Was die Nacht verheißt
jeweils übernimmt.«
Das hatte er natürlich auch gewusst, wollte aber lieber doch noch einmal nachfragen. »Wie ich schon sagte, Ihr habt bisher eine interessante Sammlung von Informationen zusammengestellt. Jetzt ist es an der Zeit voranzugehen. Ich möchte, dass Ihr herausfindet, wer am meisten von den Verlusten der Hawksmoor Schifffahrtsgesellschaft profitiert hat, besonders seit die Seehabicht im Hafen liegt. Es ist wahrscheinlich, dass alle irgendwie davon profitiert haben, aber es ist doch bestimmt interessant herauszufinden, wessen Gewinn am größten war. Welche Gesellschaft auch immer für die Sabotage verantwortlich ist - immer angenommen, dass es so ist -, wäre bestimmt sofort in die Bresche gesprungen, sobald wir einen Transport absagen mussten. Also hätte sie auch die beste Gelegenheit gehabt, die Verträge zu übernehmen.«
Reynolds lehnte sich in den Sessel zurück. »Das ist eine sehr scharfsinnige Bemerkung, Mylord. Wir werden uns an die Arbeit machen, sobald wir zurück in London sind.«
»Ja, genau das«, stimmte Kelly zu. »Es besteht eine große Chance, Kapitän, dass Ihr erfahrt, wer Eure Nemesis ist, wenn Ihr uns das nächste Mal seht.«
Marcus sagte nichts. Er kümmerte sich nicht um das Ziehen in seinem Rücken und rieb sich stattdessen seine nutzlosen Beine, wünschte, er könnte das Ziehen dort auch spüren anstatt der immer gleichen Taubheit. Ein Bild von Palmer Reese stand plötzlich vor seinem inneren Auge. Palmer, so höflich und redegewandt, so glatt und poliert, dass es beinah schmierig wirkte, hatte Marcus früher immer gedacht.
Er hatte Palmer Reese nie besonders leiden können, obwohl sein Vater ein Freund von Palmers Vater gewesen war und ihn und seinen Sohn oft nach Hawksmoor House eingeladen hatte.
Damals war Palmer nichts als selbstsüchtig und ärgerlich gewesen. Jetzt fragte sich Marcus, ob Palmer der Mann hinter seinen Schwierigkeiten war - und er ihn eines Tages töten würde.
Brandy stand im Flur vor Marcus’ Arbeitszimmer und sah zwei Männer, der eine groß und breit, der andere schlank und gut gekleidet, zur Tür gehen. Rex hatte ihr erklärt, dass die beiden Detektive von der Bow Street waren, Männer, die Marcus bezahlte, um herauszufinden, wer seine Schiffe sabotierte.
Sie schauderte, wenn sie daran dachte, sich an den Hass in seinem Blick erinnerte, wann immer er davon sprach, an sein Verlangen nach Rache, das alles andere unter sich begrub.
»Bist du bereit?« Rex Delaine stand neben ihr, beinah so attraktiv wie sein Bruder. Sie hatten beschlossen, das Problem zusammen anzugehen, eine Art Armee aus zwei Personen, die gegen ein gut trainiertes Bataillon anstürmte.
»Ich bin bereit, Marcus und einer seiner Tiraden entgegenzutreten - und eine solche wird es sicher geben. Unglücklicherweise habe ich kaum eine andere Wahl, vor allem angesichts der Tatsache, dass Dr. Merriweather hinten im anderen Salon sitzt.«
Rex lächelte auf dieselbe warme, maskuline Art, wie Marcus es immer getan hatte. Mein Gott, wie sie dieses Lächeln vermisste.
Sie schoben die Tür auf und fanden Marcus über seinen Schreibtisch gebeugt. Sie wünschte, es wären die Bücher der Hawksmoor Schifffahrtsgesellschaft, über die er sich mit solch fanatischem Interesse beugte, doch es war ein Stapel von Papieren, die die Detektive für ihn mitgebracht hatten, Notizen über mögliche Verdächtige.
»Es tut mir Leid, wenn wir dich unterbrechen«, sagte Rex, und der dunkle Kopf seines Bruders kam mit einem Ruck hoch. »Wir hätten da etwas zu besprechen.«
Marcus hob eine dichte schwarze Augenbraue, in seinen langen Fingern einen mit Silber eingelegten Federhalter mit einer weißen Feder. Sein Blick wanderte von Rex zu Brandy und wieder zurück. »Und um was genau geht es dabei?«
Rex ließ Brandy eintreten und schloss die Tür hinter ihnen beiden. Angesichts des Misstrauens in Marcus’ Gesicht pochte ihr Herz noch heftiger als zuvor, und ihre Beine fühlten sich irgendwie schwach an. Sie wusste, wie stur er sein konnte. Sie betete von ganzem Herzen, dass er sich diese Chance geben würde.
»Wir sind hier, um über das Thema deiner Genesung zu sprechen«, sagte Rex.
»Meine Genesung?« Das war das Letzte, was er von Rex zu hören erwartet hatte, und er richtete sich auf und wandte ihnen seine ganze Aufmerksamkeit zu. »Worüber, zum Teufel, redet ihr?«
Brandy ging auf ihn zu und blieb auf halbem Weg vor seinem Schreibtisch stehen. »Dein Bruder und ich sind hier wegen eines
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