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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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im Gegensatz zu denen Australiens und der Vereinigten Staaten. Das Fehlen einer vielköpfigen Urbevölkerung und von Ressourcen, die ausgebeutet werden konnten, ließ den Kolonialismus in Australien und den Vereinigten Staaten eine ganz andere Richtung einschlagen, auch wenn die dort lebenden Menschen mühsam um ihre politischen Rechte und inklusive Institutionen kämpfen mussten. Auf den Molukken und in vielen anderen Gegenden, welche die Europäer in Asien kolonisierten, sowie in der Karibik und in Südamerika hatten die Untertanen hingegen wenig Aussicht, einen solchen Kampf zu gewinnen. Dort führten die europäischen Kolonisten neue extraktive Institutionen ein oder nutzten die bestehenden, um wertvolle Ressourcen – von Gewürzen und Zucker bis hin zu Silber und Gold – auszubeuten, und sie nahmen oft Weichenstellungen vor, die eine Entstehung inklusiver Institutionen sehr unwahrscheinlich machten. In einigen Fällen vernichteten sie sogar ganz gezielt jegliche industriellen Anfänge und alle inklusiven Wirtschaftsinstitutionen. Dort war man dann weder im 19. noch im 20. Jahrhundert fähig, sich die Industrialisierung zunutze zu machen.
    Auch im übrigen, nichtbritischen Europa herrschten ganz andere Verhältnisse als in Australien und den Vereinigten Staaten. Während sich die Industrielle Revolution in Großbritannien gegen Ende des 18. Jahrhunderts beschleunigte, befanden sich die meisten europäischen Länder unter der Fuchtel absolutistischer Regime. Deren Monarchen und Aristokraten bezogen den größten Teil ihrer Einnahmen aus ihrem Grundeigentum oder aus der Vergabe von Privilegien, die mit kaum zu überwindenden Eintrittsschranken verbunden waren. Die schöpferische Zerstörung, die durch die Industrialisierung ausgelöst worden wäre, hätte die Einnahmen des Adels verringert und ihren Gütern Ressourcen und Arbeitskräfte entzogen. Mithin hätte die Industrialisierung die Adligen zu wirtschaftlichen und, was wichtiger war, politischen Verlierern gemacht, denn durch die von ihr geschaffene Instabilität wäre deren politisches Machtmonopol in Frage gestellt worden.
    Doch durch den institutionellen Wandel in Großbritannien und durch die Industrielle Revolution eröffneten sich den europäischen Staaten neue Möglichkeiten. Obwohl in Westeuropa Absolutismus herrschte, hatte es viele der institutionellen Veränderungen ebenfalls vollzogen, die sich im vorhergehenden Jahrtausend in Britannien entwickelt hatten. In Osteuropa, im Osmanischen Reich und in China war dies jedoch keineswegs der Fall. Solche Unterschiede sind wichtig, wenn man verstehen will, wie die Industrialisierung um sich griff. Wie der Schwarze Tod oder die Entstehung des Atlantikhandels verstärkte die durch die Industrialisierung ausgelöste Umbruchphase in vielen europäischen Ländern den schwelenden Konflikt um die Institutionen.
    Eine zentrale Rolle nahm die Französische Revolution von 1789 ein. Durch das Ende des Absolutismus in Frankreich wurden die Weichen für das Aufkommen inklusiver Institutionen gestellt, und die Franzosen wandten sich schließlich der Industrialisierung zu und bewirkten dadurch ein rasches Wirtschaftswachstum. Darüber hinaus exportierten sie ihre Institutionen, indem sie in mehrere Nachbarländer einmarschierten und deren extraktive Systeme gewaltsam reformierten. Damit eröffnete die Revolution nicht nur in Frankreich den Weg zur Industrialisierung, sondern auch in Belgien, den Niederlanden, der Schweiz sowie in Teilen Deutschlands und Italiens. Weiter östlich erfolgte eine ähnliche Reaktion wie nach dem Schwarzen Tod, als der Feudalismus nicht zusammenbrach, sondern sich vielmehr festigte. Österreich-Ungarn, Russland und das Osmanische Reich fielen wirtschaftlich immer weiter zurück, doch den absolutistischen Monarchien gelang es, sich bis zum Ersten Weltkrieg zu behaupten.
    In anderen Regionen der Welt war der Absolutismus genauso widerstandsfähig wie in Osteuropa. Dies galt besonders für China, wo die Ablösung der Ming- durch die Qing-Dynastie einen Staat hervorbrachte, der eine stabile Agrargesellschaft anstrebte und den internationalen Handel ablehnte. Aber auch in Asien gab es wesentliche institutionelle Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten. Während China genau wie Osteuropa mit Ablehnung auf die Industrielle Revolution reagierte, verhielt sich Japan ähnlich wie Westeuropa. Wie in Frankreich war eine Revolution für den Systemwandel erforderlich, und diese wurde von den

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