Was die Nacht verheißt
Befehlen gehandelt hat. Und Ihr müsst in meiner Kajüte bleiben. In Zukunft wird vielleicht keiner von euch beiden noch mal denselben Fehler machen.«
Er ging wieder weiter, und obwohl sie innerlich kochte angesichts der Behandlung, die der arme Mr. Dobbs erfuhr, war es offensichtlich, dass sie nichts sagen konnte, um ihn umzustimmen.
Sie ging schweigend neben ihm her über das Deck zu der Tür des Deckaufbaus, der als Kombüse genutzt wurde, doch bis sie sie erreichten, drehte sich ein halbes Dutzend Matrosen nach ihnen um. Die Männer begannen zu flüstern. Sie konnte ihre Blicke auf sich spüren und ihr leises, anzügliches Lachen hören. Marcus’ breite Schultern strafften sich. An der Tür zur Kombüse drehte er sich zu ihr um.
»Vielleicht ist das doch keine gute Idee, vielleicht solltet Ihr doch lieber einfach in meiner Kajüte bleiben.«
»Nein!« Das hätte sie beinah laut geschrien. »Ich - ich meine, bitte, Kapitän Delaine. Ich habe einen Rock und eine Bluse in meinem Bündel. Sobald ich es wiederhabe, kann ich etwas Angemesseneres anziehen.«
Er nickte steif. »Also gut. Vielleicht wird das seinen Zweck erfüllen.«
Sie betraten die Kombüse, die in einem kleinen Aufbau auf dem Hauptdeck untergebracht war. Sie wusste, dass das den Zweck hatte, das Schiff vor der Gefahr eines Feuers zu schützen. Marcus wandte sich dem Koch zu, einem rundlichen kleinen Mann mit einer knubbeligen roten Nase und dicken rosa Ohrläppchen. Brandy fand, dass er ein wenig wie ein Kobold aussah.
»Miss Winters, dies ist Mr. Lamb. Cyrus, Miss Winters wird während dieser Fahrt mit dir arbeiten und gern alles tun, was du ihr aufträgst.«
»Bitte ... nennt mich Brandy«
»Brandy?« Er sprach den Namen etwas herausfordernd aus. Sie hatte das Gefühl, als hätte sie ihn ein paarmal im Wirtshaus gesehen, war sich aber nicht sicher. »Was ist das denn für ein Name für ein Mädel?«
Sie lächelte in ein Gesicht, das warm und freundlich wirkte. »Mein richtiger Name ist Brianne. Offensichtlich war ich als Kind manchmal eine ziemliche Pest, und mein Vater gab mir ab und zu ein Schlückchen Brandy, damit ich besser einschlafen konnte. Wahrscheinlich hat er mir irgendwann geschmeckt, denn schließlich ist mein Name daraus geworden.«
Er hob eine Augenbraue. »Und habt Ihr immer noch ’ne Schwäche für das Teufelszeug?«
Sie grinste. »Ich gebe zu, dass ich den Geschmack immer noch ganz gern habe. Aber ich trinke selten, höchstens mal ein Gläschen Sherry, und ich kann Euch versichern, Mr. Lamb, dass ich keine Trinkerin bin.«
Er lachte mit einem glucksenden, fröhlichen Rollen in der Stimme. »Na gut. Wir werden sicher ganz gut miteinander auskommen.«
Marcus ging zur Tür. »Nachdem wir das Thema von Miss Winters’ Trinkgewohnheiten auch besprochen haben, werde ich euch jetzt der Arbeit überlassen.«
»Aye, Käpt’n.« Der stämmige Mann blinzelte ihr zu und grinste. »Heute Abend gibt es weiße Bohnen mit Schinken. Das mögen alle gern. Vielleicht kann uns Miss Brandy etwas Brot dazu backen.«
»Ich glaube, das kann ich tun.« Sie lächelte, und der Mann erwiderte das Lächeln. Als sie zur Tür schaute, fiel ihr auf, dass Marcus sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck betrachtete.
Doch dann runzelte er wieder die Stirn. »Ich erwarte, dass du sie sicher wieder zurück in meine Kajüte bringst, wenn ihr fertig seid.«
Cyrus Lambs Mund wurde etwas schmal. »Das werd ich tun, Käpt’n, keine Sorge. Ich bring Euch das Mädel heil und sicher zurück.«
Keiner der Männer sagte mehr etwas, und Brandy auch nicht. Aber sie fragte sich doch, was diese letzten Bemerkungen wohl zu bedeuten hatten.
Wie Marcus schon erwartet hatte, sprach sich die Neuigkeit rasend schnell im Schiff herum. Eine Frau war als blinder Passagier entdeckt worden, und jetzt schlief sie in der Kajüte des Kapitäns. Obwohl er nie eine Frau an Bord gebracht hatte und immer diskret gewesen war bei seinen Affären, schien keiner der Männer überrascht, dass er das Mädchen unter seine Fittiche genommen hatte.
Und sie gingen - Mann für Mann - davon aus, dass er als Belohnung für seinen Schutz ihre ganz spezielle Aufmerksamkeit bekam.
Er grummelte eine Bemerkung, von der er hoffte, dass niemand sie hören würde. Er würde sie glauben lassen, was sie wollten. Das würde helfen, sie in Sicherheit zu wissen, obwohl es in Wahrheit keine Möglichkeit gab, sie wirklich abzusichern, als sie in seiner Kajüte einzuschließen. Die Seehabicht war nur
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