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Was Die Liebe Naehrt

Was Die Liebe Naehrt

Titel: Was Die Liebe Naehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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begegnen, werden sie
     offen für Gott und offen für das Einswerden miteinander und mit Gott. Das Alte Testament hat noch sehr anschaulich um die spirituelle Dimension der
     sexuellen Liebe gewusst. Wenn Mann und Frau im sexuellen Akt miteinander eins werden, so beschreibt das Alte Testament das mit Erkennen. Sexualität ist
     also nicht nur sinnliche Befriedigung, sondern die höchste Form des Wissens. Für den Menschen des Alten Testamentes war das Erkennen, nach einer
     Formulierung des Alttestamentlers Herbert Haag, »das Entdecken des Partners als Mann oder Frau. In der Hingabe öffnen und erschließen sie sich dem
     anderen, im Erkennen erfahren sie seine Einmaligkeit in der tiefsten Tiefe seines Wesens.« Wenn der Mann im sexuellen Akt seine Frau erkennt, dann geht
     ihm ihr Geheimnis für einen Augenblick auf. Er kommt ihr nicht nur körperlich, sondern auch seelisch und geistig nahe. Er erkennt ihr Wesen und zugleich
     erkennt er sich selbst besser. Sexualität hat also für das Alte Testament mit Wissen zu tun. Es ist das Wissen um das Geheimnis von Mann und Frau. Dieses
     Wissen ist uns in einer christlichen Sexualmoral verloren gegangen, die Sexualität vor allem im Kontext von Sünde thematisiert hat.
Mythische Bilder
    Im Buch Genesis heißt es: »Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch«
     (Gen 2,24). Die Faszination, mit der Frau ein Fleisch zu werden, ist so groß, dass der Mann die Beziehung zu Vater und Mutter zurückstellt und aus ihr
     ausbricht. Das sieht das Buch Genesis als Bestimmung von Gott her. Gott hat den Menschen als Mann und Frau erschaffen. Ja, der zweite Schöpfungsbericht
     drückt es so aus, dass Gott aus der Rippe des Adam seine Frau Eva geschaffen hat. Als Gott dem Adam seine Frau zuführt, jubelt Adam auf: »Dieses ist nun
     endlich Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Sie soll Männin ( ischah ) heißen, denn vom Mann ( isch ) ist sie genommen«
     (Gen 2,23). Beide gehören also von ihrem Wesen her zusammen. Das Alte Testament drückt das einmal durch den Namen aus, der die gleiche Wurzel hat, und
     durch das Entnehmen der Frau aus der Rippe des Mannes. Weil beide im Innersten zusammengehören, sehnen sie sich, wieder miteinander eins zu werden. In
     ihrer Einheit wird die ursprüngliche Einheit von Gott und Mensch wiederhergestellt.
    Die Bibel antwortet mit diesem Bild auf den griechischen Mythos, den uns der Philosoph Platon überliefert hat: Die Menschen hatten ursprünglich eine
     Kugelgestalt und wurden von den Göttern aus Eifersucht entzwei gehauen. Seitdem irren sie umher und suchen ihre andere Hälfte. In der sexuellen Liebe
     steckt also letztlich die Sehnsucht nach Ganzheit als letzte Motivation. Der Mannfühlt sich allein nicht als ganzer Mensch. Der Frau
     geht es ähnlich. Wer – wie die Mönche – auf die gelebte sexuelle Beziehung zu einer Frau verzichtet, kann diese Erfahrung der Ganzheit daher nur machen,
     wenn er in sich die Einheit zwischen Mann und Frau lebt. Die Griechen sprechen hier vom androgynen Menschen, der in sich Mann und Frau verbindet. Und
     Dionysos Areopagita deutet das Wort »Mönch = monachos« von »monas = Einheit, Einssein«. Mönch ist demnach der, der in sich die ursprüngliche Einheit, von
     der der griechische Mythos erzählt, verwirklicht. Auch in der spirituellen Auffassung des Mönchtums klingt also der alte Mythos nach, dass der Mensch nur
     ganz wird, wenn er mit der Frau eins wird. Wenn er nicht sexuell mit ihr eins werden will, muss er zumindest in sich Mann und Frau, anima und animus miteinander verbinden.
Sexualität und Spiritualität im Neuen Testament
    Viele meinen, das Neue Testament würde wenig Hilfreiches zum Thema Sexualität und Spiritualität sagen. Doch wenn wir die Briefe des
     hl. Paulus und das Johannesevangelium vor dem Hintergrund dieser Spannung zwischen Sexualität und Spiritualität lesen, werden wir durchaus erstaunliche
     Aussagen entdecken. Im Johannesevangelium spricht Jesus immer wieder vom Wohnen und Bleiben ( menein ): »Wer in mir bleibt und in wem ich
     bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen« (Joh 15,5). Und er fordert uns auf:»Bleibt (wohnt)
     in meiner Liebe!« (Joh 15,9.) Wenn zwei Menschen einander lieben, sprechen sie auch davon, dass einer im Herzen des anderen wohnt. Und als Höhepunkt
     dieses Wohnens im anderen erleben sie den sexuellen Akt, wenn der Penis in die

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