Warum unsere Kinder Tyrannen werden
fast durchgängig eine Störung festzustellen. Die Auswirkungen auf das Unterrichtsverhalten der Schüler sind leicht vorstellbar, ein geordneter Unterrichtsverlauf, der vorwiegend der Wissensvermittlung dienen kann, ist nach diesem Testergebnis quasi von vornherein auszuschlieÃen.
Ãbrigens kann ein Lehrer an seiner eigenen Schule ganz leicht überprüfen, ob es sich bei den gestörten Kindern um ein Einzelphänomen oder eben doch mittlerweile um die groÃe Masse der Schüler handelt. Dazu braucht er nur am Beginn der Stunde vor die Klasse zu treten und die Schüler auffordern, ein bestimmtes Buch herauszuholen. Die Reaktion der Klasse wird Bände sprechen und den vorgenannten Eindruck bestätigen. Kaum ein Kind wird dieser einfachen und klar verständlichen Aufforderung sofort Folge leisten, es wird für die meisten mindestens eine zweite oder auch eine dritte Bitte notwendig sein. Und manche Kinder werden das Buch eben gar nicht aus ihrer Tasche holen.
Es sind nicht nur die Lehrer der Grundschule aus den eben beschriebenen Beispielen, die vor den Problemen mit den Kindern stehen. Die Störungen wirken sich auf das gesamte soziale Leben der Kinder aus, sowohl im privaten als auch im gesellschaftlichen Bereich. Noch vor einigen Jahren hätte dieses Buch nicht geschrieben werden können, da die hier beschriebenen Entwicklungen nicht als pathologisch erkannt, sondern als Folge normaler und wünschenswerter Erziehung der Kinder zu selbstständigen Individuen hingenommen worden wären. Anders gesagt: Claudias Verhalten wäre in weiten Kreisen als Zeichen gewertet worden, dass das Kind selbstbewusst gegen die Erwachsenenwelt zu rebellieren versucht, die Tendenz zur Fremdbestimmung der Mutter durch ihr fünfjähriges Kind wäre demgegenüber in den Hintergrund gerückt und als unwichtig erachtet worden.
Die Grundlagen für diese Entwicklung sind in den Erziehungskonzepten der siebziger und achtziger Jahre zu sehen, die ausgehend von den theoretischen Gesellschaftskonzepten der 68er-Generation ihre Hauptaufgabe in einem Schleifen des Autoritätsbegriffes sahen. Erziehung im Sinne von Leiten und Führen galt als höchst verdächtig, in zu hohem MaÃe schien die Kriegsgeneration Erziehungskonzepte aus der faschistischen Zeit in die Nachkriegszeit hinübergerettet und diese weiter angewendet zu haben.
Es soll an dieser Stelle nicht ausführlich diskutiert werden, was an den pädagogischen Ideen der 68er segensvoll und was eher Unheil stiftend gewesen ist, für beides lieÃen sich lange Listen an Beispielen finden. Wichtig ist aber, sich deutlich zu machen, dass sich in den Köpfen der Erziehungsberechtigten ein Weltbild durchsetzte, das den einzelnen Menschen in seiner Individualität aus dem Bezugssystem Gesellschaft herausnahm und ihm nahezu unbegrenzte Möglichkeiten der Selbstverwirklichung zugestehen wollte. Kinder sollten nicht mehr
von den Erwachsenen gesagt bekommen, was für sie gut und was schlecht sein könnte, das wurde vielfach als unzulässige Indoktrination interpretiert. Stattdessen sollten sie sich frei entwickeln, Erfahrungen sammeln, sich möglichst wenig von der Erwachsenenwelt beeinflussen lassen und auf diese Weise zu selbst bestimmten, freien Individuen heranwachsen.
Mittlerweile sind die 68er aus dem Revoluzzeralter heraus, haben ihre Kinder groÃgezogen und sind seit Jahrzehnten in ihren Berufen tätig, viele davon als Firmeninhaber oder Führungskräfte in Unternehmen mit Aufgaben der Personalauswahl und Personalführung beschäftigt. Und plötzlich merken sie, was die Geister, die sie riefen, angerichtet haben.
Das Imperium schlägt zurück
Ich spreche heute häufig mit Inhabern etwa von Handwerksbetrieben oder auch Einzelhandelsgeschäften, die händeringend nach Auszubildenden suchen, mit denen sie die Fortführung ihres Betriebes für die nächsten Jahre sichern können. Indes: Die Suche gleicht der nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. In Internetforen wie www.foraus.de klagen Verantwortliche für Ausbildung in unterschiedlichsten Betrieben ihr Leid im Umgang mit den Azubis, die Parallelen zu den hier im Buch vorgestellten Fallbeispielen sind so offensichtlich wie frappierend. Die kindlichen Fehlentwicklungen schlagen im Verhalten der Jugendlichen als Auszubildende voll durch und sind die Hauptursache für das heute beklagte Phänomen der fehlenden
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