Was die Nacht verheißt
wissen will.«
Brandy entzog sich ihm und ging hinüber zum Fenster. »Manchmal ist Sicherheit nicht das Wichtigste.«
Marcus trat von hinten an sie heran. Sie konnte hören, wie er sich näherte. »Du glaubst doch nicht etwa, dass ich gerne gehen möchte ?«
»Du hast die See immer geliebt, Marcus. Natürlich möchtest du gehen.«
Er drehte sie um, sodass sie ihn ansah, zog sie in seine Arme und hielt sie an seine Brust gedrückt. »Es ist einfach unerlässlich, dass wir diesen Transportvertrag wieder bekommen. Ich gehe, weil ich gehen muss. Ich liebe dich, Brianne. Ich werde so schnell wie möglich zurückkommen.«
Brandy nickte nur. Er musste gehen, und doch fühlte sich ihr Herz bleischwer an. Sie spürte sein gestärktes Hemd an ihrer Wange, roch den sauberen männlichen Duft seiner Haut, und einen Augenblick lang drohte ihre sorgsam gehütete Beherrschung verloren zu gehen.
Er ließ sie los, und ein Gefühl der Leere überkam sie. »Ich werde dich vermissen, Marcus«, sagte sie leise und schaute in sein geliebtes Gesicht. »Bitte sei vorsichtig.«
Er beugte sich vor und küsste sie, und Brandy erwiderte den
Kuss, liebte ihn in diesem Augenblick mehr als je zuvor, voller Angst, ihn zu verlieren, da die Anziehungskraft der See groß sein würde.
»Ich komme zurück, sobald ich kann.« Ein letzter harter Kuss, und er war fort, seine Schritte hallten unheimlich, als er den Flur hinunterging und wieder aus ihrem Leben verschwand.
Marcus hatte schon beinah die Kutsche erreicht, bevor das Kribbeln in seinem Hinterkopf ein klingender Hammerschlag der Warnung wurde. Er dachte an die Fahrt, die er vor sich hatte, stellte sich die langen, einsamen Wochen vor, die er auf hoher See verbringen würde. Er dachte an Brianne und daran, wie sehr er sie beim letzten Mal vermisst hatte, wie nah er daran gewesen war, sie zu verlieren.
Er hatte ihr die Wahrheit gesagt, er wollte sie nicht verlassen. Aber das Risiko, sie mitzunehmen, war einfach zu groß.
Manchmal ist Sicherheit nicht das Wichtigste.
Marcus blieb unten vor den Stufen zu seiner Haustür stehen. Sie glaubte doch wohl nicht etwa, dass er endgültig wieder zurückkehrte zur Seefahrt? Dass dies einfach nur der Anfang eines Lebens war, an dem sie nicht mehr teilnahm? Und doch hatte so ein Ausdruck in ihren Augen gelegen, der nach Sehnsucht und Verlust aussah. Er hatte sie gebeten, ihn zu heiraten, hatte ihr versprochen, dass er sie nicht mehr verlassen würde, dass sein Leben auf See vorüber war. Und das war auch so.
Aber in Wahrheit wollte ein Teil von ihm wirklich wieder gehen, wollte das Deck der Seehabicht unter den Füßen spüren - wenigstens für eine Weile.
Marcus holte tief Luft. In gewissem Sinne hatte Brianne Recht. Er liebte die See und würde sie immer lieben, aber seine Frau liebte er wesentlich mehr. Er wollte sie nicht verlieren -egal, aus welchem Grund. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie sein Leben ohne sie gewesen war.
Marcus fühlte ein kaltes Schaudern. Diese Reise konnte gefährlich werden, ganz sicher, aber Brandy war die stärkste, mutigste Frau, die er je gekannt hatte, und wenn er vorsichtig war, würde er einen Weg finden, sie zu beschützen. Wenn er sie jetzt zurückließ, das sah er plötzlich, dann durchtrennte er damit das Band des Vertrauens, das sie erst langsam wieder neu aufzubauen begonnen hatten. Und das war ein noch größeres Risiko - eines, das sie beide zerstören konnte.
Marcus machte auf der untersten Stufe kehrt und ging wieder zurück ins Haus, wobei das Herz in seiner Brust beinah schmerzlich heftig pochte. Er schritt den Flur entlang zu den Zimmern, die er mit Brianne teilte, öffnete die Tür und trat ein.
Sie saß in einem Sessel vor dem Fenster, den Rücken der Tür zugewandt, und starrte hinaus aufs Wasser. Obwohl sie keinerlei Geräusch von sich gab, zuckten ihre Schultern in lautlosem Weinen. Sie drehte sich um, als er hereinkam, sprang von ihrem Sessel auf und wischte sich hastig die Tränen von den Wangen. Marcus’ Herz zog sich heftig zusammen, und er blieb gleich an der Tür stehen.
»Marcus ...?« Ihre Wangen waren noch feucht, ihre goldenen Augen verzweifelt und von Schmerz erfüllt. Ein Schwall von Gefühlen durchströmte ihn, und seine Finger auf dem Knauf seines Stockes zitterten.
»Brianne ... Liebste. Es tut mir Leid.«
»Marcus ... was ist los? Was ist geschehen? Hast du etwas vergessen?«
Es wurde ihm eng in der Kehle. Er wollte sie halten, die Dunkelheit aus ihrem Blick
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