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Was Die Liebe Naehrt

Was Die Liebe Naehrt

Titel: Was Die Liebe Naehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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benutzen – die Ehe gebrochen und sich nicht an sein einmal
     vor Gott und den Menschen gegebenes Versprechen gehalten. Vielleicht hat er die Beziehung zu einer anderen Frau verschwiegen oder sogar geleugnet, als er
     darauf angesprochen wurde. Er hat Schuld auf sich geladen. Die Frage ist, wie wir mit dieser Schuld umgehen. Es gibt Ehen, in denen dieser Partner sein
     Leben lang im Bußgewand herumlaufen muss. Es gibt keine Vergebung. Sobald er einen Fehler macht oder einen Wunsch äußert, bekommt er den Vorwurf zu hören:
     »Du brauchst dir gar nichts einzubilden. Du hast mich damals so verletzt.« Die Schuld wird als dauernder Vorwurf benutzt. Der andere hat keine Chance
     mehr, auf gleicher Ebene zu kommunizieren. Hier zeigt sich, dass eine Ehe nicht ohne Vergebung auskommt. Vergebung heißt natürlich nicht, dass ich die
     Schuld des anderen übersehe. Ich sehe die Schuld und konfrontiere den anderen damit. Er soll merken, wie sehr er mich verletzt hat. Und ich bin auch
     bereit, zu vergeben und das, was vergangen ist, zu lassen. Ein Versöhnungsritual kann dabei helfen, die Vergebung für beide Wirklichkeit werden zu
     lassen.
    Eine wichtige Frage ist auch: Wie gehe ich mit meiner eigenen Schuld um? Denn ob wir wollen oder nicht, wir werden im Miteinander einer Ehe immer
     aneinander schuldig. Wir bleiben dem anderen und uns selbst immer etwas schuldig. Wir fühlen uns schuldig, wenn wir den anderen verletzt haben, wenn wir
     nicht achtsam genug waren, wenn wir nach außen hin versagt haben. Auch wer in derEhe untreu war, fühlt sich am anderen schuldig. Manche
     verdrängen das und gehen zur Tagesordnung über. Andere können sich selbst nicht mehr aushalten. Sie werfen sich ständig vor, dass sie in diese Situation
     geraten sind. Sie verstehen sich selbst nicht mehr und lehnen sich ab. Auch hier ist es wichtig, dass ich mit meiner eigenen Schuld so umgehe, dass ich
     nicht alle Selbstachtung verliere. Jesus zeigt uns im Gleichnis vom ungerechten Verwalter, wie wir mit unserer Schuld umgehen sollen (vgl. Lk 16,1–
     8). Wir können sie weder durch Leistung oder Wiedergutmachung abzahlen. Noch können wir sie durch Betteln oder indem wir uns klein machen aus der Welt
     schaffen. Der einzige Weg ist, vom Thron der eigenen Selbstgerechtigkeit herunterzusteigen und Mensch unter Menschen zu werden. Der Verwalter teilt die
     Schuld mit den anderen Schuldnern. Er sagt sich: »Ich bin schuldig, du bist schuldig. Also teilen wir uns die Schuld.« Auf diese Weise können sich alle in
     die Augen schauen. Bedingung für diesen Umgang ist freilich, dass ich daran glaube, dass Gott mir vergeben hat. Wenn er mir vergeben hat, muss auch ich
     mir selbst vergeben und darf mir nicht ständig meine Schuld vorwerfen. Denn das würde mich lähmen und die Liebe nicht vertiefen, sondern langsam
     aushöhlen. Eine Liebe, die mit Schuldgefühlen vermischt ist, löst sich allmählich auf.
    Aber wie geht es der Frau, deren Mann sie betrogen hat? Wie geht es dem Mann, wenn er erfährt, dass seine Frau einen Geliebten hat? Eine Frau hat von
     ihrer Freundin gehört, dass ihr Mann eine Beziehung hat. Sie stellt ihn zur Rede. Er leugnet es. Dann kontrolliert sie sein Handy und liest die SMS der
     Geliebten. Ihr Vertrauen ist zerstört. Sieist nur noch voller Schmerz und Wut und Enttäuschung. Wie kann sie aus diesem Gefühlschaos
     wieder herauskommen? Es hilft ihr nicht, ihre Verletzung zu überspringen. Sie soll dem Mann ihren Schmerz und ihre Enttäuschung und Wut zumuten. Er soll
     spüren, wie sehr er seine Frau verletzt hat. Er muss sich seiner Schuld stellen. Erst nachdem der Schmerz und die Wut zugelassen und ausgesprochen wurden,
     kann die Frau versuchen, ihrem Mann zu vergeben. Aber es wird ein Misstrauen bleiben. Das Grundvertrauen hat einen Riss bekommen. Das ist eine
     Herausforderung für die Frau. Sie kann ihr Leben nicht allein auf den Mann bauen. Sie braucht ein tieferes Vertrauen. Das ist letztlich das Vertrauen auf
     Gott. Sie kann diese Situation nur aushalten, wenn sie ihr Lebenshaus auf Gott baut und nicht auf ihren Mann. Die Verletzung zwingt sie also, von der rein
     psychologischen auf die spirituelle Ebene zu gehen. Das relativiert die menschliche Verletzung. Doch darf die Spiritualität keine Flucht vor der
     Verletzung sein. Dann würde die Frau den Schmerz nicht wirklich wahrnehmen. Sie würde sich auf die spirituelle Ebene zurückziehen und sich letztlich der
     menschlichen Auseinandersetzung entziehen.

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