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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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war ich bei Dr. al-Zaki. Er sagte mir, dass mit Ihrem Fuß alles in bester Ordnung sei und dass keine Schäden zurückbleiben werden.«
    »Da war er Ihnen gegenüber nachgiebiger als bei mir. Ich muss weiter den Verband tragen und den Fuß jeden Abend einreiben. Ist jemand aus Ihrer Familie krank? Ich meine, weil Sie heute Morgen beim Arzt waren.«
    »Nein, es ist niemand krank. Allah sei Dank befinden sich alle bei bester Gesundheit. Ich bin bei Dr. al-Zaki gewesen, um mich nach Ihnen zu erkundigen. Ich wollte mich vergewissern, dass alles in Ordnung ist.«
    »Aha.«
    Es bestand trotzdem kein Anlass, sich Hoffnungen zu machen: Al-Saud kümmerte sich aus Schuldgefühlen um sie und wegen seiner Freundschaft zu dem Botschafter, genauso wie es jeder guterzogene, höfliche Mensch getan hätte.
    »Ich hatte noch keine Gelegenheit, Ihnen für den Kamelienstrauß zu danken, den Sie mir haben schicken lassen«, sagte Francesca schließlich. »Ich hatte zwar schon von diesen Blumen gehört, aber ich hatte noch nie welche in Händen. Es ist die perfekteste und schönste Blume, die ich je gesehen habe.«
    »Ich wollte unbedingt Kamelien haben«, erklärte al-Saud, »weil sie mich an Ihre weiße Haut erinnern.« Er nahm ihre Hand und betrachtete sie ausgiebig und ohne Hast. »Meine Haut wirkt neben Ihrer noch dunkler, als sie ohnehin schon ist«, sagte er schließlich und ließ sie sanft los. »So einen Mond wie heute habe ich noch nie gesehen«, setzte er dann hinzu.
    »In Saudi-Arabien scheint der Mond der Erde ein Stück näher zu sein«, bemerkte Francesca.
    »Für uns Beduinen ist er sehr wichtig. Sein Licht führt uns durch die Wüste.«
    »Warum sagen Sie immer ›wir‹, wenn Sie von den Beduinen sprechen, Hoheit?«
    »Weil ich ein Beduine bin. Mein Vater war einer, genau wie mein Großvater und all meine Vorfahren. Wir haben über Jahrhunderte hinweg in der Wüste gelebt und kennen sie wie kein anderer. Wir arrangierten uns mit den unbarmherzigen Bedingungen und lernten, mit ihnen zu leben. Lange Zeit diente uns die Wüste als natürlicher Schutzwall gegen Invasoren. Dafür achten, ja, ich würde fast sagen, verehren wir sie.«
    »Aber Sie sind kein Beduine mehr. Ich meine, Sie sind kein Nomade und leben auch nicht in Zelten.«
    »Eine gewisse Zeit im Jahr lebe ich sehr wohl im Zelt und ziehe durch die Wüste.« Kamal lachte über Francescas erstauntes Gesicht. »Sie können nicht glauben, dass es diese antiquierte, unzivilisierte Lebensweise Mitte des 20. Jahrhunderts immer noch gibt, stimmt’s?«
    »Wenn ich ehrlich sein soll: Es fällt mir schwer.«
    »Jedenfalls bedeutet Beduine zu sein wesentlich mehr, als in Zelten zu leben und durch die Wüste zu wandern. Wir Beduinen haben gelernt, mit der Trockenheit, den Stürmen und den unzähligen Gefahren zu leben. Wussten Sie, dass die Wüste Rub al-Chali die unwirtlichste Region der Erde ist? Sie liegt im Südosten meines Landes. Niemand außer uns traut sich dort hinein, und wir tun es mit großem Respekt, ohne die Grenzen zu überschreiten, die sie uns setzt. Der Beduine ist von Natur aus mutig – er muss es sein, will er nicht sterben. Und auch weise, denn im Unterschied zu den Menschen der westlichen Welt verehrt und versteht er die Natur und sieht in ihr keinen Feind, den er besiegen und beugen muss. Und trotz ihrer Lebensfeindlichkeit verteidigt und verehrt er seine Heimat, weil sie neben den Pferden das Einzige ist, was Allah ihm gegeben hat.«
    Kamal sprach mit Leidenschaft, ohne jedoch die Stimme zu erheben. Ihm zuzuhören, berührte Francesca; es war schwer, sich seiner Energie und seiner Überzeugung zu entziehen. Unerklärlicherweise erfüllte sie seine Begeisterung mit Stolz. Sie bewunderte ihn dafür, dass er die Liebe zu seinem Land so überzeugt zum Ausdruck brachte, dass er es allem anderen vorzog, obwohl er an den schönsten Orten Europas gewesen war. Ihr fiel auf, dass sie eine solche Liebe weder zu Córdoba noch zu Sizilien empfand, von dem ihre Mutter ihr so viel erzählt hatte. Nur bei Fredo hatte sie eine vergleichbare Leidenschaft bemerkt, wenn er ihr vom Aostatal und der Villa Visconti erzählte.
    »Ich bewundere Sie«, gestand Francesca.
    »Wofür?«, fragte al-Saud überrascht.
    »Weil Sie Ihr Land und seine Menschen so sehr lieben. Ich empfinde für nichts eine solche Hingabe. Wenn ich mich mit Ihnen vergleiche, bereue ich es, meine Zeit mit Nichtigkeiten vergeudet zu haben und meine Kraft nicht auf etwas Bestimmtes konzentriert zu

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