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Was danach geschah

Was danach geschah

Titel: Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kimmel
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Süden, die die Alpen zu dieser Jahreszeit unpassierbar machen. Der Winter hat sich viel zu früh über die Gipfel und in die Täler der französischen Alpen gelegt und die Verletzten und Toten auf dem Schlachtfeld von den Lagern, Dörfern und Städten abgeschnitten. Sollte ein Bergsteiger mit viel Glück einen solchen Gipfel erklimmen, würde er in alle Himmelsrichtungen bis zum Horizont nur Krieg sehen.
    Das Zelt wird mit einem gutbefeuerten Holzofen beheizt und mit Kisten voller medizinischer Ausrüstung isoliert, die vom Boden bis zur Decke reichen und mit verstaubten roten Kreuzen bemalt sind. Jede Kiste ist auf dem französischen Schwarzmarkt zweihundert Dollar wert und verwandelt das Zelt in eine Schatzkammer. Die Kisten bilden einen Gang bis zu einem Schreibtisch in der Mitte, und eine an einer Zeltstange hängende Kerosinlampe spendet nur schwaches Licht. Hinter dem Schreibtisch sitzt ein schlanker, mächtig aussehender Schwarzer. Auf seiner linken Brust steht der Name Collins, seine Schulter zieren die Streifen eines Unteroffiziers. Wir beide haben den gleichen Rang. Er drückt seine Zigarette aus und zündet sich gleich die nächste an, ohne mir eine anzubieten.
    »Scuttlebutt sagt, Patton überquert den Rhein in der Nähe von Ludwigshafen«, sage ich. »Zwei Divisionen sind von Süditalien auf dem Weg, um sie zu unterstützen. Die Preise für Stiefel und Handschuhe haben sich verdreifacht.«
    Collins’ Mundwinkel ziehen sich nach oben. »Wo sind sie?«
    »Wärmen sich in einem Château auf.«
    »Treib keine Spielchen mit mir, Bowles«, droht er. »Dafür hab ich jetzt keine Zeit.«
    Mein Magen drückt eine saure Brühe aus Haschee und Kaffee in meine Kehle hinauf. Endlich werde ich ein Stück vom Kuchen abbekommen, sage ich mir. Von dem Kuchen, von dem jeder ein Stück hat. Ich wollte nicht herkommen. Ich wollte zu Hause bleiben und Autos reparieren. Mehr wollte ich nie. Ich habe das Anrecht auf ein bisschen Bequemlichkeit, und ich soll verdammt sein, wenn irgendein schwarzer Typ aus Kentucky mehr bekommt als ich. Ich wurde dem Versorgungslager zugewiesen, nachdem ich während der Grundausbildung einen Asthmaanfall simuliert hatte. Das war auf jeden Fall besser, als mit einem Gewehr herumzulaufen.
    »Jemand muss Typen wie dich glücklich machen, und das könnte doch genauso gut ich sein, Collins«, sage ich. »Was willst du? Ich habe alles: Uniformen, Zelte, Essen, Alkohol, Werkzeug, Radios, Filme, Büroausstattung und andere Sachen.« Das stimmt alles. Als Unteroffizier im Versorgungslager bin ich ein wandelndes Kaufhaus, und jeder ist mein bester Freund. Sobald die Bienen herausfinden, wo der Klee wächst, schwärmen sie aus, um ihn sich zu holen. Offiziere, GIs, Leute aus dem Ort – sie sind freundlicher zu mir als zu den Ärzten, von denen sie sich ihre Syphilis behandeln lassen. Sie schütteln mir die Hand, unterhalten sich mit mir und interessieren sich für mich: Woher kommst du? Hast du eine Freundin? Klar, ein gutaussehender Typ wie du muss eine Freundin haben. An jedem Finger eine, und alle hübsch, wette ich. Sie zeigen mir Bilder von ihren Freundinnen, Müttern, Vätern, jüngeren Geschwistern. Ich bin ein ganz normaler Typ wie du, sagen sie, und wir einfachen Leute müssen zusammenhalten, wenn wir es schaffen wollen. Hast du dahinten noch einen Whiskey? Mit dem könnte ich nachts besser schlafen.
    »Du hast nichts, was ich brauche, Bowles«, lehnt Collins ab. »Ich bin derjenige, der das hat, was du brauchst. Du stehst hier in meinem persönlichen Sparschwein, und Davidson da draußen ist mein Wachmann. Willst du jetzt einen Kredit haben, oder soll ich Davidson befehlen, dich mit einem Arschtritt vor den Eingang zu setzen?«
    Ich stehe da und überlege. Collins kam gerade erst auf Befehl des Generalstabsarztes her und hat hier in der Gegend keine Verbindungen, doch er weiß, er sitzt auf einem Vermögen, weil das medizinische Bedarfsmaterial für die französische Bevölkerung knapp ist und sie fast alles bezahlen, um etwas davon zu ergattern. Ich kam kurz nach den ersten amerikanischen Soldaten hierher und habe Beziehungen zu ein paar französischen Ärzten geknüpft, die Geldgeber bis unten in Marseille haben. Ich beschließe, den Preis zu drücken, um zu sehen, wie Collins reagiert.
    »Fünfundzwanzig pro verschlossener Kiste, und für je zwei gebe ich ein Paar Stiefel und Handschuhe dazu.«
    »Davidson!«, brüllt er. »Schmeiß diesen dreckigen Scheißhaufen aus meinem Büro!«
    »Hör

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