Was die Nacht verheißt
nicht sagen, was du tun sollst. Vielleicht wird sie irgendwann akzeptieren können, dass du gehst, wenn du ihr etwas Zeit gibst.«
Marcus schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. »Ich gehe nicht weg, verdammt! Ich erledige eine Aufgabe, die ich erledigen muss. Sobald ich damit fertig bin, werde ich wieder zurückkommen, und das ist alles.«
Eine ganze Weile lang sagte Rex nichts, aber es war offensichtlich, dass er seine Zweifel hatte. Und die hatte Brianne wohl auch. Die Uhr auf dem Kaminsims tickte laut in der Stille. »Wann brichst du auf?«
Marcus seufzte. »Sobald ich es arrangieren kann. Glücklicherweise wird die Seehabicht irgendwann im Laufe der nächsten Woche wieder einlaufen. Danach werde ich mindestens noch eine Woche brauchen, um sie zu überholen.«
»Ich nehme an, dass das Ganze Palmers Idee ist. Er hat immer damit angegeben, die Fairwind sei das schnellste Schiff seiner Größe, das es gibt. Ich frage mich, wie er das hinbekommen hat.«
Marcus schaute zur Tür, dachte an Brianne und hasste Palmer Reese mehr denn je. »Das weiß der Himmel. Nur eines ist sicher - er hat Vaters Redegewandtheit geerbt.«
Rex lachte. »Vater hätte eine Nonne dazu überreden können, ihr Habit auszuziehen. Vielleicht ist er auf diese Art auch in die Schwierigkeiten mit der jungen Witwe Stowe geraten.«
Marcus lächelte schwach. »Mag sein. Was immer auch die Wahrheit gewesen sein mag, ich beklage ganz sicher den Tag, an dem er in das Bett der hübschen Witwe gerutscht ist.«
Für Brandy vergingen die nächsten Tage in einem Nebel von beunruhigenden Gefühlen. Ein Teil von ihr verstand völlig, warum Marcus fortgehen musste.
Er hat keine andere Wahl, sagte ihre innere Stimme. Seine Gesellschaft hängt von ihm ab. Die Leute, die für ihn arbeiten, hängen von ihm ab. Er kann nichts anderes machen.
Unglücklicherweise erinnerte sie eine zweite Stimme daran, dass er sich weigerte, sie mitzunehmen. Es war dieselbe Stimme, die flüsterte, wie sehr er die See liebte, wie er sie sich als seine Geliebte vorstellte. Wie er sie mehr liebte, als er je irgendeine Frau lieben konnte.
Die Tage vergingen langsam. Seit Marcus sich entschlossen hatte zu fahren, gab er sich die größte Mühe, erklärte ihr immer und immer wieder, wie sehr er sie liebte. Gleichzeitig war er auch seltsam abwesend, dachte ständig an Palmer Reese und an die vor ihm liegende Konfrontation. In der vergangenen Nacht hatte er sie mit unvorstellbarer Zärtlichkeit geliebt. Sie dachte, dass er vielleicht spürte, wie schwer es für sie war und welche Sorgen sie sich um die Zukunft machte.
Samstag, der Tag seiner Abreise, kam viel zu schnell. Marcus hatte gepackt, die Kutsche war bereit für seine Fahrt nach London. Rex war schon vor zwei Tagen abgereist, zurück in die Stadt, um mit den nötigen Vorarbeiten zu beginnen.
Jetzt war es Zeit, dass Marcus zu ihm fuhr, und Brandys Magen zog sich vor Furcht zusammen. Sie redete sich ein, dass sie akzeptieren musste, was sie von Anfang an gewusst hatte, was sie nicht ändern konnte. Sie hatte gewusst, dass sie eines Tages dieser Situation gegenüberstehen würde, als sie zugestimmt hatte, ihn zu heiraten. Aber es fiel ihr nicht leicht.
Er kam mit entschiedenen Schritten in ihr Schlafzimmer. Der Stock war inzwischen so sehr ein Teil von ihm geworden, dass er nicht mehr von seinen geschmeidigen Bewegungen ablenkte, sondern sie eher zu betonen schien, was seine Attraktivität noch erhöhte. Einen Augenblick lang zog sich ihr Herz in der Brust zusammen. Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und zwang sich, sich zu beherrschen. Er musste gehen. Er hatte keine andere Wahl, und ganz tief im Innern hatte sie immer gewusst, dass er wieder zur See fahren würde.
»Bist du so weit?«, fragte sie und brachte ein unsicheres Lächeln zustande.
Marcus nickte. »Mein Gepäck ist fertig. Die Kutsche wartet draußen.« Er seufzte und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Ich wünschte, ich müsste dich nicht verlassen.«
Ihr Lächeln verblasste und verschwand ganz. »Ich auch«, sagte sie leise.
»Wenn die Gefahr nicht wäre, würde ich dich mitnehmen.«
Sie wandte den Blick ab und blinzelte heftig. »Du hast doch noch nie sehr viel Wert darauf gelegt, eine Frau an Bord deines Schiffes zu haben. Ich bin sicher, dass sich das nicht geändert hat.«
Marcus streckte die Hand aus und griff nach ihrem Kinn, zwang sie, ihn anzusehen. »Das ist nicht wahr - nicht mehr. Es ist nur, dass ich dich in Sicherheit
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