Warum französische Frauen nicht dick werden (German Edition)
gezogen war und in meiner Freizeit Unterricht in Modern Dance nahm. Ich war keine große Tänzerin, aber ein Star, wenn es ums Gähnen ging. Ohne jede Schwierigkeit vermochte ich auf Stichwort zu gähnen. Vor jenem Unterricht damals wusste ich nicht, dass Gähnen Stress abbaut, beruhigt und einen sogar in Schlaf fallen lässt, wenn man es oft genug wiederholt. Das passierte manchmal am Ende des Unterrichts, wenn wir auf dem Rücken lagen und uns in der Kunst des Gähnens übten. Beim Gähnen nehmen Sie eine größere Menge Sauerstoff in die Lunge auf als normalerweise, was den Blutfluss revitalisiert. Selbst das Geräusch, das ein gesundes Gähnen erzeugt, baut Spannungab. Um sich selbst zum Gähnen zu bringen, müssen Sie tief einatmen und ihren Mund so weit öffnen wie möglich. Nach ein, zwei Versuchen ist das natürliche Gähnen in Gang gesetzt und kann unendlich weitergehen.
Dormez-vous – schlafen Sie?
Die Frage richtet sich nicht allein an
frère Jacques
. Der Schlaf wird im modernen Leben zu sehr vernachlässigt. Wir denken, wir können ihn zurechtstutzen und uns bis an unsere Grenzen belasten. Bis zu einem gewissen Grad wird er sogar in Gut und Böse eingeteilt – besonders tugendhaft ist es, mit wenig auszukommen. Das ist völliger Unsinn. Nichts, sieht man einmal vom Atmen und Wassertrinken ab, ist von so unmittelbarer Wichtigkeit für unser Wohlbefinden wie Schlaf. Und es gibt eine nicht genug beachtete Verbindung zwischen zu wenig Schlaf und Gewichtszunahme.
Proust beginnt sein Meisterwerk mit einem sehr langsamen und quälenden Blick auf den Schlummer. Er hat viel darüber nachgedacht und dazu gesagt, so wie wir Franzosen es mit den meisten Dingen tun. Nun wollen wir keine Leistungsangst schüren, aber Schlaf sollte dennoch gut erledigt werden. Man kann ihn durchaus als eine Art Kunst betrachten. Kunst und Genuss. Und wie auch bei anderen Genüssen – und guter Schlaf ist einer der fundamentalsten – geht es hier zuerst und vor allem um die Bedürfnisse des Einzelnen, da auch nicht zwei von uns den gleichen Anlagen und Mustern folgen.
Als wir noch nach der Sonne und den Jahreszeiten lebten und arbeiteten, war es leichter, schlafen zu gehen; unsere innere Uhr – unsere zyklischen Rhythmen – stelltesich verlässlich neu ein, während die Tage länger und kürzer wurden. Heute folgt jeder seiner eigenen Uhr und bekommt dabei oft zu wenig Schlaf. Dazu kommt eine Schlaflosigkeits-Epidemie, begleitet von einer Welle pharmazeutischer Gegenmittel. Regelmäßig gibt es Warnungen vor einem ansteigenden »Schlafdefizit«, das, wie Forschungen belegen, die Insulinabwehr steigert und den Ausstoß von Anti-Stress-Hormonen fördert. Es ist mitunter eine Art Teufelskreis, da die Antwort des Körpers auf Schlafentzug es noch weiter erschweren kann, Schlaf zu finden. Schlaflosigkeit führt unter anderem zu Lustlosigkeit, was zu übermäßigem Essen verleitet, da Essen die offensichtlichste andere Möglichkeit darstellt, wieder zu Kräften zu gelangen. Wenn wir uns so fühlen, bevorzugen wir gern
high energy food
. Und natürlich stört zu wenig Schlaf unsere mentalen Mechanismen, mit denen wir Genüsse registrieren und verarbeiten. Wirklicher Genuss ist von der Wachheit unserer Sinne abhängig. Nachts gut zu schlafen, ist unerlässlich, will man richtig essen und in Balance kommen.
Es gibt verschiedene Rituale, die den Nachtschlaf befördern können. Für mich ist die
tisane
wesentlich. Aber auch Wasser in jeder Form kann helfen, weil Wassermangel in jedem Fall die Qualität unseres Schlafs beeinträchtigt. Aus diesem Grund ist Alkohol vor dem Schlafengehen nicht gut, und in kleinen Mengen hat er, wie man weiß, den »paradoxen Effekt«, anzuregen. (Wir Franzosen
scheinen
nur ein Monopol auf Paradoxa zu haben.)
Und die äußeren Umstände: Sehen Sie sich in Ihrem Schlafzimmer um. Sie brauchen keine Feng-Shui-Fachfrau zu sein, um das eine oder andere zu verbessern. Zum Beispiel kann sanfte Beleuchtung, die Schläfrigkeit fördert, sehr helfen. Im Sommer in der Provence schickt der blühendeLavendel eine natürliche Schlafhilfe in die Nachtluft. Ich muss oft an die herrlichen Lavendelfelder der Abbaye de Sénanque, in der Nähe von Gordes in der Vaucluse, denken. Der Duft dort wirkte wunderbar einschläfernd. Sie können ihn auch mit frisch gepflücktem Lavendel genießen, oder indem sie ein wenig Lavendelöl erhitzen. Ludwig XIV. verlangte die Anwesenheit aller seiner Würdenträger in seinem Schlafgemach, und
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