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Was Die Liebe Naehrt

Was Die Liebe Naehrt

Titel: Was Die Liebe Naehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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das größer ist als das, was wir von ihm kennen. In jedem von uns ist ein Geheimnis, das uns übersteigt. In jedem von uns ist ein guter Kern, ein
     göttlicher Kern. Zumindest kennen wir alle in uns die Sehnsucht, gutzu sein. Es braucht – so meint Benedikt – Augen des Glaubens, um
     Christus im anderen zu entdecken. Das ist eine große Hilfe für die täglichen Reibereien. Im Streit sehen wir den anderen nur als den, der mich verletzt
     hat, der wieder einmal unachtsam war oder nicht verstanden hat, worum es geht. Wir legen ihn fest auf ein ganz bestimmtes und enges Bild. Der Glaube
     sprengt dieses Bild. Er übersieht das, was der andere an Unachtsamkeit oder Aggression gezeigt hat, nicht. Aber er sieht durch das Verhalten hindurch auf
     den inneren Kern. So beiße ich mich nicht fest am Konflikt, sondern eröffne auch dem anderen die Möglichkeit, an den eigenen guten Kern zu glauben.
Verletzungen loslassen
    Viele Verletzungen in der Partnerschaft entspringen dem mangelnden Glauben an den anderen. Wir legen den anderen fest auf unsere
     Vorstellungen. Wir sind nicht bereit, unsere Vorstellungen loszulassen und den anderen mit den Augen des Glaubens zu betrachten. Die stoische Philosophie
     hat einen Grundsatz aufgestellt, den die christliche Spiritualität der ersten Jahrhunderte dankbar aufgegriffen hat. Sie sagt: »Keiner kann dich verletzen
     außer du selbst. Nicht die Menschen verletzen dich, sondern die Vorstellungen ( dogmata ), die du dir vom Menschen machst.« Oft ist es nicht
     der Mann, der die Frau verletzt, sondern eine nicht erfüllte Vorstellung. Die Frau meint: Der Mann müsste doch merken, dass ich mich den ganzen Tag um die
     Kinder gekümmert habe und jetzt einfach einmalZeit für mich brauche. Der Mann meint: Die Frau müsste doch eigentlich spüren, dass ich
     von der Arbeit überfordert bin, dass ich müde bin und Erholung brauche. Mann und Frau haben also unausgesprochene Vorstellungen vom jeweils anderen. Doch
     der andere erfüllt die Vorstellungen nicht. Und schon fühlt man sich verletzt. Doch es war nicht die Frau, die den Mann verletzt hat und nicht der Mann,
     der die Frau verletzt hat, sondern die nicht erfüllte Vorstellung, die wir von ihm oder von ihr hatten. An den guten Kern im anderen glauben heißt, dass
     ich meine Vorstellungen loslasse und mich immer wieder mit Augen des Glaubens dem anderen zuwende, in ihn hineinschaue, mich mit ihm beschäftige. Ich lege
     ihn nicht auf meine Vorstellungen fest, sondern erlaube ihm, dass er er selbst sein darf. Und wenn ich Erwartungen und Wünsche an ihn habe,
     sage ich sie ihm, anstatt von ihm etwas zu erwarten, von dem er gar nicht weiß, dass es von ihm erwartet wird.
Rituale – Ordnungen der Liebe
    Spiritualität zeigt sich immer auch in einem konkreten Leben, in einer konkreten Ordnung. Bert Hellinger spricht von »Ordnungen der
     Liebe«. Auch die Liebe zwischen Mann und Frau braucht bestimmte Ordnungen, damit sie gelingen kann. Das scheint zunächst ein Gegensatz zu sein. Denn Liebe
     ist ja auch das spontane Gefühl, das mich überfällt, das Vitale und Ungeordnete. Die Liebe lebt von der Spontaneität und Kreativität. Und doch braucht sieauch konkrete Formen, damit sie nicht verblasst. Gefühle kommen und gehen. Es braucht Anhaltspunkte, an denen ich mit dem Gefühl der
     Liebe in Berührung komme. Solche Anhaltspunkte und Erinnerungspunkte sind die Rituale. Sie halten meine Liebe lebendig.
    Die Rituale haben vor allem zwei Bedeutungen. Sie öffnen unser Leben auf Gott hin. Sie stellen es unter den Segen Gottes. Mitten im Alltag zeigen uns
     Rituale, dass wir unser gemeinsames Leben vor Gott führen, dass er das eigentliche Ziel ist, auf das hin wir unterwegs sind und dass er der
     Grund ist, auf dem wir unser gemeinsames Lebenshaus gebaut haben. Aber Rituale haben darüber hinaus noch eine andere Bedeutung. Sie sind der Ort, an dem
     Gefühle ausgedrückt werden, die sonst nie ausgedrückt werden. Sie vertiefen die Beziehungen zwischen den Menschen und schaffen eine gemeinsame
     Identität. Sie verbinden uns auf einer tieferen Ebene als der des Verstandes und des Willens, tiefer auch als das Gefühl. Das gilt vor allem für die
     Rituale der Zweisamkeit. Manche Paare haben das Ritual, sich am Morgen mit einem Kuss zu begrüßen und sich abends mit einem Kuss in die Nacht zu
     verabschieden. Das mag flüchtig erscheinen. Aber wenn das Ritual täglich geübt wird, gibt es doch jeden Tag zumindest eine zärtliche

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