Was Die Liebe Naehrt
Achtsamkeit im Hören und Sprechen
geschieht, dann sprechen die beiden nicht nur mit einander, sie sind ein Gespräch. Zwischen ihnen geschieht etwas
Geheimnisvolles: Verständigung. Sie stehen zueinanderund füreinander ein. Sie bekommen einen gemeinsamen Stand. Sie stehen auf einem
Grund, der sie trägt. Doch dieser Grund ist mehr als das, was sie selbst sind. Es ist letztlich Gott, der durch die Verständigung im Gespräch ihr
eigentlicher Grund wird.
Einsamkeit, Verschiedenheit, Gemeinsamkeit
»Träumst vom Glück. Und lebst im Leid./ Einsam bist du sehr alleine – / und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit«, heißt es in
dem Gedicht »Kleines Solo« von Erich Kästner. Es ist ein Gedicht über das Versickern einer Liebeshoffnung. Viele fürchten sich davor. Der Paartherapeut
Jürg Willi bestätigt es aus seiner Praxis: »Manche fühlen sich in der Ehe einsamer und beziehungsloser als Alleinstehende.« Die Erfahrung vieler Paare am
Anfang ihrer Beziehung ist die: Sie wollen gemeinsam durch das Leben gehen und ihr Leben miteinander teilen. Doch bei aller Gemeinsamkeit erfahren sie oft
genug, dass sie sich einsam fühlen. Einsamkeit hat aber ein Doppelgesicht. Es gibt eine Einsamkeit, die in der schmerzlichen Erfahrung besteht, dass einem
der Partner keine Resonanz gibt. Es gibt aber eine Einsamkeit auch in der Ehe, die nicht aufgelöst werden kann. Gemeinschaft ist ein Anspruch, den die
Partner in der Ehe haben. Doch diese Gemeinschaft ist nur möglich, wenn jeder auch zu seiner Einsamkeit steht. Beide Partner haben sich entschlossen,
gemeinsam durch das Leben zu gehen, alle Erfahrungen miteinander zu teilen. Nun erfahren sie etwas anderes: dass der andere einenim
tiefsten nicht versteht, dass der andere einen nicht sieht, nicht in der Tiefe wahrnimmt. Die Folge ist Langeweile, die Erfahrung einer Mauer zum anderen
hin: Einsamkeit zu zweit. Wer diese Einsamkeit in der Ehe erfährt, darf sie nicht als Anklage gegen den anderen benutzen. Sonst verstärkt er nur das
Unverstandensein. Es geht darum, sich mit der Einsamkeit auszusöhnen. Sie gehört wesentlich zu uns Menschen. Auch wenn wir uns noch so nahe kommen, gibt
es Bereiche in uns, in die der andere nicht eindringen kann und die er nicht versteht. Wenn ich diese Einsamkeit annehme, dann darf ich dankbar die
Gemeinschaft mit dem Partner erfahren. Und ich erlebe es als beglückend, wie wir doch Wesentliches miteinander teilen können.
Eine andere Erfahrung, die viele Ehepartner machen: Sie treffen eine Frau, einen Mann, mit dem sie eine Seelenverwandtschaft spüren. Die Frau trifft
einen Mann, mit dem sie sich über ihre Spiritualität austauschen kann. Der Mann trifft eine Frau, die ihn nicht kritisiert, sondern ihn in Berührung
bringt mit seiner Kraft, mit seiner Kreativität, mit seiner Spiritualität. Solche Begegnungen und Freundschaften können die Ehe bereichern. Sie können
aber auch zur Krise werden. Der Mann wird eifersüchtig auf seine Frau, die sich mit einem anderen Mann über Dinge verständigen kann, über die sie mit ihm
nicht redet. Die Frau wird eifersüchtig auf den Mann und fühlt sich von ihm hintergangen, weil er mit einer anderen Frau eine tiefe innere Verwandtschaft
spürt. Es ist immer eine Gratwanderung, wenn solche Freundschaften entstehen. Sie können die Partnerschaft zum Scheitern bringen. Siekönnen aber auch zum Gelingen der Partnerschaft beitragen.
Damit es ein Gelingen werden kann, sind zwei Bedingungen nötig: Die erste Bedingung ist, dass die Freundschaft klare Grenzen kennt, dass sie nicht in
Konkurrenz gerät zur Ehe, dass sie also keine sexuelle Beziehung wird. Die zweite Bedingung ist, dass die Partner sich ihrer eigenen Grenzen bewusst
werden. Wenn der Mann sich eingesteht, dass er spirituell nicht so begabt ist und dass er über Spiritualität mit seiner Frau nur sehr eingeschränkt
sprechen kann, wenn die Frau sich eingesteht, dass sie nicht alle Bedürfnisse des Mannes erfüllt, dann kann eine Freundschaft zu einer anderen Frau und zu
einem anderen Mann zum Segen für die Ehe werden. Aber die Voraussetzung ist die Ehrlichkeit im Umgang miteinander. Und die Dankbarkeit für das, was ich
mit dem Partner teile, für die Treue, für die tägliche Zuverlässigkeit, für seine Liebe, die mich trägt. Wenn ich die Freundschaft zu einer anderen Frau
mit dem versteckten Vorwurf beginne, dass meine Frau so viele Defizite hat, dass sie mich nicht richtig annimmt,
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