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Warten auf den Monsun

Warten auf den Monsun

Titel: Warten auf den Monsun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Threes Anna
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glänzen wollen, zerrann ihr zwischen den Fingern. Während sich die Überbleibsel eines Wunschtraumes in Nichts auflösten, nahm sie sich vor, auf dem bevorstehenden Fest in einem wunderschönen Kleid zu erscheinen, komme, was da wolle. Mit einer brüsken Bewegung fegte sie die letzten Fitzelchen zurück in den Beutel.
    Auf einmal spürte sie, daß jemand hinter der Tür stand. Sie wußte es genau. Jemand, der hereinwollte. Sie hatte nicht geklingelt, und Hema wußte, daß er sie nicht ungebeten stören durfte. Mit einem Ruck zog sie die Tür auf.
    Den Kopf leicht gesenkt, die Hand erhoben, um anzuklopfen, stand der Schneider vor ihr. Er verbeugte sich noch tiefer und machte entschuldigende Gesten.
    »Warum horchst du an der Tür?«
    Ich habe nicht gehorcht , wollte er sagen.
    »Ich kann es nicht leiden, wenn mir jemand hinterherschnüffelt, und schon gar nicht jemand, der überhaupt nicht in dieses Haus gehört«, herrschte sie ihn an.
    Madan bewegte die rechte Hand, als würde er das Rad der Nähmaschine drehen.
    Charlotte war wütend. Eisig und unerbittlich wie ihr Vater deutete sie auf die Tür.
    Du mußt mir helfen, meine Nähmaschine ist weg. Er drehte verzweifelt das imaginäre Rad, und in seinen Augen stand Panik. Hör mir zu. So hör doch!
    Charlotte drehte sich um und zog an der Klingelschnur. Sie würde Hema sagen, er solle den Mann wegschicken. Von der ersten Sekunde an hatte sie gewußt, daß es keine gute Idee war, und nun, wo er sich weigerte, den Salon zu verlassen, duldete sie ihn keine Minute länger auf ihrem Grund und Boden. Wenn die Frauen unbedingt alle ein neues Kleid wollten, dann sollten sie eben selber für eine Werkstatt sorgen, sie hatte nicht mal Geld für neuen Stoff, geschweige denn für ein Kleid. Wo blieb Hema?
    Der Schneider stand immer noch auf der Schwelle und machte verzweifelt mit der Hand Drehbewegungen.
    »Ist was mit deiner Nähmaschine?«
    Madan nickte heftig, seine Haare flogen in alle Richtungen.
    »Ist sie kaputt?«
    Er warf die Hände in die Luft, um ihr deutlich zu machen, daß die Nähmaschine verschwunden war.
    »Sie ist weg?« fragte sie erstaunt.
    Er nickte und zeigte ihr seine leeren Hände.
    »Du weißt nicht, wo die Maschine ist? Ist sie nicht mehr in deinem Zimmer neben der Küche?« Außer Hema betrat niemand das Dienstbotenhaus. Sie ging nie hinein, das fand sie unpassend. »Hast du auch richtig nachgesehen?«
    Madan hatte überall nachgesehen. Als er das Zimmer betrat, war ihm sofort aufgefallen, daß seine Maschine weg war. Der Tisch und das Bügelbrett standen noch da, aber die Schere, die Kreide, das Fläschchen Maschinenöl und die Singer-Handnähmaschine waren verschwunden. Sein Herz hatte wie rasend geklopft. Nie zuvor hatte sich jemand an seinem größten Besitz vergriffen. Er ging äußerst pfleglich mit der Maschine um und behandelte sie, als wäre sie sein Kind. Er hatte alle Zimmer in dem Häuschen durchsucht, auch das des alten Mannes, der hier das Faktotum für alles war. Er war hinausgerannt in der Hoffnung, den Mann im Garten anzutreffen. Dann sah er, daß der Hintereingang des großen Hauses offenstand. Natürlich war der Mann dort. Madan war ins große Haus gerannt, obwohl er wußte, daß er nicht einfach hineingehen durfte, das hatte man ihm klar und deutlich gesagt, aber der Diebstahl seiner Nähmaschine war wichtiger, das mußte die Frau verstehen. Er hatte am Vormittag, als er bei den Damen des Clubs Maß nahm, gehört, daß sie Charlotte Bridgwater hieß, nur selten zu Partys ging und keine Feste mehr gab, daß sie nie Besuch empfing und sehr gut Klavier spielen konnte, aber ihren Flügel verkauft hatte.
    Wieder zog Charlotte an der Klingelschnur. Sie ärgerte sich, daß Hema nicht kam. Für gewöhnlich war er zu dieser Zeit in der Küche und bereitete den Lunch vor. »Hast du den Butler gefragt?«
    Madan zog in Panik die Schultern hoch und sah sie mit einem verstörten Blick an, der ausdrücken sollte, daß der Mann und seine Nähmaschine verschwunden waren.
    Charlotte ging zum Fenster, zog den Vorhang zur Seite und klappte die Läden auf. Die sengende Hitze und die blendende Sonne schlugen ihr ins Gesicht. Die Hand zum Schutz halb vor den Augen, schaute sie hinaus, sie erwartete, daß Hema angelaufen kam, aber im Garten war nur das verdorrte Gras zu sehen, an dem ein paar Krähen herumpickten, sonst nichts. Im Flur hörte sie Gepolter, hinter Madan erschien Hemas Gesicht.
    »Ich habe dreimal geklingelt!«
    »Ich war oben,

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