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Warum französische Frauen nicht dick werden (German Edition)

Warum französische Frauen nicht dick werden (German Edition)

Titel: Warum französische Frauen nicht dick werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mireille Guiliano
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Mutige bis hoch auf die oberen Äste, von wo aus wir die Kirschen zu den weniger Kletterfreudigen hinunterwarfen. Am Ende waren unsere Münder immer dunkelrot umrandet. Was ich manchmal dabei verdränge, ist, dass Jahr für Jahr eine von uns zu viel von den wunderbaren Früchten aß und hinterher heftig dafür zahlen musste, mit einem
petit mal d’estomac
. Mäßigung lernt man am besten früh schon.
    Die Erdbeerzeit war für mich eine Erdbeer-»Kur«. Auch heute noch sind sie meine Lieblingsfrüchte, und ungefähr sechs Wochen lang gab es sie fast jeden Tag zum Nachtisch, nachdem wir sie buchstäblich Minuten zuvor erst gepflückt hatten. Mein Vater war ein besessener Gärtner, und im Frühling legten wir den Boden zwischen den Erdbeerpflanzen mit Stroh aus, so dass die Beeren, wennsie lange genug Zeit gehabt hatten, sich mit Sonne vollzupumpen und zu reifen, nicht auf der Erde, sondern auf dem Stroh lagen und wir sie ungewaschen essen konnten. (Es war ein ausgesprochenes Vergnügen, meinen amerikanischen Mann mit seinem erhöhten Sinn für Hygiene damit zu schocken, aber er hat sich daran gewöhnt und sich nie den Magen deswegen verdorben.)
    Sechs Wochen, auch mit Lieblingsfrüchten, hätten eintönig werden können, aber es gab eine solche Bandbreite an Variationen: Montag war der Tag, an dem Mutter am wenigsten Zeit für ausgefallene Ideen hatte, also gab es die Erdbeeren nach dem Essen so, wie sie waren, aus der großen Schüssel, die mitten auf dem Tisch stand. An den meisten anderen Tagen hatten wir
fraises à la crème
, etwas, das Sie in keinem Restaurant bekommen. Meine Mutter zerdrückte die reifen Erdbeeren sanft mit einer Gabel und brachte den scharlachroten Saft zum Fließen. Sie fügte etwas Zucker hinzu und ließ die Erdbeeren bis zum Mittagessen bei Zimmertemperatur ziehen. Da zog uns der Duft längst schon unwiderstehlich an, und es genügte, dem Ganzen einen Tupfer
crème fraîche
hinzuzufügen, und schon hatten wir eine köstliche leichte rosa Suppe (der Gedanke daran lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen). Serviert wurde sie auf kleinen weißen Desserttellern mit Goldrand (ein Trick, um die kleinen Portionen größer aussehen zu lassen), und man durfte sich noch einmal nehmen. Es war ein Genuss.
    Sonntag war Kuchentag, und meine Mutter backte eine
tarte aux fraises
. Dazu pflückte sie einen Korb voll perfekter Früchte, alle in ähnlicher Größe, buk eine herrliche
pâte brisée
oder
sablée
, einen Sand- oder Mürbeteigboden, ließ ihn abkühlen und belegte ihn mit den frischen Erdbeeren, die ihre Spitze nach oben streckten. Mit Erdbeer-
coulis
glasiert und dazu etwas Schlagsahne –
crème chantilly
– sah der Kuchen schöner aus als alles, was man in der schicksten Konditorei findet. Dazu schmeckte er himmlisch und hatte weit weniger Kalorien.
    Im Winter verwendete sie das gleiche Rezept mit unseren Sauerkirschen, und wir liebten den säuerlichen Geschmack des Kuchens. Was wir nicht so mochten, war das Pflücken, Entkernen und Einmachen in sterilisierten Gläsern, wobei wir sonntagabends im Sommer mithelfen mussten. Mutter erinnerte uns daran, wie sehr wir den Kuchen im Winter mögen würden, wenn es nicht viel frisches Obst gab. (Obst außerhalb der Saison zu genießen, ist eine Kunst für sich, und französische Frauen wissen besser als die meisten anderen, wie man es konserviert.)
Mamie
hatte verschiedene Verwendungsmöglichkeiten für unsere Sauerkirschen: frisch gepflückt (so mochten sie nur die Frauen in der Familie), auf einem Kuchen oder – und das war das Beste – wenn sie Vater sonntags zum Mittagessen sein Lieblingsdessert servierte:
baba au rhum
. Statt den Kuchen mit viel Rum zu tränken, nahm sie den Saft der eingemachten Kirschen – dem sie nur einen Spritzer Rum hinzufügte –, um die
baba
zu befeuchten. Bevor sie das Dessert auf den Tisch brachte, schüttete sie die Kirschen aus den Einmachgläsern in das Loch der großen, gebackenen
baba
und gab etwas Schlagsahne darauf. Das war ein seltenes Vergnügen, das es für die Familie nicht zu oft gab, aber beliebt war bei unseren Gästen, die als Einzige einen Nachschlag haben durften.
    Himbeeren und Maulbeeren wurden meist gleich frisch gegessen, aber wir hatten so viel davon, dass Mutter immer auch welche einfror (was mit Erdbeeren nicht möglich ist und schrecklich danebengeht – und sie umso besonderer macht –, sonst aber eigentlich mit allen Beeren). Eines unsererbeliebtesten Winterdesserts, das Mutter

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