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Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition)

Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition)

Titel: Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brockmann
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auch später vor Gericht nicht. Aber an seiner Kleidung wird Blut des Opfers gefunden. Und der Mann passt in unser Profil. Er kannte die Gegend, weil er hier früher zur Schule ging. Und: Er ist psychisch krank. Schon sein Vater litt wahrscheinlich unter einer Psychose, er wurde zumindest von Angehörigen als »geisteskrank« beschrieben. Der Täter selbst wurde erstmals mit sieben Jahren auffällig, nachdem sich die Eltern trennten. Wegen einer Suizidandrohung brachte man ihn in die Jugendpsychiatrie. Er galt als verhaltensauffällig, kam in eine Förderschule, wurde in diversen Jugendeinrichtungen untergebracht, nahm später Drogen – womöglich, um die verstörenden Symptome seiner Krankheit selbst zu therapieren. Er griff Betreuer mit einer Schere an, stahl, schlug in einer Jugendwohnanstalt einem Mitbewohner mit einem Hammer auf den Kopf. Seine Vorstrafenliste ist lang, darunter Raub, räuberische Erpressung, Bedrohung. Schon damals fiel auf, wie uneinsichtig der Jugendliche war, wenn er mit seinen Taten konfrontiert wurde. Fünf Jahre vor dem Taximord, mit 20 Jahren, trat er einer christlichen Sekte bei, begann davon zu reden, dass er von Arabern verfolgt werde und sie alle töten müsse. Er übergab einem Prediger Gewehrpatronen, damit dieser sich schützen könne, erzählte wieder und wieder, dass er Araber und andere Ungläubige töten müsse. Vor Bekannten schlug er vor, eine Oma zu vergewaltigen und zu töten, Terroranschläge zu verüben, wollte nach Syrien reisen, um dort Soldaten zu erschießen, und sagte, es stünde in der Bibel, dass man Ungläubige töten und ausrauben dürfe, Taxifahrer kämen dafür in Frage. Er sah Mauern auf sich zukommen, hörte Stimmen, wollte Jäger werden, um sich Opfertiere zu beschaffen. Viele hielten ihn für verrückt, aber keiner nahm seine Ankündigungen ernst.
    Seine Gerichtsverhandlung verfolgt der Mörder von Karl Burger apathisch. Die Öffentlichkeit ist wegen des psychischen Zustands des Angeklagten ausgeschlossen, sein Mandant würde bei großen Menschenansammlungen unruhig, sagt der Anwalt. Das Landgericht Hamburg fällt ein Urteil wegen Mordes und ordnet die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung an. Er leide an paranoiden Schizophrenie sowie einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und Borderline-Zügen und sei nicht steuerungsfähig. Die Mischung aus Dissozialität, Drogenmissbrauch, eingeschränkter sozialer Leistungsfähigkeit und seiner Psychose sei sehr brisant.

Hilal
    Lügen sind ein Phänomen, das uns bei der Polizei sehr häufig begegnet. Sie tauchen in den verschiedensten Varianten auf. Menschen lügen, weil sie sich vor Strafe schützen wollen. Menschen lügen, weil sie sich schämen. Das kann jeder verstehen. Es gibt aber auch Lügen, die vordergründig nur schwer nachzuvollziehen sind – wie im Fall »Hilal«. Bis heute ist er nicht gelöst. In seinem Mittelpunkt stehen ein kleines Mädchen, seine Familie, zwei Männer – und viele Lügen.
    Mittwoch, der 27. Januar 1999. Hilal E. ist zehn Jahre alt und stolz. Sie hat an diesem Tag bei der Schwimmprüfung das Seepferdchen geschafft, und Zeugnisse hat es auch gegeben. Sie hat ein gutes Zeugnis. Auch ihr Vater ist stolz. Er schenkt ihr eine Mark, damit sie sich zur Belohnung eine Packung Hubba-Bubba-Kaugummi kaufen kann. Um 13:15 Uhr verlässt Hilal die Wohnung in der Spreestraße in Hamburg-Lurup, um zum nahe gelegenen Einkaufszentrum zu gehen. Sie kehrt nie wieder zurück.
    Nachdem die Eltern sich selbst erfolglos auf die Suche gemacht haben, informiert gegen 17 Uhr eine Nachbarin die Polizei. Rund 30 Beamte suchen die Gegend ab, durchstöbern das Hochhaus, in dem die Familie wohnt, befragen Kunden und Personal im Einkaufszentrum, fahren Spielplätze und Schulen ab. Über Funk wird ein Fahndungsaufruf durchgegeben: Hilal E., türkischstämmig, 145 Zentimeter groß, lange schwarze Haare, gemusterte Jacke, schwarze Schuhe mit Plateausohle. Die Zeitungen bringen die Suchmeldung. Doch es findet sich keine Spur. Bis heute nicht.
    Wenn ein Kind verschwindet, geht ein ganzes Leben. Es geht auch eine Geschichte: ein kleiner Mensch, der die Spice Girls liebte und Bilder von Geri Halliwell in sein Album klebte, der Märchenbücher las, gerade noch sein langes Haar kämmte und nun auf einmal aus der Welt ist. Zurück bleibt eine Lücke. Für eine Mutter, die sich so freute, dass ihre Tochter so ein freundliches Wesen hatte; einen Vater, der stolz auf die guten Leistungen

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