Was dein Herz nicht weiß
küssen. Seine Zunge liebkoste ihre weiche Unterlippe, drang weiter vor und streichelte ihre Zunge, bis sie nicht mehr atmen konnten, ohne sich zu behindern. Jeder Teil ihres Körpers erwachte und verband sich mit seinem. Er legte ihr eine Hand in den Nacken, die andere an den Bauch. Sein Mund löste sich, um Luft zu schnappen, und verweilte an ihrem Ohr. Dann drang sein warmer Atem wieder in sie ein. Seine feste Gestalt schmolz, bog sich wie Ton und legte sich um ihren Körper wie ein Kissen.
Da hörte Soo-Ja, wie jemand an der Tür klopfte. Sie war versucht zu rufen, die Toilette sei besetzt, aber es war Jae-Hwa, die fragte, ob alles in Ordnung sei, und hinzufügte, dass sie bald zu ihrem Mann zurückmüsse. Plötzlich erinnerte sich Soo-Ja daran, dass sie sich ja noch um eine geschäftliche Angelegenheit kümmern musste. Sie hatte vergessen, Jae-Hwa nach dem Darlehen zu fragen. Viel Zeit war nicht mehr. Sie spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht und rief Jae-Hwa zu, dass sie sofort käme.
Als sie an den Tisch zurückkehrte, saß Jae-Hwa mit der Tasche in der Hand da. Eun-Mee war bereits gegangen. Sie hatte noch einige wichtige Dinge mit ihrem neuen Haus zu regeln, wie Jae-Hwa erzählte. Anscheinend waren die Handwerker fast fertig. Doch Soo-Ja kannte den wahren Grund für ihren Aufbruch.
Eun-Mee hatte an diesem Tag also die perfekte Gelegenheit gefunden, Soo-Ja mit der Vergangenheit zu konfrontieren. Ohne Jae-Hwa hätten sie diese Unterhaltung nie führen können; sie war notwendig gewesen, eine unwissende Zeugin, eine Geburtshelferin der Geschichte, obwohl die Geschichte nicht für sie bestimmt war, sondern für Eun-Mees Rivalin. Soo-Ja hatte bemerkt, dass Eun-Mee sich große Mühe gegeben hatte, Jae-Hwas Sympathie zu wecken. Sie sorgte sich darum, was Jae-Hwa über sie dachte. Aber warum?
»Jae-Hwa, bevor du gehst, muss ich dich etwas fragen. Du weißt, dass ich andere nicht gern um etwas bitte, aber es ist sehr wichtig.« Soo-Ja erzählte ihr von dem Darlehen und betonte, dass sie es zurückzahlen würde und dass Jae-Hwa die einzige Person war, die ihr helfen konnte. Als sie geendet hatte, blickte Jae-Hwa sie seltsam an.
»Habt ihr beide euch abgestimmt? Ihr müsst es richtiggehend geplant haben. Warst du deswegen so lange auf der Toilette? Um Eun-Mee genügend Zeit zu geben? Darum ist sie jetzt also gegangen. Damit du auch noch an die Reihe kommst.«
Soo-Ja sah Jae-Hwa an, überrascht von dem brüsken Ton in ihrer Stimme. Diese Jae-Hwa war nicht mehr das zurückhaltende Mädchen, das immer froh gewesen war, Soo-Ja wie ein Satellit zu umkreisen. Ja, man konnte eben nicht zweimal in denselben Fluss steigen. »Ich bin ein wenig verwirrt«, sagte Soo-Ja. »Was meinst du?«
»Eun-Mee hat mich ebenfalls um ein Darlehen gebeten, und ich habe schon zugestimmt. Als Frau eines Arztes ist sie ja kreditwürdig. Ach, Soo-Ja, wenn du mich doch nur früher gefragt hättest! Ich kann nicht euch beiden Geld leihen, mein Mann würde mich umbringen. Und ich habe ihr schon mein Wort gegeben.«
»Wann hat sie dich denn danach gefragt?« Soo-Ja fühlte, wie sie aschfahl wurde. Ich kann nicht glauben, dass ich Jae-Hwa mit Eun-Mee alleingelassen habe.
»Gerade eben, während du auf der Toilette warst. Ach, Soo-Ja, es tut mir so leid. Es klang nach einer guten Investition. Komm her und lass dich umarmen. Es war so schön, dich wiederzusehen.«
Als Jae-Hwa ihre Freundin in die Arme schloss, fiel Soo-Ja die Kinnlade herab, und ihr Körper wurde steif. Sie begriff, was Eun-Mee ihr angetan hatte und wie es zwischen ihnen beiden weitergehen würde.
In dieser Nacht erschien der Wachmann, den Soo-Ja zum Schutz des Hotels angestellt hatte, nicht zur Arbeit, und als sie Min holen wollte, war er schon eingeschlafen. Soo-Ja wollte ihn nicht aufwecken (Schlaf war etwas Feines – die einzige Zeit, in der man wirklich frei war – , wie konnte sie ihrem Mann das missgönnen?), und so kehrte sie zum Empfang zurück, um selbst aufzupassen.
Gegen ein Uhr morgens beschloss sie, sich einen Kaffee zu machen. Da kam Yul an die Rezeption. Er trug einen dicken Morgenrock über seinem Pyjama. Sie waren wohl die einzigen Menschen im Hotel, die noch wach waren; jetzt hatten sie es für sich allein.
»Kannst du nicht schlafen?«, fragte Soo-Ja.
»Ich hatte gehofft, dich allein anzutreffen«, antwortete er und beugte sich über den Tresen. »Eun-Mee hat mir erzählt, was heute bei dem Treffen mit deiner Freundin passiert ist.«
Soo-Ja merkte, wie
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