie schüttelte den Kopf.
»Die üblichen eben. Außer als sie den Leichnam gefunden haben. Jerry hat sich sehr darüber aufgeregt. Das haben sie alle. Die Polizei hat Fragen gestellt.«
»Ich weiß. Hat Jerry sich darüber Gedanken gemacht, wer der Tote war oder was er hier getan haben mag?« Sie schüttelte den Kopf.
»Jerry hatte ein paar Schwierigkeiten mit Kids jungen Hooligans. Doch das ist schon ein paar Wochen her.«
»Erzählen Sie mir davon.«
»Sie haben ihn auf Motorrädern gejagt. Junge Teufel!« Ihre blassen Wangen röteten sich, und ihre Stimme wurde lauter.
»Sie haben ihn in den Fluß gejagt, und er mußte nach Hause gehen und trockene Sachen anziehen. War tropfnaß. Hätte sich den Tod holen können.« Bei der unglücklichen Formulierung kam sie ins Stocken und unterbrach sich mit einem unterdrückten Schluchzen.
»Aber er hat den Zwischenfall nicht der Polizei gemeldet?« Unsicher sah sie vor sich hin.
»O nein – es waren ja nur Kids. Trugen Helme mit Visieren aus Rauchquarzglas, da sieht man ihre Gesichter nicht.« Das war ein neuer Gedanke, der es möglicherweise wert war, verfolgt zu werden. Doch ganz offensichtlich wußte sie nicht mehr darüber oder konnte sich im Moment nicht daran erinnern. Er schnitt ein anderes Thema an.
»Was hat Jerry in seiner Freizeit gemacht?«
»Ist nur ab und zu ins Fox and Hounds gegangen. Am Wochenende hat er in meinem Garten gearbeitet.« Markby war überrascht. Er hatte Hersey, der sich immer und überall quergelegt hatte, nicht gemocht. Doch anscheinend war der Mann, ohne daß er selbst es geahnt hatte, ein ebenso eifriger Gärtner gewesen wie er. Wenn er es gewußt, Hersey in diesem Licht gesehen und sein Vertrauen mit ein paar Worten über Ungeziefervertilgung im Garten oder eine neue Art von Gartenwicken gewonnen hätte, egal womit, wäre ihre Beziehung eine ganz andere gewesen. Zu spät, um dieses Wissen zu verwerten. Er hatte Hersey viel zu vorschnell beurteilt. Vielleicht hatte Alwyn recht gehabt.
»Wie steht es mit Besuchen?« fragte er. Wieder schien sie verwirrt, also formulierte er die Frage neu.
»Ist jemand zu Ihnen ins Haus gekommen, um mit Jerry zu sprechen?« Sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen füllten sich langsam mit Tränen.
»Nein. Ich weiß nicht, wie ich ohne Jerry fertig werden soll. Seit Fred – mein Mann – gestorben ist, hat Jerry alle
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