Was die Nacht verheißt
Hawksmoor-Ländereien zu verwalten, brauchte er den Platz, und Rex, der froh war, die Last los zu sein, hatte ihm gern nachgegeben.
Die warmen Monate des Sommers waren vergangen, Tage der Zufriedenheit, anders als alles, was er sich je hätte vorstellen können. Er hatte nie erwartet, dass er so viel Freude daran haben würde, verheiratet zu sein. Oder jene Art von Liebe zu entdecken, bei der es ihm schon eng in der Brust wurde, wenn er seine Frau nur durchs Zimmer gehen sah. Wenn sie ihm ihr ganz besonderes Lächeln zuwarf, das sie nur für ihn reserviert hatte, fühlte er sich wie der glücklichste Mann auf der Welt. Der Klang ihres Lachens brachte sein Blut in Wallung und erregte ihn, sodass er sie begehrte, selbst wenn sie sich eben erst geliebt hatten. Gedanken an sie waren immer in ihm wach, bis er sogar vergaß, was er tat oder was er gerade hatte sagen wollen.
Manchmal war es wirklich peinlich.
So wie am Morgen dieses Tages, als Rex in sein Büro gekommen war, wo er wie ein liebeskranker Narr am Fenster stand und hinaussah zu Brianne, die im Garten arbeitete.
»Immer noch Hals über Kopf verliebt, ich sehe schon.« Rex kam grinsend zu ihm herüber. »Manchmal beneide ich dich, Marcus. Und bei anderen Gelegenheiten denke ich, dass es pures Glück ist, dass du es bist, der so ist, und nicht ich.«
Marcus räusperte sich und bedeutete seinem Bruder, sich aufs Sofa ihm gegenüber zu setzen. Rex war am selben Morgen aus London angekommen. Bis auf eine kurze Begrüßung war dies die erste Gelegenheit zum Gespräch.
Rex setzte sich, und Marcus nahm in dem gepolsterten Ledersessel hinter seinem Schreibtisch Platz. »Freut mich, dich zu sehen, kleiner Bruder. Wie geht es so in London in letzter Zeit?«
»Ziemlich ähnlich wie damals, als du abgereist bist. Richard fängt an, sich zu erholen. In letzter Zeit hat er sich öfter mit einer jungen Frau namens Marybeth Winston getroffen. Er scheint schon ziemlich verliebt, und sie ist ganz bestimmt an ihm interessiert. Ich glaube, dass er dir bald verzeihen wird, dass du ihm Brianne vor der Nase weggeschnappt hast.«
Marcus gab ein tiefes Knurren von sich. »Ich habe ihm einen Gefallen getan«, sagte er. »Diese Frau hätte er doch niemals in den Griff bekommen.«
»Vielleicht nicht die Frau, die sie seit deiner Rückkehr wieder ist. Sie war nicht dieselbe ohne dich, Marcus. Sie war nur ein Schatten der Frau, die du da draußen siehst. Ich bin froh, dass du zurückgekommen bist. Froh für euch beide.«
Marcus starrte hinaus in den Garten. Brianne spielte mit einer gelb getigerten Katze, die ein wenig wie Löwenzahn aussah, lachte über das Tier, als es ein trockenes Blatt über den Pfad zu ihren Füßen jagte. Sie hatte die Katze verletzt im Stall gefunden und unter ihre Fittiche genommen. Jetzt schlief die Katze im Haus und viel zu oft am Fußende seines Bettes. »Ich bin ein Mann, der viel Glück hat, Rex. Und glaube mir, ich weiß das.«
Rex zog einen Umschlag aus seiner Rocktasche und beugte sich vor. »Das hier kam Ende letzter Woche zum Büro der Hawksmoor Schifffahrtsgesellschaft in London. Papiere von Reynolds und Kelly Ich habe sie gelesen - ich dachte, es könnte wichtig sein. Als ich gesehen habe, was darin steht, hielt ich es für das Beste, sie persönlich herzubringen.«
Marcus hielt beim Öffnen des Umschlags inne, und sein Blick huschte zum Gesicht seines Bruders. Ihm entging der ernste Ausdruck nicht. Dann machte er sich wieder daran, den Umschlag zu öffnen, zog einen dicken Stapel Papiere heraus und begann zu lesen.
Zuerst ein Brief von Mickey Reynolds, der den Inhalt des Umschlags genauer beschrieb, denn er enthielt verschiedene Pergamente, unter anderem auch Auszüge aus dem Kirchenbuch einer kleinen Gemeinde in Hounslow, nur ein paar Meilen außerhalb von London. Er kannte die Stadt. Als er sich daran erinnerte, dass es die Stadt war, in der Palmer Reese geboren worden war, begann er den Brief mit neuem Eifer zu lesen.
Seine Finger fühlten sich taub an, als er fertig war. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und ließ den angehaltenen Atem langsam aus seinen Lungen strömen.
»Mein Gott, das kann ich kaum glauben.«
»Konnte ich auch nicht, aber offensichtlich ist es die Wahrheit. Abgesehen von den Geburtsurkunden gibt es auch Berichte über eindeutige Überweisungen von der Bank von London. Vater hat fast dreißig Jahre lang Avery Reese Geld überwiesen.«
Bis zu dem Tag, an dem er gestorben war. Danach hatte der Geldfluss
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