Was dein Herz verspricht
Beinen.«
»Genau wie Ihr, Mylord.«
»Ich habe mir Sorgen wegen der Stute gemacht. Sie war in letzter Zeit etwas kränklich, und ich wollte sichergehen, daß sie gut versorgt ist.« Er war in enge, schwarze Reithosen und ein weites, weißes Baumwollhemd gekleidet und sah sie mit seinem gewohnten, kühlen, silberblauen Blick an. »Wolltet Ihr irgend etwas?«
Ihr Blick richtete sich auf das Seil, das er in seinen langen, dunklen Fingern hielt, und sie bemerkte, wie nah er bei ihr stand. Ihr Herz schlug schneller, und ihr Mund war plötzlich trocken. Sie wandte sich ab und ging hinüber zu der Stute.
»Ihr habt sehr schöne Pferde, Mylord.«
Ravenworth stellte sich neben sie, einen Stiefel auf die unterste Latte der Box gestützt. »Mögt Ihr Pferde, Miss Woolcot?«
»O ja, sehr sogar. Genaugenommen ist das der Grund, warum ich heute morgen hier bin. Ich hatte gehofft, Ihr könntet mir erlauben zu reiten.«
Amüsiert hob sich sein einer Mundwinkel. »Also nicht nur Vögel, sondern auch Pferde, Miss Woolcot?«
»Ich reite sehr gern, Mylord. Es gibt nichts Schöneres als ein Frühlingsmorgen mit Sonne und Wind im Gesicht.«
Er dachte darüber nach, schien zuzustimmen. »Könnt Ihr denn gut reiten?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Besser als der Durchschnitt, nehme ich an. Ich reite schon seit vielen Jahren.«
»Ich vermute, Ihr seid in einer Menge Dinge besser als der Durchschnitt. Und ich sehe keinen Grund, warum Ihr nicht reiten solltet. Einer der Knechte kann Euch begleiten und Euch die Ländereien zeigen. Wir haben eine hübsche, kleine Apfelschimmelstute. Sie ist Araberin und heißt Sasha, sie müßte die Richtige sein. Sagt Mr. Higgins nur, wann Ihr bereit seid.«
Er stand so dicht neben ihr, daß sie die Hitze seines harten, langgliedrigen Körpers spüren konnte, und wieder schlug ihr Herz schneller. »Vielen Dank, Mylord.« Er nickte, und sie sah zu, wie er fortging. Seine Schultern waren so breit, daß sie beinah den Türrahmen ausfüllten, und mit jedem seiner langen, eleganten Schritte bewegten sich deutlich sichtbar die Muskeln in seinen Beinen.
Er war wirklich sehr gutaussehend. Mr. Birdsall hatte ihr erzählt, daß seine Frau ihn vor neun Jahren verlassen hatte, nachdem man ihn des Mordes an Steven Hampton für schuldig befunden hatte. Elizabeth kam unwillkürlich der Gedanke, daß sein Leben vielleicht ganz anders verlaufen wäre, wenn seine Frau an seiner Seite geblieben und darauf gewartet hätte, daß er aus der Verbannung zurückkehrte.
Sie seufzte, als sie daran dachte. Der Graf von Ravenworth und sein dekadentes Leben gingen sie wohl kaum etwas an. Abgesehen davon war er gar nicht so schlimm, wie sie zuerst erwartet hatte. Er war nett zu seinen Bediensteten und erfüllte seine Pflichten als Graf. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung für ihn.
Wenigstens glaubte sie das, bis Lady Dandridge eintraf.
Elizabeth stand an jenem kalten, windigen Nachmittag an ihrem Fenster und sah zu, wie die Viscountess aus ihrer schicken, schwarzen Kalesche stieg. Lady Dandridge trug ein modisches eisblaues Seidenkleid mit hoher Taille, das mit kleinen Rosen bestickt war. Das Haar unter dem Rand ihres Huts war genauso schwarz und glänzend wie Ravenworth’, doch ihre Haut war sehr hell, und ihr Mund war voll und genauso rosig wie die Blumen auf ihrem Kleid.
Der Graf nahm ihre Hände und beugte sich vor, um ihre Wange zu küssen. Lady Dandridge umfaßte sein Gesicht mit beiden Händen, und ihr dunkler, sinnlicher Blick ließ klar erkennen, was sie sich vom Rest des Nachmittags erwartete.
Elizabeth wurde es plötzlich eng in der Magengrube, und sie mußte den Blick abwenden.
»Ich sach Euch, die is schlimmer als alle andern«, meinte Mercy Brown mißbilligend, die am anderen Fenster stand. »Immer kommt se her und macht sich an den Grafen ran, die Röcke hoch wie ’ne Nutte. Und der arme alte Lord Dandridge hält sie für das Bild einer Mutter.«
Elizabeth hob mit einem Ruck den Kopf. »Lady Dandridge hat Kinder?«
»Was denkt Ihr denn? So benehm’ sich die Reichen eben. Sie hat ihrem Mann den verdammten Erben gegeben, jetzt kann se tun und lassen, was se will. Nicht der Graf hat die Sache angefangen, sie is immer wieder hergekommen, bis er se schließlich genomm’ hat.«
Elizabeth dachte an das Paar unten - oder waren sie jetzt schon oben in Ravenworths Gemächern, womöglich nackt in seinem großen Himmelbett?
Bei dem Gedanken wurde es ihr ziemlich warm und eng und kribbelig in ihrer Haut.
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