Was die Nacht verheißt
im Rumpf gehabt. Es war erst noch vom Sickerwasser bedeckt, aber dann entdeckte es einer der Arbeiter, als die Mannschaft alles auspumpte.«
»Was hat er gesehen, Hamish?«, drängte der Kapitän, und sein Gesicht war angespannt.
»Ein paar der Bolzen fehlten an der Stelle, wo der Mast am Rumpf befestigt ist. Darum ist er gebrochen. Er hat sich ganz langsam unten gelöst und musste bei Sturm einfach nachgeben. Jemand hatte geplant, dass er brechen sollte, Käpt’n. Das ganze verdammte Schiff hätte dabei untergehen können.«
Die Hand des Kapitäns ballte sich zur Faust. Er schlug auf seine nutzlosen Beine. »Ich wusste es. Ich habe versucht, mir einzureden, dass ich mich irre, aber eigentlich habe ich es die ganze Zeit gewusst. Ich werde ihn finden, das schwöre ich bei Gott. Und wenn es das Letzte ist, was ich auf dieser Erde tue -ich werde den Schuft finden. Und dann werde ich den Hundesohn umbringen.«
Miss Brandy kniete sich vor ihn und nahm seine Hand. »Es tut mir Leid, Marcus, so Leid.«
Der Kapitän riss die Hand zurück. »Lasst mich allein!«, rief er. »Alle beide. Verschwindet von hier und lasst mich allein.«
Hamish widersprach nicht. Er hatte wirklich nicht kommen wollen. Er hatte gewusst, welchen Schmerz seine Nachricht bedeuten würde, aber das war wohl nicht zu ändern.
»Ist schon gut, Hamish«, sagte Brandy weich, als sie wieder im Haus waren. »Ihr könnt nichts dafür. Er musste es erfahren. Das wird er auch noch verdauen.«
Hamish schüttelte nur den Kopf. »Nein, Mädel, das nicht. Der Käpt’n wird sich rächen wollen und sich nicht mit weniger zufrieden geben. Ich fürchte, das wird ihn bei lebendigem Leib verzehren.«
Das Mädchen biss die Zähne zusammen, dann hob sie das Kinn. »Nein, wird es nicht. Ich werde es nicht zulassen. Ich werde ein Ventil für all den Ärger und den Hass finden. Ich werde einen Weg finden, etwas anderes daraus zu machen.«
Hamish streckte die Hand aus und strich ihr mit einem Anflug von Bewunderung übers Haar. »Dann viel Glück, Mädel. Wenn es jemanden gibt, der das schafft, dann Ihr.« Doch er hatte keine große Hoffnung, dass es ihr gelingen könnte. Er hielt es nicht für möglich, dass irgendjemand den Kapitän von dem Hass heilen könnte, den er empfand.
Nicht einmal Brandy Winters.
Brandy trat in den Flur hinaus, schloss die Tür des Seeblick-Salons hinter sich und lehnte sich daran. Hinter sich hörte sie Glas splittern, dann krachte etwas Hartes gegen die Wand.
Sie spürte einen rauen Schmerz in der Brust, als sie an den verbitterten Mann hinter der Tür dachte. Marcus war so weit gekommen, hatte so viele Fortschritte gemacht. Jetzt hatte er wieder Kummer, und sie war entschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Sie holte tief Luft, wanderte durch den Irrgarten von Fluren und Galerien und öffnete schließlich, ohne vorher angekündigt zu sein, die Tür zu Rex’ Arbeitszimmer.
»Ich muss mit dir reden, Rex. Es ist wichtig.« Sie hatten schon seit längerer Zeit auf die Formalitäten der Anrede verzichtet. Sie waren Kameraden, die ein gemeinsames Ziel verfolgten, das wussten sie beide und akzeptierten es. Jeder wusste die Sorgen des anderen um Marcus zu schätzen und war dankbar für die Hilfe.
Rex hob eine schmale schwarze Augenbraue und stand hinter dem Schreibtisch auf. »An der Röte in deinen Wangen und dem Glitzern in deinen Augen kann man das deutlich erkennen. Vielleicht machst du besser die Tür zu.«
Sie zögerte nicht, sondern tat, was er vorgeschlagen hatte, ging dann zu seinem Schreibtisch und blieb davor stehen. Als Rex ihr bedeutete, sie solle sich setzen, schüttelte sie den Kopf.
»Ich kann es nicht ertragen, Rex. Es sind jetzt drei Tage vergangen, seit Hamish Bass hier war, und dein Bruder benimmt sich wie ein Wahnsinniger. Alles, woran wir solange gearbeitet haben, wird dahin sein, wenn wir ihn nicht irgendwie erreichen können.«
Rex seufzte und fuhr sich mit den Fingern durch sein dichtes schwarzes Haar. »Das hatte ich befürchtet. Seit dem Unfall habe ich immer gebetet, dass es sich wirklich als genau das heraussteilen würde. Ich hatte Angst, mir vorzustellen, wie Marcus reagieren könnte, wenn er herausfand, dass jemand tatsächlich bei dem, was ihm geschehen ist, die Hand im Spiel gehabt hat.«
»Er benimmt sich wie ein Irrer. Wenn er nicht Pläne schmiedet, wie er den Mann finden kann, der das gemacht hat, schimpft und droht er, was er mit ihm tun wird, wenn er ihn erst gefunden hat. Er ist verzehrt von
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