Was die Nacht verheißt
auf den seinen, und jetzt wirkte er wie Stahl. »Das könnt Ihr tun, wenn Ihr wollt. Was mich betrifft, habe ich nicht den leisesten Wunsch, so zu tun, als wenn nichts geschehen wäre. Ich werde mich sogar gern daran erinnern.«
Mit straffen Schultern machte sie kehrt und ging aus dem Raum, betrat ihre kleine Kajüte und ließ den Vorhang hinter sich zufallen. Marcus atmete müde tief durch. Er war nicht fair zu ihr gewesen. Was auf Deck geschehen war, war nicht ihre Schuld, sondern seine. Er hatte sie so heftig begehrt, dass er einfach die Kontrolle verloren hatte. In Zukunft würde er vorsichtiger sein müssen.
Er dachte an den verlangenden Blick in Brandys goldenen Augen zurück, als er den Kuss abgebrochen hatte. Und so wahr ihm Gott helfen möge, es würde nicht leicht werden.
Brandy lag unter der Decke auf ihrer schmalen Koje und starrte hinauf zur schweren Balkendecke. Obwohl die Stunden sehr langsam vergingen, konnte sie Marcus nebenan herumgehen hören - er wanderte auf und ab, anstatt zu schlafen.
Sie war sich nicht sicher, warum. Vielleicht hatte ihn ihre Begegnung ebenso heiß und beunruhigt zurückgelassen wie sie, unruhig in einer Weise, die sie sich nie hätte vorstellen kön-nen. Sie versuchte, nicht daran zu denken, zu vergessen, wie es sich anfühlte, wenn sich seine dunkle Hand um ihre Brust legte, welche Hitzewelle sie überspülte, sodass ihr beinah schwindlig wurde, als seine Finger ihre Brustwarze gestreift hatten. Mein Gott, es war sündig, was sie ihm zu tun erlaubt hatte. Ihr Vater würde sagen, dass sie eine Schlampe wäre, eine Hure, genau wie ihre Mutter.
Vielleicht war sie das. Brandy wusste nur, dass sie gewollt hatte, dass Marcus sie berührte, dass sein Kuss ewig dauerte, dass sie seine Hände auf ihrem Körper spürte. Sie hatte ihn auch berühren wollen, hätte gern die harten Muskeln unter seinem Hemd gefühlt und genau die Form jeder Erhebung kennen gelernt. Marcus wollte so tun, als wenn nichts geschehen wäre. Brandy wollte sich daran erinnern.
Sie starrte hinauf zu den Brettern über ihrem Kopf und sah eine kleine Spinne, die aus einer Ritze im Holz kroch. Sie beobachtete ihren holprigen Weg, doch ihre Gedanken blieben bei Marcus und seiner Leidenschaft für die See, als wäre sie seine Geliebte, seine einzige wahre Liebe.
Die See war sein Leben, und Brandy konnte nie Teil davon sein. Das hatte sie von Anfang an gewusst, und verstand es auch irgendwie. Marcus liebte sie nicht, würde sie nie lieben, und doch begehrte er sie. Heute Abend hatte sie entdeckt, wie sehr.
Brandy kannte das Begehren kaum, doch das war es offensichtlich, was sie für Marcus Delaine empfand. Sie wollte, dass er der Mann sein sollte, der sie ganz zur Frau machte. Ob sie verheiratet waren, schien ihr unwichtig. Sie wollte keine Ehe. Sie wollte die Welt sehen, reisen, das Leben erfahren wie noch nie zuvor.
Und sie wollte die Leidenschaft kennen lernen. Marcus konnte ihr diese Leidenschaft zeigen, wenn er nur wollte.
Sie seufzte im Dunkeln, und schließlich überwältigte die Müdigkeit ihre heftigen Gefühle. Was sollte sie tun? Die Frage wanderte noch undeutlich durch ihre Gedanken, während sie langsam in Schlaf sank. Als sie ein paar Stunden später wieder erwachte, wusste sie immer noch keine Antwort.
Hamish Bass stand an der Reling neben Brandy Winters. Die meisten Männer hatten das Krankenlager verlassen und waren wieder an die Arbeit gegangen - zu einem guten Teil dank ihrer Hilfe -, und der Kapitän bestand wieder darauf, dass jemand bei ihr war, wann immer sie auf Deck ging.
Hamish sog an seiner Pfeife und sah zu, wie sie aufgeregt hinüberschaute zu der Insel, der sich das Schiff näherte. Sie war ein hübsches Mädel, das stand fest, mit weicher Stimme und lieben Augen, mit einem vollen kleinen Körper, der jedem Mann den Kopf hätte verdrehen können. Dem Kapitän hatte sie ihn sicher verdreht.
Hamish kannte Marcus Delaine, seit er mit seinem ersten Schiff in den Hafen von Boston eingelaufen war. Der Kapitän hatte immer genug Aufmerksamkeit von Frauen erhalten, aber Hamish hatte ihn nie so verliebt gesehen, und das, obwohl diese hier kaum mehr als ein kleines Mädchen war.
Nicht, dass sein Interesse besonders offensichtlich gewesen wäre. Marcus war ein Mann, der seine Empfindungen wenig zur Schau trug, wie es jeder Kapitän tun sollte. Niemandem außer Hamish waren jene langen, hitzigen Blicke unter gesenkten Lidern aufgefallen, der hungrige Blick in den dunklen Augen seines
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